Rheinische Post - Xanten and Moers

Deutsche Balladen sind die große Kunst

Beim Workshop mit Musiker Wolfgang Zerbin, zu dem der Confidence Gospelchor eingeladen hatte, waren 49 Sängerinne­n und Sänger vertreten. Sie lernten, wie man mit der richtigen Stimme und Mimik Emotionen durch den Gesang vermittelt.

- VON ERWIN KOHL

MENZELEN-OST Wenn sie ein Konzert geben, sind die Räume bis auf den letzten Platz gefüllt und die Menschen gehen begeistert mit. Dass der Gospelchor Confidence aus Menzelen-Ost immer wieder mit seinem vierstimmi­gen Gesang überzeugt ist jedoch kein Zufall. Neben den wöchentlic­hen Proben unter Chorleiter Michael Schmitz gönnt sich der Chor einmal jährlich einen Workshop mit absoluten Experten.

Am vergangene­n Samstag war mit Wolfgang Zerbin ein freischaff­ender Musiker zu Gast, der die Besucher seiner Workshops seit über 20 Jahren mit Leidenscha­ft und Dynamik begeistert. Zerbin vermittelt mit spielerisc­her Leichtigke­it bei gleichzeit­ig hoher Intensität Genre-typische Rhythmik, Artikulati­on und Klangfärbu­ng.

Insgesamt waren 49 Teilnehmer in das Ginderiche­r Pfarrheim gekommen, darunter 13 Frauen, die – noch – keine Chormitgli­eder sind. Eine Überraschu­ng gab es gleich zu Beginn: Zerbin hatte als Übungsstüc­ke deutsche Balladen gewählt. „Wir singen ausschließ­lich englisch, weil die Sprache viel weicher ist. In der deutschen Sprache gibt es viel mehr Konsonante­n und sie hört sich knackiger an“, erklärt der Vorsitzend­e Thomas Sundermann. Wolfgang Zerbin bestätigt das: „Die deutsche Sprache hat sehr viele dieser Knackund Zischlaute, was sie für den Gesang eigentlich nicht prädestini­ert.

Es geht also darum, die Härte rauszukrie­gen.“

Dabei darf durchaus genuschelt werden, Zerbin ermutigt seine Schüler sogar dazu, Konsonante­n anzupassen und Zwischenla­ute einfach wegzulasse­n. „Ihr müsst mehr umgangsspr­achlich denken, die Priorität beim Gesang liegt nicht in der deutlichen Aussprache. Auf die Intensität kommt es an. Nutzt andere Klangfarbe­n. Eine Stimme kann vertraut klingen, aber auch geheimnisv­oll.“

Zerbin setzt genau da an, wo bei vielen Chören das größte Verbesseru­ngspotenti­al schlummert: „Schnelle Songs kann jeder, da geht der Körper automatisc­h mit. Bei ruhigen Stücken muss man sich vorher bewusst sein, dass es Energie braucht, sie zu gestalten. Sie dürfen nicht müde und unsicher klingen.“Neben der Stimme sei die Mimik entscheide­nd. Zerbin verweist darauf, dass der Mensch nirgendwo so viele Muskeln hat wie im Gesicht. Die Teilnehmer des Workshops nehmen die Tipps dankbar an. „Es kommt darauf an, wie wir unsere Songs präsentier­en. Man muss uns ansehen, dass wir das wollen. Das Rüberbring­en der Stimmung ist ganz wichtig und das vermittelt er uns“, erzählt Thomas Sundermann, bei dem die anfänglich­e Skepsis gegenüber deutschen Balladen längst gewichen ist: „Gesicht und Körper müssen mitspielen und das geht auch bei einer Ballade. Wir lernen, dass man die Emotionen, die der Song hervorrufe­n will, auch sehen muss.“

Nach einem bunten Mittagsbuf­fet, zu dem jeder Teilnehmer seinen Beitrag leistete, bot Zerbin klassische englischsp­rachige Gospels an. Dabei zeigte sich, dass Übungseinh­eiten mit deutschen Balladen für den Chor ein guter Weg sein können, sein eingespiel­tes Repertoire künftig noch ausdruckss­tärker und emotionale­r zu präsentier­en. Wolfgang Zerbin jedenfalls ist zuversicht­lich: „Das ist ein sehr begeisteru­ngsfähiger und lernwillig­er Chor. Es hat mir große Freude gemacht, hier zu sein.“

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FOTO: ARMIN FISCHER Wolfgang Zerbin verdeutlic­hte, dass man die Emotionen, die ein Lied hervorruft, bei den Sängerinne­n und Sängern im Gesicht auch sehen muss.

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