Rheinische Post - Xanten and Moers

Kleines Lob der Sommerzeit

- VON DAVID GRZESCHIK

Alle halbe Jahre wieder kommt die Zeitumstel­lung. Auch an diesem Wochenende: In der Nacht zu Ostersonnt­ag werden die Uhren von 2 Uhr auf 3 Uhr vorgestell­t. Der Wechsel ist unbeliebt – in einer EU-weiten Umfrage vor einigen Jahren sprachen sich mehr als 80 Prozent für die Abschaffun­g aus. Seit Jahren arbeitet die EU an der Umsetzung. Klar ist: Ihren ursprüngli­chen Zweck hat die Sommerzeit verfehlt. Durch mehr Tageslicht am Abend sollte Strom gespart werden. Der Effekt trat nicht ein. Doch das beantworte­t noch nicht die Frage, ob es stattdesse­n eine ewige Winter- oder eine ewige Sommerzeit geben sollte. Spätestens hier wird es nämlich knifflig. Eine dauerhafte Sommerzeit würde dazu führen, dass es abends länger hell bleibt, allerdings auch dazu, dass die Sonne im Winter sehr spät aufgehen würde. Kinder würden dann die ersten zwei Schulstund­en im Dunkeln verbringen. Eine dauerhafte Winterzeit halten Experten deshalb für sinnvoller. Doch auch sie hätte Folgen. Besonders im Osten Europas würde man viele helle Stunden schlicht verschenke­n – durch sehr frühen Sonnenauf- und -untergang.

Ob sich die EU je auf eine Zeit ohne Umstellung verständig­en kann, ist fraglich. Über allem schwebt ohnehin ein grundsätzl­icheres Problem: dass es von Polen bis Spanien nur eine Zeitzone gibt. Für den Biorhythmu­s der Menschen auf den verschiede­nen Längengrad­en ist das laut Schlaffors­chern nämlich nicht optimal. Die halbjährli­che Zeitumstel­lung federt das Problem ein wenig ab: Im Winter wird es früher hell, im Sommer haben wir mehr Sonne am Abend. Das darf zwar nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die Zeitumstel­lung einige Menschen belastet. Aber selbst eine Abschaffun­g von Winter- und Sommerzeit würde sie dazu zwingen, sich umzugewöhn­en. Auch eine Einheitsze­it hätte einschneid­ende Konsequenz­en. Nicht nur deshalb ist die halbjährli­che Zeitumstel­lung besser als ihr Ruf.

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