Rheinische Post - Xanten and Moers
Mit wem telefonierte Oktay K.?
Die Auswertung des Handys des Angeklagten Oktay K. von den Hells Angels liegt vor. Hat der Rocker damit wirklich Zeugen gedroht?
„Ich wurde nicht fallengelassen. Meine Brüder sorgen sich um mich“, hat Oktay K. in einem Video gesagt, das im April auf Instagram geteilt wurde. Das Mitglied der Rockergruppe Hells Angels nahm es in einer Gefängniszelle in der JVA Willich auf – während seiner Untersuchungshaft.
Der 39-Jährige muss sich wegen der Schießerei am Hamborner Altmarkt im Mai 2022 verantworten. Dort trafen sowohl die Rocker als auch Mitglieder einer Großfamilie aufeinander, einige von den 100 Anwesenden schossen. K. und der andere Angeklagte, Kamil D., sollen zusammen 16 Schüsse abgegeben haben, vier Menschen wurden dabei verletzt.
Am 19. April wurde die Zelle des Angeklagten außerplanmäßig kontrolliert, dabei stellten die Beamten das iPhone sicher, mit dem K. das Video angefertigt haben soll. Mit etwas Überzeugungsarbeit gab der Angeklagte im Verlauf des Prozesses die Pin des Smartphones heraus.
Wie bei jedem Handy habe man auch hier eine „Unmenge an Daten“aufgefunden, sagt ein Polizist am Donnerstag im Zeugenstand, der dem Gericht die Auswertung des Smartphones offenlegt. Nur zwei Tage sollen sie insgesamt für die Auswertung Zeit gehabt haben, daher sei auch die Analyse nicht vollständig. Zumindest konzentriere sie sich nur auf die wichtigsten Kontakte.
Seit Anfang April habe man eine vermehrte Datennutzung mit dem Handy festgestellt, davor so gut wie gar nicht. K. wurde bereits im Juni 2023 inhaftiert. Das Handy habe er also auf einmal ungewöhnlich viel und oft benutzt. „Regelmäßig und üppig“, so sagt der Polizist. Besonders häufig habe K. mit seiner Freundin telefoniert und gechattet, außerdem konnten mehrere Kontakte weiteren Mitgliedern der Hells Angels zugeordnet werden. Von der Gruppe hatte er zudem Hunderte Bilder auf dem Gerät gespeichert, die womöglich aus der
Zeit vor der Inhaftierung stammen. Auch mit einem seiner Verteidiger soll er in der Zeit telefoniert und SMS verschickt haben.
Dass K. mit mehreren Kontakten kommuniziert hat, soll laut Auswertung klar sein, auch wann Nachrichten verschickt wurden, zeigt das Protokoll an. Was aber die Inhalte der Nachrichten gewesen sein sollen, lasse sich nicht mehr nachvollziehen, sagt der Beamte. Sämtliche Nachrichten wurden gelöscht.
Zuvor bestand die Sorge, K. hätte aus dem Gefängnis heraus mit dem Handy Zeugen drohen, ihnen zumindest Angst machen können, damit sie ihre Aussage verweigern. Die jedoch sehr knappe Auswertung der Polizei kann das nicht bestätigen. Zudem zeigten sich einige Widersprüche in dem Polizeibericht, der sämtliche Spuren vom Tattag am Hamborner Altmarkt analysierte und diese zusammenfasste.
Oktay K. und Kamil D. sind beide wegen versuchten Mordes und Körperverletzung angeklagt.