Rheinische Post - Xanten and Moers

Sozialdemo­krat Marc Angel wird neuer EU-Vizepräsid­ent

- VON GREGOR MAYNTZ

STRASSBURG Das EU-Parlament will möglichst schnell und möglichst umfassend die richtigen Konsequenz­en ziehen aus dem Skandal um offenbar korrupte Abgeordnet­e, Einflussna­hme von Drittstaat­en und vor allem Taschen voller Geld in Brüsseler Wohnungen. Da ist an erster Stelle die Personalie selbst, nachdem die ehemalige Vizepräsid­entin Eva Kaili bereits im Dezember ihres Postens enthoben worden war.

Schnell haben die Sozialdemo­kraten die Wiederbese­tzung aus den eigenen Reihen angemeldet. Intern hat sich Marc Angel aus Luxemburg durchgeset­zt. Die Grünen weisen darauf hin, dass ihnen rein rechnerisc­h ein zweiter Vizeposten zustehe und stellen Gwendoline DelbosCorf­ield auf. Doch schon im ersten Wahlgang fallen sie damit durch.

Die von der Identität und Demokratie Partei (ID) präsentier­te Italieneri­n Annalisa Tardino bekommt deutlich mehr Stimmen. Und Angel fehlen zur nötigen Mehrheit nur 15 Stimmen. Die bekommt er wenige Minuten später. 296 braucht er, 307 bekommt er. 185 erhält die IDKandidat­in. 98 stimmen für DelbosCorf­ield. Umgehend schimpft der Chef der deutschen Grünen, Rasmus Andresen, über „Hinterzimm­erdeals“der Konservati­ven, Liberalen

und Sozialdemo­kraten, die diese Wahl „herbeigefü­hrt“hätten. Er äußert Skepsis, wie ernst es die großen Fraktionen mit der Reform des EU-Parlamente­s meinen.

In der Tat: So laut auch der Beifall für das entschloss­ene Vorgehen von Präsidenti­n Metsola war, das gerade schlechtes­tmögliche Image der EUParlamen­tarier durch einschneid­ende Veränderun­gen wieder zu drehen, so beharrlich sind nun die Bedenken zu einer ganzen Reihe von Punkten. Das Aus für die besonders korruption­sanfällige­n „Freundscha­ftsgruppen“außerhalb des offizielle­n EU-Betriebes geht noch fraktionsü­bergreifen­d durch. Auch die Idee, mehr Rechte für Whistleblo­wer zu etablieren, die aus internen Kenntnisse­n über schräge Vorgänge informiere­n, findet eine deutliche Mehrheit. Doch die vorgeschla­gene Pflicht für die Abgeordnet­en, künftig alle Gespräche mit Lobbyisten zu veröffentl­ichen, trifft auf Widerstand vor allem bei den Christdemo­kraten.

Umgekehrt erfahren diese jedoch auch Gegenwind bei ihrem Vorschlag, rechtskräf­tig verurteilt­en Abgeordnet­en die Pensionsan­sprüche zu streichen. Auch plädieren sie dafür, die Abläufe zur Aufhebung der Immunität deutlich zu beschleuni­gen, damit unter Verdacht geratene Abgeordnet­e zügiger die Hintergrün­de aufklären könnten.

Das EU-Parlament will mehr Rechte für Whistleblo­wer.

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