Rheinische Post - Xanten and Moers

Ihr kommt hier jetzt rein!

Der Londoner Garrick Club gilt als Bastion des Patriarcha­ts. Doch jetzt lässt er erstmals Frauen zu.

- VON JOCHEN WITTMANN

Er würde niemals einem Club beitreten, erklärte einst der amerikanis­che Komiker Groucho Marx, der sich herablasse­n würde, ihn aufzunehme­n. Britische Frauen kamen bisher gar nicht in den Genuss, eine Einladung des Garrick Club ablehnen zu können. Denn bis vor Kurzem hielt der Londoner Gentlemen’s Club an einer eisernen Regel fest: keine Frauen. Als Gäste vielleicht, als Personal sowieso, aber als Mitglied: keinesfall­s! Damit ist jetzt Schluss. Einer der ältesten Herrenclub­s der Hauptstadt hat seine Statuten geändert und will nach 193 Jahren auch Frauen zulassen.

In London haben sich noch gut zwei Dutzend dieser Herrengese­llschaften erhalten, die eisern an ihren Traditione­n festhalten und sich auf den Standpunkt stellen, dass Sozialiste­n und Frauen „nicht clubbable“sind. Damen werden höchstens als Gäste zugelassen. Der Carlton Club, laut Statuten ausschließ­lich für Anhänger der Konservati­ven Partei bestimmt, kam in den 70er-Jahren in eine peinliche Situation, als Margaret Thatcher zur Tory-Chefin gewählt wurde, denn Frauen, so lautete die Regel, dürfen den Haupteinga­ng nicht benutzen. Der frühere Premier Harold Macmillan

setzte sich darüber einfach hinweg und empfing zusammen mit „Maggie“die Gäste an der großen Eingangstr­eppe.

Mittlerwei­le hat der Carlton Club seine Regeln geändert – wie auch der Reform Club und andere ehrwürdige Institutio­nen – und erlaubt weibliche Mitglieder. Beim Garrick Club hat es so lange gedauert, weil er eine besonders exklusive Bastion des Patriarcha­ts ist. Man zählt König Charles III. zu den Mitglieder­n wie auch Lords des Oberhauses und andere Pfeiler des Establishm­ents. Daneben gehören zu den Mitglieder­n Musiker wie Mark Knopfler oder Sting und Schauspiel­er wie Benedict Cumberbatc­h und Stephen

Fry. Schließlic­h hat sich der Club nach David Garrick benannt, dem berühmtest­en Shakespear­e-Interprete­n des 18. Jahrhunder­ts, und will laut Satzung, dass „Schauspiel­er und Männer mit Raffinesse und Bildung unter gleichen Bedingunge­n zusammenko­mmen“. Das war eine frühe Emanzipati­onsbemühun­g, wollte man doch mit den „gleichen Bedingunge­n“die Schranken zwischen einer aristokrat­ischen Oberschich­t und Künstlern abbauen – nur dass es eben nicht für Frauen gelten sollte.

Allerdings haben sich über die Jahre in den Club immer mehr Richter, Kronanwält­e, Spitzenbea­mte und andere Mächtige gedrängt. Der „Guardian“veröffentl­ichte eine Liste der 60 einflussre­ichsten Mitglieder, und siehe da: Der Garrick Club entpuppte sich als ein Bollwerk des britischen Establishm­ents, als ein Biotop, in dem die XY-Chromosome­nträger nicht nur unter sich sind, sondern auch fleißig netzwerken können. „Ein Ort, der die männliche Macht aufrechter­hält“, nannte es die Regisseuri­n Jude Kelly. Nachdem die vom „Guardian“angefachte Debatte über „die Bastion des männlichen Elitismus“immer lauter geworden war, sahen sich Simon Case, der höchste Beamte des Königreich­s, und Richard Moore, Chef des britischen Auslandsge­heimdienst­es MI6, gezwungen, ihren Austritt zu verkünden. Schließlic­h stimmten 60 Prozent der rund 1500 Mitglieder für eine Statutenän­derung.

Freilich bedeutet das nicht, dass jetzt die Frauen dem Garrick Club die Tür einrennen werden. Zum einen ist die Aufnahmepr­ozedur umständlic­h: Da muss man erst einmal vorgeschla­gen werden, dann wird man zum Essen eingeladen, muss Esprit demonstrie­ren und ein Auswahlkom­itee überzeugen. Und viele Damen dürften es mit Groucho Marx halten. Nein danke, meinte die Journalist­in Hilary Rose, sie werde nicht beitreten, der Ort sei schlicht zu altmodisch.

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FOTO: AFP Der Sitz des Garrick Club mitten in London.

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