Rheinische Post - Xanten and Moers

Neue Heimat für den FC Niederrhei­n Soccer

Der Ausbildung­sverein nutzt nu die Anlage von TuRa 88 Duisburg. Im Fußball-Kreis Moers wird das Konzept weiter kritisch beäugt.

- VON NICK DEUTZ FOTOS: VEREIN

MOERS Seinen allergrößt­en Wunsch muss Hrvoje Vlaovic erst einmal wieder zurückstel­len. Der Vorsitzend­e des FC Niederrhei­n Soccer träumt schon seit der Gründung des Vereins im Jahr 2019 von einer eigenen Platzanlag­e. „Wir wollen unseren Weg eben am liebsten allein gehen“, sagt Vlaovic.

Die Realität sieht jedoch anders aus. Bislang kam der Klub auf der Anlage des VfL Repelen unter. Der Vertrag wurde allerdings vom VfL zum 31. Dezember 2022 gekündigt. Künftig muss der FC Niederrhei­n Soccer also woanders spielen sowie trainieren – und hat dafür eine Lösung gefunden. „Wir haben uns mit

„Wenn wir ein Spiel gewinnen, werden wir immer gleich als arrogant bezeichnet“Hrovje Vlaovic Vereinsgrü­nder

TuRa 88 Duisburg darauf geeinigt, dass wir dort in den nächsten zweieinhal­b Jahren spielen dürfen“, berichtet Vlaovic und spricht von einer „Übergangsl­ösung“. Auch mit dem TV Asberg habe man Gespräche geführt. Trotz des Umzuges nach Duisburg bleibt der Verein aber weiterhin Mitglied im Fußball-Kreis Moers.

Die Talente des FCN trainieren mindestens drei- bis viermal pro Woche, sind unter anderem mit GPS-Trackern ausgerüste­t und nehmen nicht nur am offizielle­n Spielbetri­eb, sondern auch an nationalen und internatio­nalen Turnieren teil. Solch ein Aufwand ist für Amateurkic­ker eher unüblich, das Konzept von Vlaovic, der in der Jugend beim 1. FC Köln spielte und unter anderem auch für die Kickers Offenbach, den MSV Duisburg II oder die SpVgg Bayreuth auflief, wird in der Vereinslan­dschaft deshalb auch immer noch kritisch beäugt.

Das bekommt auch Hans Sommerfeld, Vorsitzend­er im Moerser Kreis-Jugendauss­chuss, mit: „Sie nehmen vielen kleinen Vereinen ihre besten Leute weg. Das sorgt natürlich automatisc­h für Ärger.“Viel Empörung gebe es aber auch, weil der Monatsbeit­rag beim FC Niederrhei­n Soccer mit 119 Euro vergleichs­weise hoch ist. In anderen Sportverei­nen ist selbst der Jahresbeit­rag geringer. „Bei der Beitragshö­he konnte ich mir lange gar nicht vorstellen, dass das überhaupt funktionie­ren kann“, gibt Sommerfeld zu.

Hrvoje Vlaovic und sein Team mussten sich wegen dieser Summe schon einige Sprüche anhören: „Wenn wir ein Spiel gewinnen, werden wir immer gleich als arrogant bezeichnet und wenn wir verlieren, wird hämisch gefragt: Und dafür zahlt man 119 Euro?“, berichtet der ehemalige Mittelstür­mer. Dadurch sei eine gewisse Rivalität zwischen dem FC Niederrhei­n Soccer und anderen Klubs im Kreis Moers entstanden, die sich der 42-Jährige so in keiner Weise wünscht: „Die Leute haben das Konzept nicht verstanden. Wir wollen nicht die Allerbeste­n sein, die mit einer super Strategie glänzen, wir haben einfach eine andere Herangehen­sweise als andere Vereine.“

In seinem Konzept gehe es vor allem darum, dass die Kreativitä­t und die freie Entscheidu­ngsfindung eines Spielers auf dem Platz einen deutlich größeren Stellenwer­t einnehmen als Tugenden wie Organisati­on und taktische Disziplin. „Denn wenn ein Spieler Druck verspürt, weil draußen an der Seitenlini­e einer steht, der nach jedem Fehler lautstark fordert, dass man den Ball früher hätte abspielen sollen, dann spielt der Spieler irgendwann nur noch den Ball ab.“Das wüsste er auch aus eigener Erfahrung. „Ich habe als Spieler zum Beispiel auch immer gerne gedribbelt. In der Jugend wollte man mir das aber schnell abgewöhnen, weil das schon damals verpönt war. Und nun wundert man sich, warum wir in Deutschlan­d keine richtigen Dribbler mehr haben“, sagt der 42-Jährige, der in Siegen geboren und in Kroatien (damals Jugoslawie­n) aufgewachs­en ist.

Dass die Nachwuchsa­rbeit bei den Fußballern des FC Niederrhei­n Soccer auch Früchte trägt, wurde zuletzt immer häufiger deutlich. Luka Vlaovic, Sohn des Vereinsgrü­nders, durfte für die kroatische U13Auswahl auflaufen. Aktuell spielen über 30 Kinder in den verschiede­nen Kreis-Auswahlen. Insgesamt wechselten sieben Talente bereits in die Nachwuchsl­eistungsze­ntren von Profiverei­nen. So schaffte beispielsw­eise

Nils Peters gerade erst den Sprung in die U13 von Borussia Mönchengla­dbach. „Das Interesse ist groß, und die Bundesliga­Vereine schicken regelmäßig Scouts zu unseren Spielen“, weiß Vlaovic. Auch Kooperatio­nsanfragen von größeren Vereinen hätte es schon gegeben. „Wir wollen uns aber nicht kooperativ an einen Verein binden, sondern unseren Kids mehrere Optionen offen lassen.“

Diesen Erfolg bei der Talentausb­ildung erkennt auch Sommerfeld an. „Erfolg hat der Verein, so viel steht fest. Auch wenn ich am Anfang skeptisch war, sieht man nun, dass der Klub immer weiter wächst und immer mehr Jugendteam­s entstanden sind. Das allein zeigt natürlich schon, dass das Konzept auch angenommen wird“, sagt der KreisJugen­dvorsitzen­de. Er ist sich allerdings nicht sicher, ob auch alle Eltern den Umzug nach Duisburg mitmachen werden. „Das ist natürlich nochmals ein größerer Aufwand mit der Fahrerei. Ich bin mal gespannt, wie sich das nun alles entwickelt“, so Sommerfeld.

 ?? ?? Bislang spielten und trainierte­n die Jugendkick­er des FC Niederrhei­n Soccer (hellblau) auf der Platzanlag­e des VfL Repelen. Das ändert sich nun.
Bislang spielten und trainierte­n die Jugendkick­er des FC Niederrhei­n Soccer (hellblau) auf der Platzanlag­e des VfL Repelen. Das ändert sich nun.
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Ex-Profi Hrvoje Vlaovic hat den FCN im Jahr 2019 gegründet.

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