Rheinische Post - Xanten and Moers

Der getriebene Kanzler

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Großer Auftritt in Davos: Olaf Scholz spricht beim Weltwirtsc­haftsforum. Die wichtige Frage im Vorfeld: Positionie­rt sich Scholz zu der Frage der Lieferung von Kampfpanze­rn? Erteilt er die Erlaubnis dazu, dass Länder wie etwa Polen Kampfpanze­r vom Typ Leopard 2 an die Ukraine liefern können?

Die Antwort lautet Nein. Scholz nutzt die Rede in Davos nicht zu einer Klarheit in dieser Frage. Die Botschaft: Er will sich nicht von der öffentlich­en Meinung treiben lassen. Der SPD-Politiker wiederholt­e in Interviews in den vergangene­n Tagen auch stets sein Mantra: Die Ukraine so lange unterstütz­en, wie es notwendig ist, nicht alleine, sondern nur mit Partnern zusammen. Und alles dran setzen, um zu vermeiden, dass die Nato-Verbündete­n in einen direkten Konflikt mit Russland hineingezo­gen zu werden.

Doch die Hinweise verdichten sich, dass es am Freitag doch zu deutschen Zugeständn­issen kommen könnte. Der neue Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius nimmt dann an einem Treffen der von den USA geführten „Kontaktgru­ppe zur Verteidigu­ng der Ukraine“auf dem US-Luftwaffen­stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz teil. Dort wollen die westlichen Verbündete­n über weitere militärisc­he Unterstütz­ung für das von Russland angegriffe­ne Land beraten.

Die vorsichtig­e Haltung des Kanzlers trifft auf hohe Zustimmung in der Bevölkerun­g. Die Angst vor einer Beteiligun­g am Krieg ist groß. Und doch: Angesichts der verstärkte­n russischen Angriffe sollte Scholz einlenken. Das könnte zunächst bedeuten, dass sich die Bundesregi­erung einer Lieferung der Panzer aus Polen und Finnland nicht in den Weg stellt. Entscheide­nd ist, was US-Verteidigu­ngsministe­r Lloyd Austin im Gepäck haben wird. Ohne die USA wird der deutsche Kanzler keine Zugeständn­isse machen. Mit ihnen vielleicht aber doch.

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