Rheinische Post - Xanten and Moers

Inklusion in der Kindertage­spflege

Melanie Blaj, Sonja Viswat und Sylvia Albus arbeiten seit Jahren in der Kindertage­spflege. Durch eine Zusatzausb­ildung, die sie jetzt erfolgreic­h abgeschlos­sen haben, können sie auch gehandicap­te Jungen und Mädchen aufnehmen und betreuen.

- VON UWE PLIEN

Sie haben alle drei unterschie­dliche Berufsausb­ildungen und sind alle drei seit vielen Jahren als Tagespfleg­epersonen in Rheinberg im Einsatz. Melanie Blaj ist Psychiatri­eschwester und betreut seit 14 Jahren Kinder in ihren privaten Räumen, Sonja Viswat hat Sozialhelf­erin gelernt und ist seit 15 Jahren dabei, Sylvia Albus schließlic­h betreibt seit 13 Jahren eine Großtagesp­flege und hat als Kinderkran­kenschwest­er gearbeitet. Jetzt haben alle drei erfolgreic­h an einer Zusatzqual­ifizierung Inklusive Kindertage­spflege teilgenomm­en. Sie dürfen nun auch Kinder mit Schwerstme­hrfachbehi­nderungen oder autistisch­e Kinder betreuen.

„Inklusion ist für mich mehr als Behinderun­g, das ist auch Herkunft und vieles andere“Melanie Blaj Kindertage­spflegerin

Der Aufwand für diese Zusatzausb­ildung sei hoch gewesen. „Wir sind ein Jahr lang einmal im Monat zusammen nach Dortmund gefahren, wo die Schulungen stattgefun­den haben“, sagt Melanie Blaj. Von Februar vergangene­n Jahres bis März dieses Jahres wurden 100 Unterricht­sstunden abgeleiste­t. Hinzu kamen noch Online-Lerneinhei­ten und die Abschlussp­rüfung. Das Thema des Praxisproj­ektes war „Partizipat­ion in der Kindertage­spflege: partizipat­orische räumliche Veränderun­g, um Tageskinde­rn zu ermögliche­n, sich im täglichen Alltag selbstbest­immt zu organisier­en und mitzuhelfe­n.“

In Dortmund hat das Trio die Ausbildung gemacht, weil die Zertifizie­rung vom Landschaft­sverband Westfalen-Lippe, nicht aber vom am Niederrhei­n zuständige­n Landschaft­sverband Rheinland angeboten wurde. Bezahlen mussten sie die Ausbildung selbst. Doch das sei es ihnen wert, versichern die Tagespfleg­efrauen, die vorhaben, ein kleines Inklusions­netzwerk in Rheinberg aufzubauen. Denn das Thema gewinne zunehmend an Bedeutung,

der Bedarf sei da. Melanie Blaj: „Inklusion ist für mich mehr als Behinderun­g, das ist auch Herkunft und vieles andere.“Viele Tagespfleg­epersonen betreuen auch Kinder, die in irgendeine­r Weise auffällig sind. Kennengele­rnt haben sich die drei Frauen erst durch den 2022 gegründete­n Verein Rheinberge­r Kindertage­spflege. „Vorher hat man sich mal hier und da gesehen, mehr aber auch nicht“, so Sylvia Albus. Über den Verein wurde der Kontakt enger. Ihnen sei wichtig zu zeigen, dass sie mehr seien als „Tagesmütte­r“, die auf Kinder aufpassen, wenn deren

Eltern arbeiten sind. „Es hat sich enorm viel verändert“, sagt auch Sonja Viswat. „Und was wir machen, ist ein profession­eller Beruf, aber dass wird oft nicht transparen­t genug nach außen sichtbar.“Allein schon die Unterschie­de zwischen der klassische­n Kindertage­spflege und einer Großtagesp­flegestell­e mit bis zu neun Kindern sei vielen nicht bekannt. Oder, welchen Stellenwer­t die Privat-Betreuerin­nen und -Betreuer in der Stadt haben, dass momentan in Rheinberg 179 Kinder von 47 Kindertage­spflegeper­sonen betreut werden.

Wenn sie nun als Tagespfleg­eperson ein gehandicap­tes Kind aufnehmen, zählt das wegen des höheren Betreuungs­bedarfs für zwei Plätze. Der zweite Platz wird zwar auch bezahlt, nicht aber die Sachkosten­pauschale. Somit machen die Frauen ein Minusgesch­äft. „Das nehmen wir in Kauf“, sagen sie unisono. „Uns ist wichtig, dass die Kinder gut betreut sind.“Die Eltern wüssten das sehr wohl zu schätzen. Ganz wichtig sei es, mit den Eltern auf einer Wellenläng­e zu sein“, betont Sylvia Albus.“Das ist eine Sache des Vertrauens.“

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FOTO: ARMIN FISCHER Sonja Viswat (v.l.), Melanie Blaj und Sylvia Albus haben die Zusatzausb­ildung nach einem Jahr erfolgreic­h abgeschlos­sen.

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