Rheinische Post - Xanten and Moers
„Mieten werden um zehn Prozent steigen“
Der Präsident von Haus und Grund NRW über Energiekosten, Grundsteuer und den Mangel an Wohnraum.
Am Monatsende läuft die Frist für die Grundsteuerwerterklärung aus. Viele haben die Erklärung noch nicht abgegeben. Muss die Frist noch mal verlängert werden? STALLMANN Bis Ende Januar werden mit Sicherheit nicht alle Erklärungen bei den Finanzämtern vorliegen. Und deshalb muss die Frist noch mal verlängert werden.
Die Erfahrung lehrt, dass viele auf den letzten Drücker kommen. So argumentieren auch die Behörden. Das hat aber beim letzten Mal auch nicht funktioniert. Wie weit muss die Frist verlängert werden? STALLMANN Schwer zu sagen. Die Finanzämter sind ja schon jetzt völlig überlastet, dazu kommen die Einkommensteuererklärungen. Und viele haben ja auch gegen die Grundsteuererklärung schon Einspruch eingelegt, das muss ja auch alles bearbeitet werden.
Manche haben schon eine Rückmeldung vom Finanzamt bekommen, nachdem sie die Erklärung frühzeitig abgegeben haben. Da gibt es auch Stimmen, die sagen: Die Mieten, die da nach dem Bewertungsgesetz angesetzt worden sind, haben mit der Realität nichts zu tun. Die sind viel zu hoch. Da muss man zumindest im Umfeld von Düsseldorf oder Köln deutlich mehr bezahlen als vorher. STALLMANN Das wird so sein. Auch im Ruhrgebiet liegen die Ansätze teilweise zwei Euro pro Quadratmeter über den tatsächlichen Mieten. Das kann nicht sein.
Der Bund der Steuerzahler hat den Eigentümern geraten, Einspruch einzulegen. Was halten Sie davon? STALLMANN Ich würde das tun. Man weiß ja nie, wie das mal später gehandhabt wird. Am Ende werden bei Entscheidungen gegen die Grundsteuer nur die berücksichtigt, die Einspruch eingelegt haben.
Die Einspruchsfrist läuft irgendwann ab. Glauben Sie, dass so viele Leute noch auf dem Schirm haben, dass sie dann Einspruch einlegen können oder müssen, wenn sie etwas erreichen wollen? Und: Wenn das tatsächlich über diesen Rechtsweg geht, bedeutet das unter Umständen jahrelange Rechtsunsicherheit für alle.
STALLMANN Das könnte passieren. Ich gehe mal davon aus, dass auch Haus und Grund klagen wird. Damit ist zwar die Einführung 2025 noch nicht infrage gestellt. Aber was dann an Steuerforderungen durch die Kommunen rauskommt, wird dann wieder überprüft und weitere Prozesse nach sich ziehen. Die Diskussion ist noch lange nicht vorbei.
Thema Miete: Viele Mieter fürchten sich vor der nächsten Nebenkostenabrechnung. Zu Recht?
STALLMANN Die Abrechnung für 2022 wird nicht so schlimm, wie viele glauben. Da geht es nur um die letzten drei Monate, wo es also einen höheren Bedarf für Gas und Strom gab. Das wird 2023 anders aussehen.
Aber der Krieg in der Ukraine hat doch schon Ende Februar begonnen. In der Folge sind die Gaspreise gestiegen, viele Eigentümer mussten danach schon höhere Gaspreise zahlen. Ein Großteil dessen, was nach Kriegsbeginn an Preissteigerungen da war, fließt doch schon in die Abrechnung für 2022 ein. STALLMANN Das hängt am Versorger. Ich glaube, die meisten haben erst im Herbst die Preise erhöht.
Trotzdem kriegen manche Zahlungsprobleme.
STALLMANN Die Vermieter sind natürlich auch bereit, Abschlagszahlungen zu verändern. Viele Mieter zahlen auch lieber vorher mehr, damit sie die hohe Nebenkostenrechnung vermeiden können.
Gibt es bei Eigentümern schon Stundungswünsche?
STALLMANN Soweit ich weiß, nur in wenigen Fällen.
Bundesweit fehlen 700.000 Wohnungen. Die Wohnungswirtschaft hat Milliardenbeträge eingefordert an staatlicher Unterstützung.
Welchen Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot können oder könnten denn private Wohnungseigentümer und Bauherren leisten? STALLMANN Der Bund will 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr bauen, aber das ist unrealistisch. Das liegt nicht an fehlendem Geld, sondern an fehlenden Handwerkern und zu wenig Material. Am Ende haben wir eigentlich auch nicht zu wenig Wohnungen. Im Ruhrgebiet beispielsweise steht vieles leer.
Das hilft aber denen in Düsseldorf oder Köln nicht. Was muss die Politik denn tun?
STALLMANN Es muss höhere Zuschüsse geben für die, die weniger haben oder weniger verdienen. Wenn Unternehmen bauen, wollen die auch Rendite. Da müssen die Mieten steigen, und dann muss der Staat stärker subventionieren.
Braucht es auch mehr Wohnbauförderung für private Bauherren? STALLMANN Da soll ja wieder stärker gefördert werden, und es soll für Familien eine stärkere steuerliche Entlastung geben. Eine zusätzliche Förderung des Wohnungsbaus durch private Bauherren wäre gut, müsste sich aber auch auf den Bau von Mehrfamilienhäusern beziehen.
Wie viel Geld müsste die öffentliche Hand aufwenden, um die Probleme auf dem Wohnungsmarkt zu lösen?
STALLMANN 50 Milliarden Euro, würde ich sagen. Und für NRW würde ich mir dann auch zehn Milliarden Euro wünschen.
Welche Empfehlungen geben Sie Leuten, die jetzt Wohnungen bauen wollen – machen oder abwarten? STALLMANN Ich rate jedem, der kann, Wohneigentum zu erwerben.
Aber wenn ich beispielsweise einen Kredit von 300.000 Euro brauche und dann fünf statt früher ein Prozent Zinsen zahlen soll, sind das allein 1000 Euro Zinsbelastung mehr im Monat als früher. Das können viele nicht stemmen.
STALLMANN Wie gesagt, ich rate das denen, die es können. Was ich aber auch sagen muss: Ich habe vor 50 Jahren gebaut und acht Prozent Zinsen gezahlt. Das tut weh, und man muss, wenn man das will, andere Bedürfnisse zurückstellen.
Wie entwickeln sich die Mieten in den nächsten zwei bis drei Jahren? STALLMANN In den Ballungsräumen bestimmt noch mal um zehn Prozent bei der Nettokaltmiete.