Rheinische Post - Xanten and Moers
Kamp-Lintforts Kult-Kneipen
„Fledermaus“, „Rosa Zeiten“oder Café Malaria – die Kneipen-Szene der Stadt war in den 1970er bis 1990er Jahren höchst lebendig. Armin Wagner und Frank Reinert erinnern sich an Kamp-Lintforts Kult-Kneipen.
KAMP-LINTFORT In der Freistunde schnell rüber vom Gymnasium ins Café Malaria. Schlangestehen vorm Bierbrunnen an der Moerser Straße oder bis fünf Uhr morgens in den „Rosa Zeiten“durchfeiern: In den 1970er bis 1990er Jahren gab es in Kamp-Lintfort zig Kneipen. Manche haben, obwohl längst geschlossen, noch heute Kult-Status. „Diese Zeiten kommen nie mehr wieder. Damals musste man noch ausgehen, wenn man seine Kumpel treffen wollten“, sagt Armin Wagner. „Es gab ja nur drei Fernsehprogramme, und die Telefone hatten noch Wählscheiben mit einem Schloss drauf, damit die Kinder nicht so viel telefonierten.“Der Kamp-Lintforter Gastronom hat diese Zeiten miterlebt – als Besucher, Kellner und Gastwirt. Und hat viele Geschichten zu erzählen.
Über den Bierbrunnen zum Beispiel, der ab 1972 an der Moerser Straße die Gäste lockte. „Es handelte sich um einen Empfangsraum des angrenzenden Hotels Garni, der zur Kneipe umgebaut worden war“, erzählt Armin Wagner. Aus einer Musikbox erklang vor allem Schlager aus Deutschland. „Bis der Wirt irgendwann mal für zwei Wochen in Spanien Urlaub machte und zwei Freunde sich in dieser Zeit um die Kneipe kümmerten. Sie brachten ihre Schall- plattenspieler und LP mit.“Danach, erinnert sich Armin Wagner, sei der Bierbrunnen beliebtes Ziel aller Freunde der Rockmusik gewesen. „Der Laden hat so richtig gebrummt. Es waren jeden Abend um die 50 bis 80 Leute da. Manchmal war es so voll, dass Gäste erst wieder eingelassen wurden, wenn andere gegangen sind.“Später habe der damalige Wirt den „Bierbrunnen“an anderer Stelle wieder eröffnet.
Kultstatus habe auch die „Fledermaus“gehabt. Sie lag ebenfalls an der Moerser Straße, aber in der Fußgängerzone. „Dort war vorher die Hansa-Stube“, erinnert sich Armin Wagner, der in der Kneipe gekellnert hat. „Wenn abends die Geschäfte um 18.30 Uhr schlossen, ging es dort erst so richtig los. Manchmal standen dort bis zu 120 Leute an der Theke. Das Musikprogramm sei breit gefächert gewesen. Dort sei alles zwischen Salsa und Jazz gespielt worden.“Woher die Fledermaus ihren Namen hatte? „Das wissen viele heute noch nicht: Im Stuck über dem Eingang war eine Fledermaus eingemeißelt“, erzählt
Wagner, der heute mit „Yummy’s Event Service“an der Ringstraße der Gastronomie treu geblieben ist.
Anfang der 1980er Jahre führte er als Gastwirt das Café Malaria, das besonders gerne von Schülern des benachbarten Gymnasiums besucht wurde. „Wir kamen in den Pausen oder in den Freistunden rüber und haben Billard oder Schach gespielt“, erinnert sich Musiker und Fotograf Frank Reinert an die Schulzeit im Kamper Dreieck. „Und manchmal wurden aus einer Freistunde auch mal zwei oder drei.“Damals spielte er mit seinen Bands „42nd Street“und „Linn“im Café Malaria. „Leider war das Gebäude schlecht isoliert“, erzählt Armin Wagner augenzwinkernd, den viele unter seinem Spitznamen Yummy kennen. Heute befindet sich dort ein Wohnhaus. „Damals war die Band-Kultur am ganzen Niederrhein lebendig. Man konnte jedes Wochenende andere Bands hören“, erzählt Christian Büttner, der zum Vorstandsteam des Vereins Kultur-Camp gehört und die Jugend auch in Kamp-Lintfort verbrachte.
Aufs Café Malaria folgten für Armin Wagner später die „Rosa Zeiten“. „Der Name war einer Reklame der Deutschen Bahn entliehen“, erzählt er schmunzelnd. Die Kneipe lag am Hotel zur Post und war gerade mal 50 Quadratmeter groß. „Die Kneipe war immer brechend voll. Wir hatten viele Stammgäste.“