Rheinische Post - Xanten and Moers
Im Grundwasser-Streit brodelt es weiter
Trotz Bürgerinfo, bei der die Lineg mit umfangreichem Material auffuhr, gibt es bei den Grundwasser-Geschädigten offene Fragen.
MENZELEN-OST Inzwischen sind 91 Tage ins Land gezogen, seitdem das Grundwasser in Menzelen-Ost so hoch stieg, dass es in über 70 Keller eindrang. Doch trotz dieser langen Zeit ist der Konflikt zwischen den Grundwasser-Betroffenen und der Linksniederrheinischen Entwässerungs-Genossenschaft (Lineg) noch lange nicht beigelegt.
Das liegt auch am Umgang mit den Grundwasser-Betroffenen. Sie fühlen sich von der Gemeinde und der Lineg völlig im Stich gelassen. Auch die Bürgerinformation, zu der die Gemeinde Alpen und die Lineg Mitte März ins Rathaus eingeladen hatten, führte nicht zu einer Entspannung der Lage. „Unmöglich“betiteln die Sprecher der Grundwasser-Betroffenen die Veranstaltung im Nachgang. In einem Positionsschreiben, welches der Redaktion vorliegt, äußern sich Karl-Heinz aus dem Bruch, Werner Maliska, Hans-Gerd Pastoors und Hans-Joachim Meier dazu. Sie bemängeln, dass ihnen im Gegensatz zur Lineg viel zu wenig Zeit zugestanden worden sei, um ihren Standpunkt und ihre Fragen vorzutragen und sagen: „Nur knapp sechs Stunden vor Veranstaltungsbeginn, wurde den Sprechern der von erhöhten Grundwasserpegeln betroffenen Bürgern mitgeteilt, ihr Anliegen in 20 Minuten vorzutragen. Der Lineg wurde dagegen zugestanden, in 120 ermüdenden Minuten mit über 100 PowerPoint-Folien zu antworten.“Das stünde in keinem Verhältnis zueinander. Zu diesem Vorwurf sagt Lineg-Pressesprecher Ingo Plaschke: „Wir haben vorab einen umfassenden Fragenkatalog der Sprecher der Grundwasser-Betroffenen bekommen. Daran angeknüpft war die Erwartungshaltung, dass alle Fragen beantwortet werden. Diesem Anspruch ist die Lineg gerecht geworden. Ansonsten hätte man der Lineg vorwerfen können, nicht alle Fragen beantwortet zu haben.“Das sehen die Betroffenen anders. „Unausgewogen“sei der Abend verlaufen und so wäre es kein Wunder, dass viele Bürger sich benachteiligt gefühlt und die Bürgerversammlung vorzeitig verlassen hätten. „Sie haben nichts verpasst, denn Fragen nach drei Stunden Vortragsmarathon waren doch unerwünscht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, sagt aus dem Bruch. Seinerzeit hatte Bürgermeister Thomas Ahls die Veranstaltung mit den Worten „wir drehen uns mit den Fragen im Kreis“für beendet erklärt. Die Lineg teilt hierzu mit, dass die Fragen der Anwohner von Seiten der Lineg ohne zeitliche Begrenzung hätten gestellt werden können. Die Lineg sehe die Veranstaltung als Weiterführung des Dialogs, der in der ersten Ratssitzung im Januar begonnen habe und der zwischenzeitlich auch persönlich mit den Sprechern der Anwohner erfolgt sei. Darüber hinaus stünde die Lineg allen Anwohnern für weitere „individuelle Gespräche zur Verfügung“.
Trotz der Lineg-Ausführungen gebe es Punkte, die noch nicht adäquat beantwortet seien, teilen die Sprecher der Betroffenen mit. So fragen sie sich zum Beispiel immer wieder, weshalb die Pumpen nicht unter Volldampf liefen. Schließlich sei die „Badewanne Menzelen-Ost“und auch die Umgebung vollgelaufen, aufgrund von mangelnder und zu spät eingeleiteter Notmaßnahmen
der Grundwasserregulierung. Außerdem möchten sie wissen, warum die Pumpenleistung von 48.000 Kubikmetern pro Tag nicht erreicht worden seien. Auch diesen Vorwurf weist die Lineg von sich und teilt mit: „Eine behördlich vorgeschriebene Tagesmenge gibt es für diese Pumpanlage nicht.“Da eine solche Anlage aus mehreren Pumpen bestehe, sei es schwer, die Fördermengen hochzurechnen. „Der Pumpanlagenbetrieb in Menzelen ist zu dem besagten Zeitpunkt, auch vorher und nachher, nicht irregulär gelaufen.“Dazu gibt es seitens der Lineg auch Messwerte vom 26. Dezember 2023. Demnach wurden „2500 Kubikmeter pro Stunde (60.000 Kubikmeter/ Tag) gefördert, ab dem 27. Dezember mehr als 3700 Kubikmeter pro Stunde (88.800 Kubikmeter pro Tag).“
Dass die Pumpanlage pPAG Menzelen nicht wie angeordnet 2013, sondern erst zehn Jahre später in Betrieb gegangen sei, ist ein weiterer Punkt, den die Grundwasser-Geschädigten anführen. Diesen bestätigt die Lineg nicht. Laut der Lineg sei diese Anlage „vorausschauend, also freiwillig gebaut worden“. Außerdem sei sie umgehend in Betrieb genommen worden und laufe seit zehn Jahren. Hier betont die Lineg: „Bei dieser Anlage handelt es sich um eine Hochwasserpumpanlage. Das heißt, diese Anlage läuft nur bei hohen Wasserständen. Ab dem 20. Dezember 2023 waren die Wasserstände so hoch, dass die Anlage planmäßig in Betrieb ging.“Außerdem sei eine weitere (zunächst ohne Genehmigung laufende) Pumpe zur Gefahrenabwehr am 27. und 28. Dezember im Freizeitsee installiert worden.
Um solche Ereignisse wie beim Jahreswechsel in Zukunft zu verhindern, verspricht die Lineg, dass sie „in Menzelen-Ost eine neue Gewässerpumpenanlage bauen wird“, die aus drei Gewerken, der Elektro-, Bau- und Maschinentechnik bestehen soll. Dabei sei die Elektrotechnik bereits 2023 eingerichtet worden. Fünf Jahre Zeit gebe es nach Planfeststellungsverfahren für die Umsetzung der Maßnahme, derzeit laufe die gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Ausschreibung. Des Weiteren prüfe die Lineg derzeit, ob es möglich sei, die bisherige Grundwasserpumpanlage in MenzelenOst zusätzlich zu erhalten. „Die Entscheidung darüber fällt letztlich die Genehmigungsbehörde“, heißt es dazu weiter. Grundsätzlich wolle die Entwässerungs-Genossenschaft weiterhin mit den Bürgern konstruktiv im Gespräch bleiben. Ziel bleibe, ein sicheres, bezahlbares und ökologisch nachhaltiges Konzept für ein umfassendes regionales Wassermanagement umzusetzen. Dies sei eine „generationenübergreifende Ewigkeitsaufgabe, in der verschiedene und zum Teil miteinander konkurrierende Interessen zu berücksichtigen sind.“
Dass die Lineg keinerlei Schuld träfe, sehen die Sprecher der Betroffenen nicht so. „Wir werden nun mehr denn je vereint für den Schutz unseres Vermögens und um unseren Ort kämpfen. Wir werden uns deshalb in Kürze mit den betroffenen Bürgern erneut besprechen, die Aufsichtsbehörde informieren und unsere akuten Forderungen zur Gefahrenabwehr an die Lineg und die notwendigen Entscheidungsträger richten“, beschreiben Pastoors, Maliska, Meier und aus dem Bruch ihre geplante Vorgehensweise.