Rheinische Post - Xanten and Moers
Die Band Can auf ihrem Höhepunkt
Rock Das Wort „Livealbum“bekommt hier noch einmal eine andere Bedeutung. Damo Suzuki ist am 9. Februar gestorben, aber wer das Album „Can Live In Paris 1973“hört, mag das nicht glauben: So unmittelbar wirken diese Performances, so frisch und jung.
Damo Suzuki wurde von der Kölner Band Can engagiert, nachdem deren Sänger Malcolm Mooney sie verlassen hatte. Sie hatten Suzuki in München getroffen, es war einer dieser mythischen Zufälle der Rockhistorie, er sang vor einem Café, und sie fragten ihn, ob er abends mit ihnen auf die Bühne gehen möge. Suzuki veredelte die drei populärsten Alben der Band: „Tago Mago“(1971), „Ege Bamyasi“(1972) und „Future Days“(1973). Danach verließ auch er die Gruppe, er heiratete und wurde Zeuge Jehovas.
Die Auftritte im Pariser L’Olympia, die nun in der tollen Reihe mit Live-Aufnahmen von Can erscheinen, dokumentieren eine Band auf ihrem absoluten Höhepunkt. Dass man diese Aufnahmen überhaupt zu hören bekommt, ist dem Superfan Andrew Hall zu verdanken, der seinen Helden nachreiste und bei jedem Gig, dem er beiwohnte, einen Tape-Rekorder unter einer extraweiten Hose einschmuggelte. Seine Bänder wurden neu abgemischt, und die Soundqualität ist sehr gut.
Can improvisieren. Das erste (wie immer in dieser Reihe) unbetitelte Stück dauert 36 Minuten, und aus dem Groove ragen immer wieder bekannte Motive von Songs wie „Vitamin C“. Analoge Drums und Drum-Maschine spielen im Duett, und Damo Suzuki reichert die instrumentale Textur mit Satzfragmenten, Worten und Lauten an. Es brodelt, sie türmen wunderbaren Lärm auf, und das Faszinierende ist, dass sie kurz danach das beginnen sollten, was man ihre Ambient-Phase nennen könnte: die weiten Flächen von „Future Days“.
„Can Live In Paris 1973“kommt keine Sekunde zu früh. Das großartige Doppelalbum ist ein Grabstein für Damo Suzuki, ein Denkmal. Es ist auch eine Geisterbeschwörung.