Rheinische Post - Xanten and Moers

Die Band Can auf ihrem Höhepunkt

- Philipp Holstein

Rock Das Wort „Livealbum“bekommt hier noch einmal eine andere Bedeutung. Damo Suzuki ist am 9. Februar gestorben, aber wer das Album „Can Live In Paris 1973“hört, mag das nicht glauben: So unmittelba­r wirken diese Performanc­es, so frisch und jung.

Damo Suzuki wurde von der Kölner Band Can engagiert, nachdem deren Sänger Malcolm Mooney sie verlassen hatte. Sie hatten Suzuki in München getroffen, es war einer dieser mythischen Zufälle der Rockhistor­ie, er sang vor einem Café, und sie fragten ihn, ob er abends mit ihnen auf die Bühne gehen möge. Suzuki veredelte die drei populärste­n Alben der Band: „Tago Mago“(1971), „Ege Bamyasi“(1972) und „Future Days“(1973). Danach verließ auch er die Gruppe, er heiratete und wurde Zeuge Jehovas.

Die Auftritte im Pariser L’Olympia, die nun in der tollen Reihe mit Live-Aufnahmen von Can erscheinen, dokumentie­ren eine Band auf ihrem absoluten Höhepunkt. Dass man diese Aufnahmen überhaupt zu hören bekommt, ist dem Superfan Andrew Hall zu verdanken, der seinen Helden nachreiste und bei jedem Gig, dem er beiwohnte, einen Tape-Rekorder unter einer extraweite­n Hose einschmugg­elte. Seine Bänder wurden neu abgemischt, und die Soundquali­tät ist sehr gut.

Can improvisie­ren. Das erste (wie immer in dieser Reihe) unbetitelt­e Stück dauert 36 Minuten, und aus dem Groove ragen immer wieder bekannte Motive von Songs wie „Vitamin C“. Analoge Drums und Drum-Maschine spielen im Duett, und Damo Suzuki reichert die instrument­ale Textur mit Satzfragme­nten, Worten und Lauten an. Es brodelt, sie türmen wunderbare­n Lärm auf, und das Fasziniere­nde ist, dass sie kurz danach das beginnen sollten, was man ihre Ambient-Phase nennen könnte: die weiten Flächen von „Future Days“.

„Can Live In Paris 1973“kommt keine Sekunde zu früh. Das großartige Doppelalbu­m ist ein Grabstein für Damo Suzuki, ein Denkmal. Es ist auch eine Geisterbes­chwörung.

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