Rheinische Post - Xanten and Moers
Bundespolitik trifft Landwirtschaft
Mit einer Hofbesichtigung eröffnete die CDU Xanten den Europawahlkampf vor Ort. Dazu hatte sie den Bundestagsabgeordneten Paul Ziemiak eingeladen. Landwirte sprachen ihn auf strittige Themen an.
Es ist der letzte Abend im April, als es auf der Bislicher Insel um die große Politik geht. Paul Ziemiak, Bundestagsabgeordneter und Generalsekretär der CDU in NRW, besucht zusammen mit anderen Christdemokraten aus Xanten und dem Kreis Wesel den Milchviehbetrieb von Ludger Quernhorst. Auch andere Landwirte sind deshalb gekommen. Sie wollen den Gast aus Berlin und Düsseldorf auf Themen ansprechen, die sie umtreiben.
Die Hofbesichtigung ist vom Kreisverband Wesel und vom Stadtverband Xanten der CDU organisiert worden. Sie wollen damit vor Ort in den Europawahlkampf starten. Paul Ziemiak wird dazu einen „Impulsvortrag“halten. Darin soll es vor allem um den Einfluss der Europapolitik auf die Zukunft der Landwirtschaft gehen, wie die CDU angekündigt hat.
Es ist ein wichtiges Thema. Ludger Quernhorst treibt etwas anderes aber mindestens genauso sehr um: Mehr als drei Monate sind seit den Bauernprotesten gegen die Sparpläne der Bundesregierung vergangen. Der Landwirt aus Xanten war dabei. Er hat auch verfolgt, was die CDU im Januar und Februar zu den Plänen der Ampel-Koalition sagte. Sie habe ihre Zustimmung zum Wachstumschancengesetz von SPD, FDP und Grünen davon abhängig gemacht, ob Rot-Gelb-Grün vom geplanten Abbau der Agrardieselrückvergütung abrücke, erinnert sich Quernhorst. Aber dann habe die CDU dem Wachstumschancengesetz im März doch zugestimmt, ohne dass die Ampel ihre Kürzung zurückgenommen habe. Dafür hätte der Landwirt gern eine Erklärung des Bundespolitikers.
Aber zuerst hält Paul Ziamiak den Impulsvortrag. Er spannt einen großen Bogen, spricht über den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, über die Lebensbedingungen damals und heute, über Vertrauen in die Politik. Schnell erreicht er die Politik der Ampel-Koalition. Er kritisiert das Bürgergeld, spricht sich dafür aus, Menschen die Leistungen zu kürzen, die einen Job angeboten bekommen, ihn aber ablehnen. Paul Ziemiak spricht auch über Migration. Menschen, die nach Deutschland flüchteten, sollten „würdig“untergebracht werden. Aber das Land sei „am Limit“. Das Problem sei, dass diejenigen, die abgelehnt würden, nicht zurückgeschickt werden könnten, weil ihre Heimatländer nicht sicher seien. Die CDU wolle deshalb, dass jeder Mensch Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren habe – „aber nicht in Deutschland,
sondern auch in anderen Staaten“. Paul Ziemak wiederholt es noch einmal: Es gebe das Recht auf Schutz vor Krieg, Verfolgung und Folter. „Aber es gibt kein Grundrecht, dass jeder Mensch auf der Welt in Deutschland leben darf.“
Schließlich widmet sich Paul Ziemiak der Landwirtschaft. Er spricht davon, wie wichtig die Lebensmittelversorgung sei und dass Deutschland unabhängig von Exporten bleiben müsse – „das ist Daseinsvorsorge“. Er warnt: Wenn die Landwirtschaft
nicht zu vernünftigen Preisen in Deutschland produzieren könne, dann würden diese Lebensmittel woanders produziert, aber unter schlechteren Umwelt- und Arbeitsbedingungen. Dann wird Ziemiak grundsätzlich. „Die erste Pflicht des Staates ist es, Sicherheit zu gewährleisten, und zur Sicherheit gehört auch, die Menschen mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen und der Landwirtschaft eine Perspektive zu geben.“
Knapp 20 Minuten hat Paul Ziemiak
gesprochen. Über Europapolitik, aber vor allem über Bundespolitik. Auf den Agrardiesel ist er nicht eingegangen. Das macht jetzt Ludger Quernhorst. Der Landwirt erinnert daran, was die CDU im Februar gesagt hat und wie sie im März im Bundesrat abgestimmt hat. Es stimme aber nicht, dass seine Partei eingeknickt sei, entgegnet Paul Ziemiak. Ein kurzer Schlagabtausch entwickelt sich.
In drei Jahren erhielten die Landwirte keine Diesel-Rückerstattung
mehr, das habe die CDU nicht verhindert, erwidert Quernhorst. Seine Partei sei dagegen, sie habe im Bundestag dem schrittweisen Abbau auch nicht zugestimmt, antwortet Ziemiak. Aber im Bundesrat habe seine Partei „nichts bewegen“können, sie habe das Wachstumschancengesetz aber auch nicht blockieren wollen, weil es „wenigstens kleine Entlastungen für andere Branchen“bringe. Für die Landwirtschaft sei das „unbefriedigend“, stellt Quernhorst klar. Das verstehe er, sagt Ziemiak. Aber zurzeit habe die CDU nun einmal keine Mehrheit im Bundestag.
Dann geht es um andere Themen der Landwirtschaft. Um Flächenstilllelgungen, Pflanzenschutzmittel, um Vorgaben der EU, Konkurrenz aus Asien und den Handel, der Lebensmittel aus anderen Ländern anbietet anstatt aus der Region. Ziemiak hört zu, fragt nach. Eine Lösung hat er an diesem Abend nicht parat. Unbefriedigend fanden die Xantener Landwirte den Besuch aus Berlin und Düsseldorf aber nicht. Es sei wichtig, dass ein Politiker auch mal von den Menschen vor Ort höre, welche Probleme es gebe, sagt Ludger Quernhorst.