Rheinische Post - Xanten and Moers
Offenheit für Vielfalt stiftet Einheit
Heute endet die „Woche zur Einheit der Christen“. Wie schwierig „einheitlich“ist zeigt ein kleines Beispiel: ein Kollege vertrat mich und gestaltete die Messe nur mit „neuer geistlicher Musik“, worüber jemand sich massiv beschwerte. Ich gab zu Bedenken, dass Geschmäcker verschieden sind und dass es ebenso positive Rückmeldungen gegeben hatte. Mit dem Kommentar „das war keine Musik und zu laut“wurde jedoch alles abgetan.
Eine mehr als problematische Grundhaltung: die eigene Musikvorliebe wird als für alle maßgebend verstanden, was nicht einheitliche Musik, sondern Gleichschaltung bedeutet. Auch wenn Lieder nicht dem eigenen Geschmack oder Verständnis entsprechen – andere sprechen sie an und geben ihnen gute Glaubensimpulse. „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt“sagte einmal Joseph Alois Ratzinger. Nicht Toleranz, sondern Akzeptanz ist gefragt: Es darf und muss Unterschiedliches geben! Einheit bedeutet friedvolles Miteinander in einem offenen und respektvollen Dialog. Nicht auf das schauen, was trennt, sondern auf das, was verbindet. Das ist heute notwendiger denn je, in den Kirchen wie in der Gesamtgesellschaft.
Wer ein Miteinander im Kleinen schafft, der schafft es auch im Großen und stiftet Einheit. Wer aber pauschale Abwertungen wie „das ist keine Musik“oder „alles falsch“zur Untermauerung der eigenen Sichtweise unchristlich bemüht, begeht verbale Brandstiftung und schafft Spaltung.
Ein Beispiel für Offenheit für Vielfalt bereits im Kleinen gab es vergangenen Sonntag nach der Abendmusik in Rheinberg, in der auch ein Boogie auf der Orgel erklang. Eine ältere Dame und Klassikliebhaberin kam zu mir – nicht mit der Beschwerde, dass es zu laut gewesen sei, sondern mit der Bitte, ich solle unbedingt öfter auch mal Jazz im Gottesdienst spielen. Einheit schaffende Offenheit für Vielfalt ist nicht eine Frage des Alters, sondern der Grundeinstellung.