Rheinische Post - Xanten and Moers
Fußballtalente sichtbar machen
Der Moerser Patrick May arbeitet für „Goalimpact“. Das Start-up hat einen neue Methode zur Bewertung von Fußballspielern entwickelt. Was daran das Besondere ist.
Patrick May brennt für seinen Job. Der promovierte Chemiker ist Teil eines ganz besonderen StartUps. Mit Chemie hat es nichts zu tun, mit Naturwissenschaft schon. Und auch mit seinem Hobby, denn der 34-Jährige ist seit seiner Kindheit leidenschaftlicher Fan des BVB Dortmund.
Patrick May mag gute Storys. Im Business und auf dem Fußballplatz. Geschichten von Menschen, die ihren eigenen Weg gehen. Die sich mit ihren Stärken einbringen und ihren Platz finden, auch wenn es unkonventionell ist. Auch, wenn es ihnen keiner zugetraut hätte. Auch, wenn sie scheinbar ein wenig anders sind als der „Mainstream“.
May findet solche Menschen im Bereich des Fußballs. Verborgene Talente, „Hidden Heroes“möchte die Firma „Goalimpact“sichtbar machen und fördern. Und damit auch den Fußball attraktiver machen. Gründer der Firma, deren Namen man mit „Tor-Wirkung“übersetzen kann, ist der Hamburger Physiker und Finanzmathematiker Jörg Seidel. Er hat einen Algorithmus entwickelt, mit dem Fußballspieler bewertet werden können.
Die Story begann bei der Europameisterschaft 2004. Seidel gewann eine private Wette mit Hilfe der von ihm entwickelten Analyse-Methode. Mehrere Jahre betreibt Seidel „Goalimpact“neben seinem Hauptberuf und erzählt darüber bei Twitter. Dort entdeckt May die Firma und findet sie so spannend, dass er sich auf eine Stellenausschreibung bewirbt. Seit 2022 ist er nun derjenige, der das Business operativ betreibt. Vom Moerser Eurotec-Loop aus, denn May, der aus Essen stammt, wohnt seit kurzem in Moers.
Was er mit dieser speziellen KI anbietet, könnte den Fußballmarkt viel effizienter machen. Der Markt ist laut May nämlich relativ ineffizient, weil Fußball emotional ist und dadurch Meinungen oft die Realität verzerren. Was ist das Besondere an dem Bewertungssystem von Goalimpact? „Normalerweise nimmt man Daten, die beschreiben, wie ein Spieler spielt“, erklärt May, „Zum Beispiel, wie schnell er ist und wie viele Tore er schießt. Daraus wird eine Bewertung abgeleitet. Es fließt auch mit ein, in welcher Liga er spielt. Wenn jemand in der ersten Liga spielt, wird angenommen, dass er besser ist als jemand in der zweiten oder dritten Liga.“
Goalimpact gehe anders vor, so May. „Wir fragen danach, wie ein einzelner Spieler das Spiel beeinflusst. Wir messen, wie das Ergebnis eines Spiels mit oder ohne einen Spieler ist. Unabhängig von der Spielklasse.“Dabei erfasst das System nicht, weshalb ein Spieler gut ist. Alle möglichen Faktoren können hier eine Rolle spielen. Zum Beispiel Teamfähigkeit und Kommunikation. „Auch, wenn ein Spieler selber
keine Tore erzielt, kann er derjenige sein, der mit seiner Persönlichkeit einen motivierenden Einfluss auf die anderen hat“, sagt May und führt als Beispiel Thomas Müller an, der bekannt ist für seine Vorbildfunktion in der Mannschaft des FC Bayern. „Der Algorithmus ist objektiv und verlässlich, denn er wird nicht durch die menschliche Wahrnehmung verzerrt. Trotzdem kommen natürlich bei der Entscheidung, ob
ein Verein einen Spieler kauft, noch weitere Kriterien hinzu“, so May, der sowohl mit den Sportdirektoren der Vereine als auch mit den Spielerberatern zusammen arbeitet.
Lohnt es sich wirklich, einen unbekannten Spieler aus der vierten Liga näher anzuschauen? Durchaus, so May. Die KI errechnet die Qualität eines Spielers und vergibt eine Punktzahl. Die Bewertungskurve zeigt außerdem seinen Wert in der
Vergangenheit und trifft eine wahrscheinliche Vorhersage für die Zukunft. Die Spielerberater erwerben diese „Ratings“und veröffentlichen sie, teilen sie mit den Vereinen. Das kostet Geld, nützt aber am Ende allen. Und es macht den Fußball nicht nur effizienter, sondern auch fairer.
Patrick May freut sich darüber, wenn er mit seinem Angebot hilft, einen vermeintlichen „Underdog“zu entdecken und zu fördern. „Fußball-Deutschland hat sich dieses Jahr klar gegen den Fußball-Kommerz ausgesprochen. Die Menschen sehnen sich nach neuen Ansätzen und Talenten“, ist sich May sicher.
Einen ersten strategischen Erfolg kann „Goalimpact“bereits verzeichnen: Die Firma arbeitet mit rund 25 Vereinen zusammen – aus verschiedenen Ländern, von der vierten bis zur ersten Liga. Erste konkrete Erfolge, nämlich die Wechsel von Amateurspielern in den deutschen Profi-Fußball mithilfe von Goalimpact, stehen in Kürze an. Patrick May liebt solche Geschichten und er arbeitet weiter daran, die Fußballwelt zu verbessern.