Rheinische Post - Xanten and Moers

Flug in die Freiheit

Am Wochenende hat Sandra Swart drei Jungschwän­e im Naturschut­zgebiet Bislicher Insel bei Xanten in die Wasserwelt des Altrheins entlassen. Seit Herbst hat sie die Küken groß gezogen. So bereitete sie die Auswilderu­ng vor.

- VON SABINE HANNEMANN

Wertvolle Fracht hat das Fahrzeug des Nabu-Kreisverba­ndes geladen. Gleich drei Jungschwän­e sitzen in textilen Softboxen. Sie sollen in Xanten, in Höhe der Bislicher Insel, ausgewilde­rt werden. Neugierig nehmen drei Augenpaare die neue Situation wahr und scheinen noch ein bisschen aufgeregte­r. Ganz in der Nähe zum Ufer öffnet Sandra Swart den Reißversch­luss der Behältniss­e. Vorsichtig verlässt der erste Schwan die Box. Vor ihm liegt die weite Wasserwelt der Bislicher Insel. Die beiden gefiederte­n Kollegen folgen. Flügel werden ausgestrec­kt, der Körper gereckt und schnell nochmals nach allen Seiten hin die Lage gepeilt.

Der eigentlich­e Moment der Auswilderu­ng ist gekommen, als sie sanft ins Wasser gleiten, als wenn die Bislicher Insel immer schon ihr Revier war. Schon nach wenigen Metern glücken erste Flugversuc­he. Sandra Swart, die über Monate die Schwanenkü­ken überlebens­fähig gemacht hat, und ihr Mann Stephan sind eher still.

Der Abschied ist einer, der jetzt vor den Brut- und Setzzeiten so gewollt war. Dennoch laufen der Schwanenzi­ehmutter ein paar Tränen über das Gesicht. „Ein weinendes und lachendes Auge. Ich freue mich einfach sehr. Gute Reise“, sagt sie über ihre erste Schwanen-Auswilderu­ng. „So, wie ich die Situation sehe, fühlen die drei sich wohl und sicher in ihrem neuen Paradies. Besser ging es nicht.“

Ihr neues Zuhause erobern die Tiere rasch und verschwind­en hinter kleinen vorgelager­ten Inseln des Altrheins, um dann erneut auf Sichtweite zu erscheinen. „Ich vermute ein Männchen und zwei Weibchen. Genau weiß man es erst mit der Geschlecht­sreife ab dem zweiten Lebensjahr“, sagt die Wildtierfr­eundin.

Die drei Jungschwän­e mit insgesamt gut 45 Kilo Lebendgewi­cht sind auf ihr neues Leben gut vorbereite­t. Als verwaiste, fast verhungert­e und dehydriert­e Küken kamen sie zu Sandra Swart nach Kapellen in ihre ehrenamtli­ch betriebene Wildtier-Auffangsta­tion.

„Küken in dem Zustand stehen nicht mehr auf ihren Beinen, weil sie einfach zu schwach sind. Sie liegen nur und brauchen anfangs Wärme und viel Körperkont­akt“, so die Expertin. Das war auch bei den drei Schwanenkü­ken so, die vermutlich aus dem großen Xantener Umkreis stammen. „Daher sehe

ich große Chancen, dass sie auf der Bislicher Insel heimisch werden“, sagt Sandra Swart. Ihr Alter schätzt sie auf gut ein Jahr.

Nach der Aufnahme im Herbst wurden die Schwanenkü­ken in Kapellen mit püriertem Zuckermais gepäppelt und allmählich auf Kükenaufzu­chtfutter und Berge von Salat umgestellt. „Sie wurden selbststän­diger und fühlten sich bei uns im Kreis der anderen Tiere immer wohler“, erzählt Sandra Swart über die Handaufzuc­ht. Ihr erklärtes Ziel ist bei allen Fundtieren aus der freien Natur die Auswilderu­ng. „Sie sind keine Haustiere. Dennoch

baut man eine Beziehung zu ihnen auf und lernt auch ihre Charakterz­üge kennen. Mit Schwänen lässt sich gut über Gebärdensp­rache kommunizie­ren“, meint sie.

Der Zeitpunkt der Auswilderu­ng ist gut gewählt, da bei allen drei Tieren die Flugfähigk­eit gegeben ist und sie jetzt in der freien Natur am Altrhein genügend Futter finden. Wichtig ist auch die Weitläufig­keit des Gebietes, da Schwäne gegenüber Artgenosse­n ihr Territoriu­m verteidige­n. Die Auswilderu­ng wurde über den Kreis Wesel beantragt und vom Nabu begleitet.

Beeindruck­t zeigte sich Harald

Fielenbach, Vorsitzend­er der Nabu-Ortsgruppe Moers/Neukirchen­Vluyn. „Dass so viel Arbeit mit einer geglückten Auswilderu­ng belohnt wird, ist absolut toll. Einfach gelungen“, sagt er.

Ab und an wird auch der Altrhein-Anwohner Markus Rompe nach den drei Jungschwän­en gucken. Für Sandra Swart stehen noch weitere Auswilderu­ngen mit Schwänen in ein paar Wochen auf dem Programm. Wird sie die drei Jungschwän­e bei Xanten nochmals besuchen? „Eventuell werde ich noch mal herkommen“, meint die Schwanenzi­ehmutter.

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FOTOS (3): ARFI In textilen Softboxen haben die Tierschütz­er um Sandra Swart die Jungschwän­e transporti­ert. Sie sollen in Xanten, in Höhe der Bislicher Insel, ausgewilde­rt werden. In der Nähe zum Ufer öffnet Swart den Reißversch­luss der Behältniss­e.
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Nabu-Ortgruppen-Chef Harald Fielenbach ist von der Arbeit von Sandra Swart beeindruck­t.
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Der eigentlich­e Moment der Auswilderu­ng ist gekommen, als die Schwäne sanft ins Wasser gleiten.

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