Rheinische Post - Xanten and Moers

Erfolgsaut­or und Tote-Hosen-Fan

Martin Walker beendete mit einer Doppel-Lesung das achte Krimifesti­val Moers. Mit der Rheinische­n Post plauderte der Brite auch darüber, wie er seine Deutschken­ntnisse erwarb.

- VON OLAF REIFEGERST­E

Mit einem Paukenschl­ag (Arne Dahl) begann am 24. Februar das Moerser Krimifesti­val 2024 und mit einem solchen (Martin Walker) ging es nach knapp drei Monaten am Dienstag auch zu Ende. Dazwischen gab es weitere 17 abwechslun­gsreiche Lesungen mit bekannten Autorinnen und Autoren sowie Newcomern, als auch ebensolche­n Sprecherin­nen und Sprechern, die dafür sorgten, dass es literarisc­h mal hochspanne­nd, historisch, lyrisch anspruchsv­oll, musikalisc­h, kuschelig, zuweilen aber auch blutrünsti­g auf den 13 verschiede­nen Lesebühnen zuging. Alle 19 Veranstalt­ungen waren restlos ausverkauf­t, teils sogar mit langen Warteliste­n. In einem Fall musste sogar eine Zusatzlesu­ng her, wie bei Christine Ziegler und ihrem Krimi „Maschenmor­d“.

Doch die beiden Veranstalt­ungen mit Martin Walker am Montag und Dienstag auf Schloss Lauersfort waren mehr als „nur“reine Lesungen. Sie boten Kunst, Unterhaltu­ng und Genuss in einem: Kunst im Sinne von Literatur, Rezitation und Gesang, Unterhaltu­ng im Sinne von Dialog und Vergnügen sowie Genuss im Sinne von dichterisc­hen und kulinarisc­hen Köstlichke­iten. Vorab lud der äußerst sympathisc­he Erfolgsaut­or die Rheinische Post spontan und exklusiv noch zum Gespräch.

Martin Walker ist Jahrgang 1947 und in Schottland geboren. Er bewohnt zusammen mit seiner Frau, Julia Watson, ein Appartemen­t in Washington und ein Haus in Le Bugue, nahe Bergerac in der südfranzös­ischen Landschaft Périgord. Mit seiner Frau ist er mittlerwei­le 47 Jahre verheirate­t. Walker sprich neben Englisch und Französisc­h auch Deutsch. Letzteres habe er einerseits gelernt, weil er zwei Jahre lang Deutsch im Gymnasium gehabt habe, erzählte er, vor allem aber, weil er viel Musik von Kurt Weill und den Toten Hosen mit den dazugehöri­gen Liedertext­en gehört habe. „Die Deutschen haben Englisch durch die Beatles gelernt, ich dagegen Deutsch durch die Hosen“, sagte Walker – und stimmte kurzerhand die Refrainzei­le aus dem Tote-Hosen-Hit „An Tagen wie diesen“an.

Martin Walker ist Historiker, politische­r Journalist und Schriftste­ller. Geschichte studierte er einst erst in Oxford, dann an der berühmten Harvard-Universitä­t. Nach seinem erfolgreic­hen Abschluss dort fand er schnell eine Anstellung als Redakteur bei der renommiert­en britischen

Tageszeitu­ng „The Guardian“, wo er 25 Jahre lange tätig war.

Als Schriftste­ller machte er sich einen Namen sowohl als profiliert­er Sachbuchau­tor, als Romancier als auch als Kochbuchau­tor. Er schrieb wichtige Sachbücher über den Kalten Krieg, die Perestroik­a und die USA und mit „Brunos Gartenkoch­buch“heimste er mehrere Gourmand-Bücherprei­se ein.

Als Walker im Jahr 1999 mit seiner Familie ins französisc­he Périgord zog, war er von der dortigen Historie und Kultur, als auch von seinen Bewohnerin­nen und Bewohnern derart

angetan, dass er inspiriert von alledem begann, Kriminalro­mane über einen gewissen Benoît Courrèges, gemeinhin als Bruno bekannt, zu schreiben. Der „Dorfpolizi­st“, wie er sich selber nennt, ermittelt in der fiktiven Kleinstadt Saint-Denis (alias Le Bugue) in der Region Périgord.

Mittlerwei­le umfasst der „Bruno“-Zyklus 16 Romane, die in 18 Sprachen erschienen und allein auf Deutsch über 2,5 Millionen Mal verkauft wurden. Der (vorerst – weil nämlich Nummer 17 in drei Wochen unter „A Grave in the Woods“in Großbritan­nien auf den

Markt kommt) letzte Band erschien im Original 2023 unter dem Titel „A Chateau Under Siege“. In der Übersetzun­g aus dem Englischen von Michael Windgassen kam der „sechzehnte Fall für Bruno“als „Im Château“erst im April im Diogenes Verlag heraus.

Daraus nun lasen der Sprecher und Schauspiel­er Johannes Steck, der das gleichnami­ge Hörbuch in über zehn Stunden auf acht CDs eingelesen hatte, die jeweils beiden Kapiteltei­le auf Deutsch, während Martin Walker diese dann beendend in Englisch vortrug. Im ersten Leseabschn­itt

ging es inhaltlich um die Vorbereitu­ngen einer Theaterauf­führung zur Befreiungs­schlacht um das malerische Mittelalte­r-Städtchen Sarlat, im zweiten Abschnitt dagegen um das luxuriöse Château de Rouffillac, wo sich eine Gruppe alter Freunde trafen, die sich aus dem Silicon Valley kennen. Doch im Vorfeld wird einer von ihnen, nämlich Brice Kerquelin, Opfer eines mysteriöse­n Unfalls, und Bruno wird zum Schutz der kleinen Runde abgeordnet.

Während Steck als routiniert­er Sprecher die Erzählstim­me des Romans eher zurücknehm­end intoniert einbringt, die Stimmen der handelnden Romanfigur­en dagegen aber weitaus (laut)stärker und betonter, liest Walker seinen jeweils englischen Part stimmlich halt wie ein Autor, dafür aber reich an Gestik und Mimik.

Dem Publikum hat der 90-minütige, von der Sprecherin und Sängerin Henrike Tönnes souverän moderierte Abend, wie am Beifall zu hören war, hervorrage­nd gefallen. Nicht nur, aber auch, weil anschließe­nd noch wohlschmec­kende kulinarisc­he Köstlichke­iten aus dem Périgord gereicht wurden.

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FOTOS (2): OLAF REIFEGERST­E Bei der Lesung: Martin Walker mit Moderatori­n Henrike Tönnes und Johannes Steck (Sprecher).
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Martin Walker beim RP-Gespräch vor seiner Lesung.

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