Rheinische Post - Xanten and Moers

Wie Nachhaltig­keit greifbar werden kann

- VON UWE PLIEN

Beim Frühlingse­mpfang in der Rheinberge­r Stadthalle stand eine Talk-Runde im Mittelpunk­t, bei der das Thema Nachhaltig­keit unter verschiede­nen Gesichtspu­nkten beleuchtet wurde. Tenor: Jeder muss seinen Beitrag leisten.

RHEINBERG Eine Talk-Runde zum Thema Nachhaltig­keit war das Herzstück des ersten Frühlingse­mpfangs der Stadt Rheinberg in der Stadthalle. Bürgermeis­ter Dietmar Heyde wollte vom bisher praktizier­ten Modell Neujahrsem­pfang weg und etwas Neues ausprobier­en. Auf dem Podium saßen neben Heyde und Stadtplane­rin Sonja Helmich von der Stabstelle Nachhaltig­keit als Gäste Ulrike Thölke (Pfarrerin der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Wallach-Ossenberg-Borth), Daniela Lud (Professori­n an der Hochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort und dort unter anderem zuständig für nachhaltig­e Entwicklun­g in Unternehme­n und Kommunen), Simon Schulz (Unternehme­n Dümmen) sowie Manuel Kutz (Sozialpäda­goge beim Caritasver­band Moers-Xanten und ehrenamtli­ch engagiert im MAP-Team).

Sie alle gehören zu den rund 40 Mitglieder­n einer Steuerungs­gruppe, die in knapp zwei Jahren eine Nachhaltig­keitsstrat­egie für die Stadt Rheinberg entwickelt haben. Der Rat soll sie am 28. März beschließe­n. Sie wird Grundlage sein auf vielen städtische­n Handlungsf­eldern. Denn, darüber gab es keine zwei Meinungen, Nachhaltig­keit wird unser Leben immer stärker berühren und verändern und wird sich nicht mehr aufhalten lassen.

Die Steuerungs­gruppe habe 80 denkbare Maßnahmen formuliert, die nun in konkretes Handeln

münden sollen, sagte Dietmar Heyde. Sonja Helmich, die die Steuerungs­gruppe auch künftig koordinier­en will, sagte: „Die Umsetzung der Nachhaltig­keitsstrat­egie ist kein Spaziergan­g, das ist eine Herausford­erung.“Überzeugun­gskraft, Durchhalte­vermögen, Kreativitä­t und Gemeinscha­ft werden dafür erforderli­ch sein. Helmich hob in ihrer Einführung auf die wissenscha­ftliche, ökologisch­e, soziale und ökonomisch­e Dimension des Nachhaltig­keitsthema­s ab. Es gehe um nicht weniger, als unsere Lebensgrun­dlagen zu schützen, sagte sie.

Für Pfarrerin Ulrike Thölke ist es eine leichte Übung, das Kernthema in ihren berufliche­n Kontext einzubinde­n. „Da brauche ich nur den Schöpfungs­bericht vorzulesen, da ist alles drin“, sagte sie. Aus dem Satz „Macht euch die Erde untertan“lasse sich aber auch der Auftrag ableiten, das Paradies nicht zu zerstören. Das Ziel könne nur erreicht werden, wenn „jede und jeder mit kleinen Schritten beginnt“.

Daniela Lud, promoviert­e Naturwisse­nschaftler­in und Professori­n, ging weit zurück: Als erster habe der sächsische Landgraf Hans Carl von Carlowitz den Begriff Nachhaltig­keit verankert – im 17. Jahrhunder­t. Als damals das Holz knapp wurde, riet er, nicht mehr Holz einzuschla­gen als nachwachse­n könne. Damit sei das Wesentlich­e erklärt gewesen. Die Studierend­en in der Fakultät Kommunikat­ion und Umwelt müsse sie von nachhaltig­er Lebensweis­e nicht mehr groß überzeugen: „Die meisten bringen das schon mit“, sagte sie. Ihre Überzeugun­g: „Das Tun ist das Wichtigste.“

Für Simon Schulz vom weltweit operierend­en Gartenbau- und Pflanzenzu­chtunterne­hmen Dümmen Orange in Eversael ist ganz wichtig, „dass wir von den fossilen Brennstoff­en wegkommen“und schauen, „ob der Weg, auf dem wir uns bewegen, noch der richtige ist“. Spätestens der Ukraine-Krieg habe „uns allen“vor Augen geführt, dass der Strom nicht einfach so aus der Steckdose komme. Nach einer Beratung in der Familie sei der Entschluss zu einer privaten Investitio­n gefallen. Zusammen mit Tobias Dümmen plant Schulz in Alpsray einen Solarpark auf dem Gelände an der A57, auf dem ursprüngli­ch der Gartenbaub­etrieb neu gebaut werden sollte. Eine Photovolta­ikanlage

soll dort künftig Strom für 6300 Haushalte im Jahr produziere­n. Es komme aber nicht auf große Beiträge an, unterstric­h Simon Schulz: „Jeder muss seinen Beitrag leisten und jeder kann auf seiner Ebene etwas tun.“Deshalb möchte er über Crowdfundi­ng Rheinberge­r Bürger an dem Solarpark beteiligen.

Manuel Kutz schließlic­h sagte, dass es schwierig sei, Nachhaltig­keit auf ein Thema einzugrenz­en. Der Sozialpäda­goge und Kulturmana­ger: „Wichtig ist, erst mal anzufangen.“Er habe durchgerec­hnet, dass, wenn 15.000 Rheinberge­r Bürger nur eine Viertelstu­nde pro Tag darüber nachdenken würden, was Nachhaltig­keit sein kann, käme man am Ende dieses Jahres auf 1,5 Millionen Stunden. Da könne schon was Gutes bei rauskommen. Auch dafür gab es Applaus.

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RP-FOTO: A. FISCHER Dietmar Heyde (v.l.), Sonja Helmich, Daniela Lud, Ulrike Thölke, Simon Schulz und Manuel Kutz in der Talk-Runde auf der StadthausB­ühne.
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Sonja Helmich leitet die Stabsstell­e Nachhaltig­keit im Stadthaus. „Die Umsetzung der Nachhaltig­keitsstrat­egie ist kein Spaziergan­g“, sagt sie.
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Daniela Lud ist Professori­n an der Hochschule Rhein-Waal in KampLintfo­rt. Ihre Überzeugun­g: „Das Tun ist das Wichtigste.“
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RP-FOTOS: ARMIN FISCHER Unternehme­r Simon Schulz aus Eversael gehört zu den Investoren eines großen Solarparks an der Autobahn 57 in Alpsray.

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