Rheinische Post - Xanten and Moers

„Der Haarschnit­t ist die Seele jeder Frisur“

Die Philosophi­e des Vaters führt auch Klaus-Peter Neske seit 40 Jahren in seinem Salon in Xanten fort. Extensions und Schachbret­tmuster im Haar gehörten für ihn schon in den 80ern zum Handwerk. Bei „Wetten, dass...“ließ er sich selbst einen Irokesensc­hnit

- VON HEIDRUN JASPER

XANTEN Vokuhila kommt wieder, vorne kurz, hinten lang. Auch die Dauerwelle ist wieder en vogue, passend zur Schlaghose der 70er Jahre, die man heute „Marlene-Hosen“nennt. Lange Haare bleiben im Trend, kühle Haarfarben und ein strenger Haarschnit­t sind bei den Damen angesagt. Der Lockenkopf aber, der ist out, sagt Klaus-Peter Neske. Er muss es wissen, denn er macht seinen „Job“nicht erst seit gestern: Am 21. Dezember 1981 hat der Vater dreier Kinder vor der Handwerksk­ammer Düsseldorf seine Meisterprü­fung im Friseurhan­dwerk abgelegt – am 1. April 1984 hat er den väterliche­n Friseurbet­rieb an der Orkstraße übernommen.

Wie oft er und seine Mitarbeite­rinnen in den 40 Jahren „Vorsicht, Stufe“gesagt haben, wenn KundInnen vom Eingangsbe­reich des Salons in den nur einige Zentimeter höher gelegenen Mitteltrak­t gegangen sind? Er weiß es nicht, genauso wenig wie seine Frau Daniela, die den Schriftver­kehr erledigt, an der Rezeption arbeitet und auch im Salon tatkräftig hilft. Was der 65-Jährige, der am 10. Juni 1959 in Oberhausen geboren ist und mit zwei Schwestern und einem Bruder oben in der Wohnung über dem Salon aufgewachs­en ist, aber noch genau weiß: Er wollte immer in die Fußstapfen des Vaters Johannes Hermann Neske treten, der 1951 mit seiner Frau Hilde in Oberhausen den ersten „Spezial Damen Frisier Salon“eröffnete und sich zum Ziel gesetzt hatte, „das Haar als Kopfschmuc­k der Frau so zu formen, dass eine Einheit mit Gesichtsfo­rm und Kleidung entsteht“.

Die Philosophi­e des Vaters: „Der Haarschnit­t ist die Seele jeder Frisur.“Eine Überzeugun­g, der KlausPeter Neske treu geblieben ist, als er sich vor 40 Jahren entschloss, den väterliche­n Betrieb weiter zu führen. Dass er einmal in dessen Fußstapfen treten will, stand für ihn schon früh fest. Am 1. Juli 1975 hat der damals 16-Jährige seine Ausbildung zum Friseur begonnen. Mit Auszeichnu­ng bestand er 1977 die Gesellenpr­üfung, holte im gleichen Jahr bei den Deutschen Meistersch­aften der Friseure in Dortmund unter 70 Teilnehmer die Bronzemeda­ille. Da war er gerade 18 Jahre jung, genau wie sein Modell Angela van Ravenstein. „Sie musste über einen Steg an einer Jury vorbei laufen, den Kopf schütteln, damit die Juroren sehen, dass die Frisur wieder in die Form fällt“, erinnert sich Neske.

„Ich habe als Einziger meinen Meisterbri­ef mitgebrach­t. Frank Elsner hat mich nach vorne geholt und die Urkunde in die Kamera gehalten“Klaus-Peter Neske Friseurmei­ster

Auch seinen Auftritt bei „Wetten, dass…“im Mai 1986 in der Dortmunder Westfalenh­alle wird er nie vergessen: „Die Saalwette war, dass Frank Elsner, damals noch Moderator der Show, es nicht schafft, zehn Friseurmei­ster auf die Bühne zu bekommen, die sich vor laufender Kamera von einem ihrer Lehrlinge einen Irokesensc­hnitt verpassen lassen.“Andrea Loepelmann sei damals seine Azubine gewesen, die beiden sind nach Dortmund gekachelt. „Ich habe als Einziger meinen Meisterbri­ef mitgebrach­t. Frank Elsner hat mich nach vorne geholt und die Urkunde in die Kamera gehalten.“Der Moderator hat die Wette übrigens gewonnen.

Nach der Lehre musste Klaus-Peter Neske zur Bundeswehr, danach ging er als Fachtraine­r für Wella nach Berlin und 1980 als deren fachlicher Trainer nach Bielefeld. „Ich habe eineinhalb Jahre die Umgebung Lüneburger Heide, Harz, Weseler Bergland, Sauerland abgegrast, nur in Hotels übernachte­t, sehr viele Leute kennengele­rnt.“1983 ist er zurück nach Berlin gegangen, hat dort das größte der sechs Studios

geleitet, die Wella bundesweit betreibt und in denen sich Friseure weiterbild­en können.

Und er wäre auch nicht wieder nach Xanten gezogen, gibt er zu – wenn nicht der Anruf aus der Heimat gekommen wäre, dass der Vater schwer erkrankt sei. Klaus-Peter Neske entschied sich, die Herausford­erung anzunehmen, den „Salon Neske Xanten“zu übernehmen, und brach seine Zelte in Berlin ab.

Ein Schritt, den er nicht bereut habe, erzählt der 65-Jährige, der

schon vor 40 Jahren Schachbret­tmuster ins Haar frisiert und Zöpfe angeschwei­ßt hat. „Heute heißt das Extensions“, sagt er und lacht. Sein Steckenpfe­rd sei die Moderation auf Frisur-Modeschaue­n, die Ausbildung junger Menschen habe ihm immer am Herzen gelegen. Deswegen sei er auch 1986 Mitglied des Gesellenpr­üfungsauss­chusses der Innung und 1991 des Meisterprü­fungsaussc­husses bei der HK Düsseldorf geworden. Am 21. November 2000 übernahm Klaus-Peter Neske

das Amt des Obermeiste­rs der Friseur-Innung des Kreises Wesel, wo er bereits sechs Jahre Stellvertr­eter war. Ein Engagement, für das er im September 2022 mit dem Goldenen Ehrenzeich­en der Handwerksk­ammer Düsseldorf ausgezeich­net wurde.

Mit zwei Mitarbeite­rinnen habe er vor 40 Jahren angefangen, „in starken Zeiten hatte ich sechs Friseurinn­en“. Wieviel Lehrlinge er und sein Vater ausgebilde­t haben, der für ihn stets „der Denker und Lenker, der

starke Mann im Hintergrun­d“gewesen sei? „Bestimmt um die 70“, sagt er, „29 von ihnen haben auch den Meisterbri­ef gemacht.“Dazu gehören drei langjährig­e Mitarbeite­rinnen, die bei ihm in die Lehre gegangen und noch heute im Team und fest angestellt­e Vollzeitkr­äfte sind: Martina Weber, die er vor 37 Jahren im Friseurhan­dwerk ausgebilde­t hat, Ilona Bullmann (vor 35 Jahren) und Natascha Kuhlgart (sie arbeitet seit 28 Jahren bei Klaus-Peter Neske). Zum Betriebsju­biläum hat er die drei Frauen nach Düsseldorf ins „Abenteuerl­and“im Capitol eingeladen.

Vorsicht, Stufe: Diese beiden Worte werden auch dann noch fallen, wenn Klaus-Peter Neske einmal kürzer tritt, zwar Geschäftsf­ührer bleibt, den Salon, der inzwischen „Team Neske“heißt, inklusive der drei langjährig­en Mitarbeite­rinnen aber an seine Tochter Vivian übergibt. Die 33-jährige Mutter von drei kleinen Kindern ist in die Fußstapfen des Vaters und Großvaters getreten, genau wie ihr Bruder Philip, 1985 geborener Sohn aus erster Beziehung von Klaus-Peter Neske. Er hat nach der Meisterprü­fung aufgesatte­lt, studiert und seinen Bachelor für Industriem­anagement gemacht, lebt und arbeitet derzeit in Bangkok (Thailand). Vivian Simons (Neske) leitet das Studio von Wella für NRW in Düsseldorf. Ihr jüngerer Bruder Cederic (31) hat mit dem Friseurhan­dwerk nichts „an der Brause“: Er lebt in Hannover, arbeitet in der IT-Branche.

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FOTOS (2): FISCHER Klaus-Peter Neske bekommt in seinem Friseursal­on tatkräftig­e weibliche Unterstütz­ung von Ehefrau Daniela (3.v.r.) und Tochter Vivian Simons (2.v.l.) sowie den langjährig­en Mitarbeite­rinnen Natscha Kulgart (l.), Ilona Bullmann (2.v.r.) und Martina Weber.
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FOTOS (4): NESKE Reden kann er: Klaus-Peter Neske übernimmt gerne die Moderation auf FrisurMode­schauen, wie auf diesem Foto von 1984.
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Neske mit einem Toupet auf dem Irokesensc­hnitt.
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Mutter Hildegard Neske zog die Kinder über dem Salon groß.
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Klaus-Peter Neske1982 in Berlin: Er macht eine Federball-Dauerwelle.
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Bei „Wetten, dass...“ließ sich Neske einen Irokesensc­hnitt schneiden.

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