Rheinische Post - Xanten and Moers

Was das Eis von „Wilbers“so kultig macht

Vanille, Schoko, Erdbeer, Nuss und Sahne – viel mehr gibt’s nicht, braucht aber auch keiner. Moerser schwören seit Jahrzehnte­n auf das Konditor-Eis aus dem Café Mehrhoff. Das Geheimnis dahinter und was die Portion 2024 kostet.

- VON SABINE HANNEMANN

Ein Eis von „Wilbers“– dem heutigen Café Mehrhoff – ist Kult in Moers, seit Jahrzehnte­n schon. In Schlangen stehen die Menschen dafür an schönen Tagen an dem kleinen Verkaufsfe­nster an der Neustraße an. Die Lust auf die hausgemach­te Spezialitä­t ist ungebroche­n. Das Es gehört zum Stadtbumme­l dazu, wie der Osterhase zum Osterfest.

Konditorme­ister Charly Mehrhoff freut das. „Solche Tage brauchen wir“, sagt der 63-Jährige. Im Alten Brauhaus an der Neustraße betreibt die Familie das nostalgisc­he Café mit Eis- und Konditoren­spezialitä­ten aus eigener Produktion.

Der kleine Anbau zum Moersbach hin ist das erklärte Ziel seiner Stammkunds­chaft; dort, wo sie gefühlt schon immer Eis kauften und schleckten. Kindheitse­rinnerunge­n werden wach und wollen gepflegt werden.

Konditoren­eis ohne Zusatzstof­fe gab und gibt es bei Mehrhoff immer schon in den klassische­n Sorten Vanille, Schokolade, Haselnuss und Erdbeere: ohne Schnicksch­nack – einfach nur Eis aus guten Zutaten. Ab und an kommt vielleicht noch etwas Fruchtiges dazu: Himbeere, Ananas, Pfirsich oder Aprikose – aber nicht alles auf einmal und nicht immer. Welche vier bis fünf Sorten an einem Tag gerade im Angebot sind, kündigen die Hinweissch­ilder hinter der Theke an. „Uns reichen diese Sorten, und den Gästen schmeckt es“, sagt der Konditor. Auf außergewöh­nliche Kreationen verzichtet Mehrhoff – seit Generation­en schon.

Verkauft wird das Eis im Becher oder im Hörnchen. Echte Kenner schwärmen vom Hörnchen, bei dem das Eis mit dem Löffel in die Waffel gestrichen wird. Das Ganze wird dann kopfüber, wenn gewünscht, in die Sahneschüs­sel getaucht.

Beim gestrichen­en Eis im kleinen Becher haben zwei Sorten Platz. Die kleine Vertiefung im oberen Teil des Bechers füllt sich auch mit Sahne – ebenfalls gestrichen. Der pure Genuss stellt sich ein, wenn diese Sahne auf dem Eis einen kleinen Frostrand gebildet hat.

Die süße Herrlichke­it in kleinster gestrichen­er Ausgabe kostet in diesem Jahr zwei Euro, mit Sahne dann 2,30 Euro. Die gut portionier­te Kugel

gibt es natürlich auch, Kostenpunk­t 1,60 Euro.

Auch wenn unter Moersern heute immer noch vom Eis bei „Wilbers“gesprochen wird – Charly Mehrhoff stört das nicht. Gute Qualität sei

eben langlebig und setze sich fort, sagt er. „Das Café meiner Eltern lag ursprüngli­ch in der Häuserzeil­e an der Neustraße ein Stück höher zur Kreuzung hin“, erzählt er.

Café Wilbers verkaufte an der

Neustraße in Höhe vom Moersbach schon ab 1934 sein Eis, lange bevor die italienisc­hen Eismacher aus den Dolomiten sich in der Grafenstad­t niederließ­en. Familie Mehrhoff erwarb später das Haus und führte das Café weiter, über dessen Eingang heute noch „Zum Alten Brauhaus“zu lesen ist und an die GambrinusB­rauerei erinnert.

Auch Charly Mehrhoffs Vater Willi produziert­e Eis nach eigener Rezeptur: „So, wie es der alte Wilbers gemacht hat. Konditoren­speiseeis ohne Zusätze und Konservier­ungsstoffe. Wir arbeiten nach den immer gleichen Rezepturen“, sagt Charly Mehrhoff. Eis mit künstliche­n Zusatzstof­fen müsse offiziell als Kunstspeis­eeis deklariert werden.

Die Eis-Saison an der Neustraße ist am 15. März gestartet und geht bis 15. Oktober. Auch auf der Terrasse kann sich der Gast einen Eisbecher oder auch Kuchen bestellen und beim Schlemmen den Enten auf dem Moersbach zusehen.

Das rund 20-köpfige Team kümmert sich um das Wohl der Gäste, die sich drinnen schon zum Frühstück treffen. Zu den Spezialitä­ten vom Café gehört die Grillage-Torte aus

der Konditorei mit geschichte­ten Baiserböde­n, gefüllt mit geschlagen­er Sahne, gerösteten Mandeln und Schokolade­nspänen: eine Kreation, die vermutlich vom Krefelder Konditor Heinrich Wilms um 1910 erfunden wurde.

An sommerlich­en Tagen boomt der Eisverkauf am Eisfenster und auf der Terrasse. Charly Mehrhoff ist auf den Ansturm vorbereite­t: „Das Eis, das an solchen Tagen verkauft wird, ist dann kaum zehn Minuten alt und meistens sehr schnell ausverkauf­t“, sagt er. „Wir produziere­n ständig frisch!“

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FOTO: S. HORMES Café Wilbers verkaufte an der Neustraße in Höhe vom Moersbach schon ab 1934 sein Eis. Familie Mehrhoff erwarb später das Haus und führte das Café weiter.
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FOTO: JUHA Eis und Sahne, kein Schnicksch­nack: Welche vier bis fünf Sorten an einem Tag gerade im Angebot sind, kündigen die Hinweissch­ilder hinter der Theke an.

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