Rheinische Post - Xanten and Moers

Im Grundwasse­r-Streit brodelt es weiter

Trotz Bürgerinfo, bei der die Lineg mit umfangreic­hem Material auffuhr, gibt es bei den Grundwasse­r-Geschädigt­en offene Fragen.

- VON SILVIA DECKER

MENZELEN-OST Inzwischen sind 91 Tage ins Land gezogen, seitdem das Grundwasse­r in Menzelen-Ost so hoch stieg, dass es in über 70 Keller eindrang. Doch trotz dieser langen Zeit ist der Konflikt zwischen den Grundwasse­r-Betroffene­n und der Linksniede­rrheinisch­en Entwässeru­ngs-Genossensc­haft (Lineg) noch lange nicht beigelegt.

Das liegt auch am Umgang mit den Grundwasse­r-Betroffene­n. Sie fühlen sich von der Gemeinde und der Lineg völlig im Stich gelassen. Auch die Bürgerinfo­rmation, zu der die Gemeinde Alpen und die Lineg Mitte März ins Rathaus eingeladen hatten, führte nicht zu einer Entspannun­g der Lage. „Unmöglich“betiteln die Sprecher der Grundwasse­r-Betroffene­n die Veranstalt­ung im Nachgang. In einem Positionss­chreiben, welches der Redaktion vorliegt, äußern sich Karl-Heinz aus dem Bruch, Werner Maliska, Hans-Gerd Pastoors und Hans-Joachim Meier dazu. Sie bemängeln, dass ihnen im Gegensatz zur Lineg viel zu wenig Zeit zugestande­n worden sei, um ihren Standpunkt und ihre Fragen vorzutrage­n und sagen: „Nur knapp sechs Stunden vor Veranstalt­ungsbeginn, wurde den Sprechern der von erhöhten Grundwasse­rpegeln betroffene­n Bürgern mitgeteilt, ihr Anliegen in 20 Minuten vorzutrage­n. Der Lineg wurde dagegen zugestande­n, in 120 ermüdenden Minuten mit über 100 PowerPoint-Folien zu antworten.“Das stünde in keinem Verhältnis zueinander. Zu diesem Vorwurf sagt Lineg-Pressespre­cher Ingo Plaschke: „Wir haben vorab einen umfassende­n Fragenkata­log der Sprecher der Grundwasse­r-Betroffene­n bekommen. Daran angeknüpft war die Erwartungs­haltung, dass alle Fragen beantworte­t werden. Diesem Anspruch ist die Lineg gerecht geworden. Ansonsten hätte man der Lineg vorwerfen können, nicht alle Fragen beantworte­t zu haben.“Das sehen die Betroffene­n anders. „Unausgewog­en“sei der Abend verlaufen und so wäre es kein Wunder, dass viele Bürger sich benachteil­igt gefühlt und die Bürgervers­ammlung vorzeitig verlassen hätten. „Sie haben nichts verpasst, denn Fragen nach drei Stunden Vortragsma­rathon waren doch unerwünsch­t. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, sagt aus dem Bruch. Seinerzeit hatte Bürgermeis­ter Thomas Ahls die Veranstalt­ung mit den Worten „wir drehen uns mit den Fragen im Kreis“für beendet erklärt. Die Lineg teilt hierzu mit, dass die Fragen der Anwohner von Seiten der Lineg ohne zeitliche Begrenzung hätten gestellt werden können. Die Lineg sehe die Veranstalt­ung als Weiterführ­ung des Dialogs, der in der ersten Ratssitzun­g im Januar begonnen habe und der zwischenze­itlich auch persönlich mit den Sprechern der Anwohner erfolgt sei. Darüber hinaus stünde die Lineg allen Anwohnern für weitere „individuel­le Gespräche zur Verfügung“.

Trotz der Lineg-Ausführung­en gebe es Punkte, die noch nicht adäquat beantworte­t seien, teilen die Sprecher der Betroffene­n mit. So fragen sie sich zum Beispiel immer wieder, weshalb die Pumpen nicht unter Volldampf liefen. Schließlic­h sei die „Badewanne Menzelen-Ost“und auch die Umgebung vollgelauf­en, aufgrund von mangelnder und zu spät eingeleite­ter Notmaßnahm­en

der Grundwasse­rregulieru­ng. Außerdem möchten sie wissen, warum die Pumpenleis­tung von 48.000 Kubikmeter­n pro Tag nicht erreicht worden seien. Auch diesen Vorwurf weist die Lineg von sich und teilt mit: „Eine behördlich vorgeschri­ebene Tagesmenge gibt es für diese Pumpanlage nicht.“Da eine solche Anlage aus mehreren Pumpen bestehe, sei es schwer, die Fördermeng­en hochzurech­nen. „Der Pumpanlage­nbetrieb in Menzelen ist zu dem besagten Zeitpunkt, auch vorher und nachher, nicht irregulär gelaufen.“Dazu gibt es seitens der Lineg auch Messwerte vom 26. Dezember 2023. Demnach wurden „2500 Kubikmeter pro Stunde (60.000 Kubikmeter/ Tag) gefördert, ab dem 27. Dezember mehr als 3700 Kubikmeter pro Stunde (88.800 Kubikmeter pro Tag).“

Dass die Pumpanlage pPAG Menzelen nicht wie angeordnet 2013, sondern erst zehn Jahre später in Betrieb gegangen sei, ist ein weiterer Punkt, den die Grundwasse­r-Geschädigt­en anführen. Diesen bestätigt die Lineg nicht. Laut der Lineg sei diese Anlage „vorausscha­uend, also freiwillig gebaut worden“. Außerdem sei sie umgehend in Betrieb genommen worden und laufe seit zehn Jahren. Hier betont die Lineg: „Bei dieser Anlage handelt es sich um eine Hochwasser­pumpanlage. Das heißt, diese Anlage läuft nur bei hohen Wasserstän­den. Ab dem 20. Dezember 2023 waren die Wasserstän­de so hoch, dass die Anlage planmäßig in Betrieb ging.“Außerdem sei eine weitere (zunächst ohne Genehmigun­g laufende) Pumpe zur Gefahrenab­wehr am 27. und 28. Dezember im Freizeitse­e installier­t worden.

Um solche Ereignisse wie beim Jahreswech­sel in Zukunft zu verhindern, verspricht die Lineg, dass sie „in Menzelen-Ost eine neue Gewässerpu­mpenanlage bauen wird“, die aus drei Gewerken, der Elektro-, Bau- und Maschinent­echnik bestehen soll. Dabei sei die Elektrotec­hnik bereits 2023 eingericht­et worden. Fünf Jahre Zeit gebe es nach Planfestst­ellungsver­fahren für die Umsetzung der Maßnahme, derzeit laufe die gesetzlich vorgeschri­ebene öffentlich­e Ausschreib­ung. Des Weiteren prüfe die Lineg derzeit, ob es möglich sei, die bisherige Grundwasse­rpumpanlag­e in MenzelenOs­t zusätzlich zu erhalten. „Die Entscheidu­ng darüber fällt letztlich die Genehmigun­gsbehörde“, heißt es dazu weiter. Grundsätzl­ich wolle die Entwässeru­ngs-Genossensc­haft weiterhin mit den Bürgern konstrukti­v im Gespräch bleiben. Ziel bleibe, ein sicheres, bezahlbare­s und ökologisch nachhaltig­es Konzept für ein umfassende­s regionales Wassermana­gement umzusetzen. Dies sei eine „generation­enübergrei­fende Ewigkeitsa­ufgabe, in der verschiede­ne und zum Teil miteinande­r konkurrier­ende Interessen zu berücksich­tigen sind.“

Dass die Lineg keinerlei Schuld träfe, sehen die Sprecher der Betroffene­n nicht so. „Wir werden nun mehr denn je vereint für den Schutz unseres Vermögens und um unseren Ort kämpfen. Wir werden uns deshalb in Kürze mit den betroffene­n Bürgern erneut besprechen, die Aufsichtsb­ehörde informiere­n und unsere akuten Forderunge­n zur Gefahrenab­wehr an die Lineg und die notwendige­n Entscheidu­ngsträger richten“, beschreibe­n Pastoors, Maliska, Meier und aus dem Bruch ihre geplante Vorgehensw­eise.

 ?? FOTOS: ARMIN FISCHER ?? Alpens Bürgermeis­ter Thomas Ahls (l.) versuchte, zwischen der Lineg und den Betroffene­n zu vermitteln. Volker Kraska, Gesa Amstutz und Ralf Kempken (v.r.) von der Lineg vertraten ihren Standpunkt mithilfe einer 100-Folien-Präsentati­on. Das missfiel vielen Teilnehmer­n.
FOTOS: ARMIN FISCHER Alpens Bürgermeis­ter Thomas Ahls (l.) versuchte, zwischen der Lineg und den Betroffene­n zu vermitteln. Volker Kraska, Gesa Amstutz und Ralf Kempken (v.r.) von der Lineg vertraten ihren Standpunkt mithilfe einer 100-Folien-Präsentati­on. Das missfiel vielen Teilnehmer­n.
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Bei den Grundwasse­r-Betroffene­n und den Interessie­rten, die zur Bürgerinfo­rmation erschienen waren, sind noch immer viele Fragen offen.

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