Rheinische Post - Xanten and Moers
Er züchtet Diven für die Fensterbank
Jörg Fresohnke ist Orchideenzüchter aus Leidenschaft. In seinem Gewächshaus in Niep gedeihen wahre Schönheiten. Was an der exotischen Pflanze so faszinierend ist.
NEUKIRCHEN-VLUYN In verschiedenen Farben und Formen blühen bei Jörg Fresohnke Orchideen auf rund 1600 Quadratmetern Gewächshausfläche. Orchideen zählen zu den beliebtesten Zimmerpflanzen auf deutschen Fensterbänken. Der 54-Jährige hat vor 22 Jahren den Betrieb Orchideen Lucke auf dem Bergschenweg 6 in Niep übernommen und durch besondere Zuchterfolge die Welt der exotischen Schönheiten noch bekannter gemacht. Gerade hat er auch in Dresden, auf der bedeutendsten Orchideenschau Europas, zahlreiche Auszeichnungen und Preise mit nach Hause nehmen können.
„Mit Orchideen kommt keine Langeweile auf“, sagt Jörg Fresohnke. Während zu Weihnachten eher die weiße Orchidee, die großblütige, schneeweiße Phalaenopsis, in der Gunst der Kunden ganz oben steht, sind es zu Ostern Orchideen in bunten Farben, von Gelb bis Rosa, die gekauft werden. Aktuell hat er sogar duftende Orchideen im Sortiment. „Das Problem ist allerdings, dass Duft sich nicht vererbt. Duften die Eltern, haben die Nachkommen keinen Duft“, weiß er aus Erfahrung.
Schon lange ist es verboten, Orchideen aus der Natur zu entnehmen. Nachzuchten kommen aus dem Labor in Niep und sind das eigentlich Spannende, weil das Ergebnis nie gewiss ist. Züchter brauchen stets Geduld und sogenannte Inselbegabung verbunden mit dem Gespür für das Besondere. „Wir züchten fortlaufend. Aus 30 bis 40 neuen Kreuzungen bekommen wir zwar sehr schöne Exemplare, aber die meisten sind nicht für die Weiterzucht geeignet“, sagt Jörg Fresohnke. Besonderes Augenmerk legt er auf das Zuchtbuch. „Ich will Inzuchtlinien vermeiden. Im Ergebnis sind solche Exemplare wuchsdepressiv und ihnen fehlt die Vitalität“, so der Experte.
Bis eine Orchideengeneration in den Verkauf kommt, vergehen fünf Jahre, beim Frauenschuh sogar sieben Jahre. Entspricht eine Kreuzung allen züchterischen Kriterien, geht sie als Lizenzware bei Kollegen mit größeren Betrieben in die Massenproduktion. „Wir sind dafür zu klein“, so Fresohnke.
Hingucker im Verkaufssortiment ist aktuell die Orchideengattung Paphiopedilum Pinocchio mit einer einzelnen Blüte. Das als Frauenschuh
bekannte Hybrid-Exemplar trägt den deutschen Namen ‚Revolverblüher‘. „Das Besondere ist, dass eine Blüte nach der anderen kommt. Das geht wie beim Revolver mit schneller Schussfolge“, erläutert der Orchideenzüchter den Namen.
1985 hat er in Schwerte die Orchideenzucht erlernt und ist hängengeblieben, sagt er über seine Faszination für das Exotische. Die teilt er sich mit Orchideenfreunden auf internationalem Parkett, so in USA, Brasilien,Thailand oder Taiwan. Zu anderen Züchtern in Deutschland besteht ebenfalls loser Kontakt. „Überschaubar. Von damals 60 sind wir heute noch gut 20 Züchter. Das ist wie bei Handwerksbetrieben. Uns fehlt der Nachwuchs“, so der Chef der vielen Schönheiten.
„Orchideen mögen keine pralle Sonne und keine nassen Füße“Jörg Fresohnke
Zum fehlenden Nachwuchs kommen betriebliche Herausforderungen wie die Energiefrage und CO2-Abgabe. Gerne würde er ein Blockheizkraftwerk nutzen. Von seinem Antrag ist selbst nach dreimaligen Nachfrage nichts mehr zu hören. Aus der Pandemie ist er hingegen glimpflich davongekommen. „Der Online-Versand hat uns gerettet. Eva Theuerkauf hat als Präsidentin des Landesverbandes Gartenbau dafür gesorgt, dass während der Pandemie über die Baumärkte und Gartencenter Ware verkauft werden konnte“, so Fresohnke rückblickend. Vermehrte Kundennachfrage merkt er heute beispielsweise nach den Ferien und in verregneten Sommerwochen. „Da wollen die Leute etwas schön Blühendes zu Hause haben.“
Beim Besuch werden Tipps zur Pflege, wie Rückschnitt, Düngung und Umtopfen, ausgetauscht. Der häufigste Fehler sei immer noch das zu viele Wässern. „Orchideen mögen keine pralle Sonne und keine nassen Füße. Einmal pro Woche kurz ins Wasser tauchen, das reicht. Gedüngt wird von März bis Oktober alle 14 Tage, im Winter einmal im Monat“, so der Fachmann. Bei guter Pflege blüht die Orchidee mindestens vier Monate. Das Alter gilt mit bis zu 70 Jahren als fast biblisch. „Manche überleben sogar ihre Besitzer und werden dann vererbt“, so Fresohnke.