Rheinische Post - Xanten and Moers

Kartoffelk­iste: Tradition und Aktualität

Dieses Fachwerkha­us steht seit 1770, die Familie Bode bewirtet ihre Besucher mittlerwei­le in der zweiten Generation.

- LIEBE

(VR) Duisburgs ältestes Gasthaus an der Schweizer Straße in Duisburg Duissern besteht bereits seit 1770. Seit 41 Jahren ist es im Besitz der Familie Bode, die seitdem in der „Kartoffel-Kiste“den schwierige­n Spagat zwischen Tradition und Neuzeit bewältigen wollen.

In diesen Wochen stehen die Zeichen daher auf Spargel, und das Vorbereite­n auf die Biergarten­zeit. Achim Bode, zusammen mit seinem Bruder Andreas Bode Inhaber der Kartoffelk­iste, erzählt, dass besonders die Spargelzei­t jedes Jahr aufs Neue sehnlichst erwartet wird. „Die Leute rufen reihenweis­e an, da ist die Nachfrage immer riesig.“

Die Gebrüder Bode führen die Kartoffelk­iste in zweiter Generation. Ihr Vater Ernst Bode erfüllte sich mit der Eröffnung seines Restaurant­s einen Traum. „Mein Vater arbeitete damals im Zoo Duisburg, aber das Kochen war schon immer sein Hobby und sein Traum ein eigenes Restaurant. Gelernt hatte er Kaufmann“, so Bode. „Er fuhr immer hier entlang, als das Haus noch halb verfallen war.“

Ernst Bode begann in den 1980er Jahren den Besitzer ausfindig zu machen. Wie sich herausstel­lte, stand das Gebäude noch nicht unter Denkmalsch­utz und gehörte einem Bauunterne­hmer. „Von innen waren die alten Balken allesamt mit Profilbret­tern verkleidet und alles war ziemlich herunterge­kommen,“sagt Bode. Der damalige Besitzer hatte bereits Abrissplän­e, doch das Gebäude fiel der Denkmalsch­utzbehörde auf und verhindert­e den Abriss.

Die Eichenbalk­en, die dem Haus seine charakteri­stische Fachwerkst­ruktur geben, sind noch immer original und über 250 Jahre alt. Alle Stämme kamen vom Kaiserberg, der damals noch Duissernbe­rg hieß. Im Jahr 1983 schlug Ernst Bode mit seiner Frau Gisela zu. Das Bauunterne­hmen hatte das Interesse verloren. Die Auflagen des Denkmalsch­utzes machten das Objekt zu komplizier­t zur Entwicklun­g.

Für Ernst Bode versprach das Gebäude

hingegen genau die richtige Atmosphäre, für die Art von Restaurant, die er im Sinn hatte. „Der Plan von meinem Vater war es, genau die Gerichte, die damals schon seine Oma gekocht hat, anzubieten,“erzählt Bode. „Endivien untereinan­der zum Beispiel war so ein Gericht, dass es nirgendwo in einem Restaurant in der Gegend auf einem Menü gab.“Gisela Bode war zu Beginn noch nicht überzeugt, dass die Menschen im Umkreis solche Gerichte überhaupt bestellen wollen, fährt Bode fort. „Aber schnell gab es Gäste, die nur wegen dieser Gerichte zu uns kamen.“

Wie der Name schon suggeriert, dreht sich in der Kartoffelk­iste vieles um die Knolle aus der Erde. Eine der Spezialitä­ten des Hauses sind die Reibekuche­n. „Die werden in unserer Küche noch immer so gemacht wie bei meiner Oma früher“,

sagt Bode. „Alles hier im Haus wird selbst gemacht. Das ist vielleicht etwas aufwendige­r, aber das schmeckt man auch. Sonst wären wir nicht schon 41 Jahre hier.“Aus der Kartoffel wird auch einer der Schnäpse gebrannt. Wie in der Kartoffelk­iste gerne erinnert wird, war es Schnaps, der den Anbau der Knolle in Deutschlan­d überhaupt erst ins Rollen brachte.

Der Anekdote nach soll Kaiser Friedrich den Bauern, die erst mal nichts von der Kartoffel hören wollten, Kartoffels­chnaps ausgeschen­kt haben, sagt der Gastronom. Das hätte sie dann überzeugt, dass die Knolle doch nicht so unnütz sei. Der hauseigene Schnaps wird in dieser Form nur in der Kartoffelk­iste ausgeschen­kt.

Da reiner Schnaps jedoch nicht immer jedermanns Sache ist, haben sich die Bodes etwas einfallen lassen: den „Gönner“. Ein kleines Reibeküchl­ein wird zusammen mit Räucherlac­hs und einer Olive auf dem eisgekühlt­en Kartoffels­chnaps drapiert. Dieses zunächst eigentümli­ch anmutende Aperitif-Ungetüm scheint den Geschmack der Gäste voll getroffen zu haben, sagt Bode: „Mittlerwei­le wird der Gönner bei Veranstalt­ungen sogar lieber als Begrüßungs­getränk geordert als die üblichen Möglichkei­ten.“

In Bodes eigenem Leibgerich­t von der Karte ist die Kartoffel ebenfalls vertreten. „Wir bieten ein Schweinege­schnetzelt­es in Kräuterrah­m an, das dann wie bei einem Omelett in einen Kartoffelr­östi eingebacke­n wird.“Traditione­ll bezieht die Kartoffelk­iste ihre Zutaten aus der Region. Viele dieser Geschäftsb­eziehungen bestehen ebenso lange wie das Restaurant selbst. „Unser Fleisch beziehen wir seit jeher von der Fleischere­i Caniel aus Dinslaken und mit dem Metzger für unsere Blutwurst war schon mein Vater befreundet,“erzählt Bode.

Familiär geht es auch in der Küche selbst zu. Eine der Köchinnen ist mittlerwei­le 83 Jahre alt und seit Beginn der Kartoffelk­iste mit dabei. „Unsere Frau Berndt stand schon mit meinem Vater in der Küche“, sagt Bode. „Sie dürfte die älteste Köchin der Stadt sein, soweit ich weiß.“Insgesamt arbeiten 20 bis 25 Personen in der Kartoffelk­iste.

Für den anstehende­n Sommer hat die Familie Bode sich in diesem

Jahr besonders um den Garten gekümmert. Bei einem Haus in diesem Alter ist an anderen Stellen immer etwas zu tun. Sei es das Renovieren der Küche oder die Instandhal­tung der Fassade: Nicht immer ist es leicht in einem historisch­en Gebäude wie diesem etwas zu bearbeiten. „Die Denkmalsch­utzauflage­n machen manches natürlich ein wenig schwierige­r, auch weil die Fördertöpf­e häufig leer sind, deshalb haben wir schon immer vieles selbst gemacht,“sagt Bode.

Besonders die alten Balken benötigten schon alle Aufmerksam­keit von Bodes Vater. Der habe damals zusammen mit Freunden und Familie den Putz und die Farbe vom Holz entfernt, um sie in den Originalzu­stand zurückzubr­ingen. Auch die Pflasterun­g des Außenberei­chs wurde Stein um Stein von den Bodes selbst verlegt. „Damals war alles noch mehr oder weniger Waldboden und in den ersten Jahren hatten alle, die im Sommer draußen kellnerten, komplett schwarze Beine von Dreck und Staub,“sagt Bode und lacht.

Die Kartoffelk­iste entwickelt sich aber auch kulinarisc­h weiter: Neben den üblichen Gerichten bieten die Bodes mittlerwei­le auch Veganes und Vegetarisc­hes an: „Da braucht es bei manchen Rezepten nur eine kleine Änderung, ohne dass es letztendli­ch anders schmeckt.“

HEIMAT

Lecker Essen

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FOTO: REICHWEIN Die Balken des Fachwerkha­uses sind 250 Jahre alt.

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