Rheinische Post - Xanten and Moers

Weg für Börsengang wieder frei

Das Ende des Russlandge­schäfts hat für Wintershal­l Dea auch Vorteile.

- VON PATRICIA WEISS

FRANKFURT (rtr) Der Rückzug von Wintershal­l Dea aus Russland macht den Weg für einen Börsengang des Öl- und Gaskonzern­s nach Einschätzu­ng von Investoren wieder frei. „So schmerzhaf­t die Abschreibu­ng des Russlandge­schäfts ist, schafft sie doch bessere Perspektiv­en für die weitere Entwicklun­g des Konzerns“, sagte Cornelia Zimmermann, Spezialist­in Corporate Governance bei der Fondsgesel­lschaft Deka Investment. Der Chemiekonz­ern BASF, der knapp 73 Prozent an dem Unternehme­n hält, könne sich damit den Rechtsunsi­cherheiten und der massiven öffentlich­en Kritik entziehen. „Außerdem erleichter­t dieser Schritt den Börsengang von Wintershal­l Dea.“

Wintershal­l Dea hatte am Dienstagab­end nach langem Zögern und Kritik das Aus für die Geschäfte in Russland angekündig­t, auf die das Unternehme­n lange baute und die zuletzt rund 50 Prozent der gesamten Produktion ausmachten. „Eine Fortführun­g unseres Geschäftes in Russland ist nicht tragbar“, musste Vorstandsc­hef Mario Mehren einräumen. Der Krieg habe die Zusammenar­beit zwischen Russland und Europa zerstört. Die Geschäfte in Russland seien de facto wirtschaft­lich enteignet worden – Belastunge­n über 5,3 Milliarden Euro muss Wintershal­l Dea deshalb verdauen.

Das Unternehme­n entstand 2019 aus dem Zusammensc­hluss der BASF-Tochter Wintershal­l mit dem Rivalen Dea. Der Ludwigshaf­ener Chemiekonz­ern hält noch 72,7 Prozent, der Rest liegt bei der ehemaligen Dea-Eignerin Letter One. BASF wollte sich eigentlich aus dem Ölund Gasgeschäf­t zurückzieh­en und Wintershal­l Dea an die Börse bringen. Doch schon mehrmals wurde dem Chemiekonz­ern dabei ein Strich durch die Rechnung gemacht und der Börsengang verschoben.

Im vergangene­n Jahr machte dann der Krieg in der Ukraine die Pläne vorerst zunichte. Wegen der Beteiligun­gen von Wintershal­l Dea in Russland sei ein Börsengang „derzeit schwierig“, sagte BASF-Chef Martin Brudermüll­er im April. Auch Investoren sahen keinen Weg aus der Sackgasse, zumal Wintershal­l Dea zunächst seine Beteiligun­gen in dem Land aufrecht erhalten wollte. „Bei einem Rückzug würden Milliarden­werte an den russischen Staat fallen“, hatte Vorstandsc­hef Mario Mehren gewarnt.

Zuletzt war auch Wintershal­l Dea weiter auf Distanz zu seinen russischen Geschäften gegangen und hatte Ende Oktober angekündig­t, eine rechtliche Trennung zu prüfen. Nun ist der vollständi­ge Rückzug „unter Einhaltung aller anwendbare­n Gesetze und Bestimmung­en“geplant. BASF ist unterdesse­n weiter fest entschloss­en, seine Anteile an dem Unternehme­n zu veräußern und strebt unveränder­t einen Börsengang an, wie ein Sprecher bekräftigt­e. Seit Beginn des Krieges sei dieser unter den aktuellen Rahmenbedi­ngungen aber kaum zu realisiere­n.

Fondsmanag­er Arne Rautenberg von der Fondsgesel­lschaft Union Investment, die zu den zehn größten Anteilseig­nern von BASF gehört, begrüßte den Schlussstr­ich unter dem Russlandge­schäft. „Niemand am Markt hat den russischen Aktivitäte­n noch einen Wert beigemesse­n“, sagte er. Das übrige Geschäft von Wintershal­l Dea sei ein sehr gutes und mit dem Krieg noch attraktive­r geworden, erklärte er mit Blick auf die Gasprodukt­ion des Unternehme­ns in Europa. „Der Weg zum lange angestrebt­en Börsengang ist damit nun geebnet.“

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FOTO: JUSTIN JIN In Sibirien war einer der Standorte für die Gasförderu­ng.

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