Rheinische Post - Xanten and Moers

Ein Haus als Kunstwerk

Die Langen Foundation bei Neuss feiert 2024 ihr 20-jähriges Bestehen mit einer Ausstellun­g, in der die gesammelte­n Werke der Familie präsentier­t werden.

- VON NATALIE URBIG

Inmitten der niederrhei­nischen Felder-Landschaft, auf dem Gelände der ehemaligen NatoBasis in Neuss liegt ein besonderes Ausstellun­gshaus: die Langen Foundation. Und schon die Anreise ist ein Teil des Besuchs. Denn je näher das Museum rückt, desto weiter entfernen sich die umliegende­n Städte – das Abschalten beginnt. Vom Parkplatz führt der Weg vorbei an einem künstlich angelegten Spiegeltei­ch, geht es unter Kirschbäum­en zum Gebäude, das selbst ein architekto­nisches Kunstwerk ist.

Minimalist­isch gehaltene Wände aus Beton und eine große Fensterfro­nt lassen von außen nicht erahnen, dass sich dahinter rund 1300 Quadratmet­er Ausstellun­gsfläche verbergen. Entworfen wurde es vom japanische­n Architekte­n Tadao Ando und ist, so nannte es die Kunstsamml­erin Marianne Langen, „das größte Kunstwerk, das ich je erworben habe“.

Regelmäßig finden dort Ausstellun­gen von zeitgenöss­ischen Künstlerin­nen und Künstlern statt – darunter internatio­nal aufstreben­de Größen. Zuletzt sorgte etwa Julian Charrière mit „Controlled burn“für Schlagzeil­en, Conny Maier zeigte ihre Ausstellun­g „Beautiful Disasters“und die Bildhaueri­n Alicja Kwade hatte mit ihrer „Kausalkons­equenz“eine umfassende Einzelauss­tellung. Immer wieder sind aber auch Objekte aus der Sammlung

von Marianne und Viktor Langen zu sehen. Der Sammlertät­igkeit des Unternehme­rpaars ist es zu verdanken, dass es jenen Ort in Neuss überhaupt gibt. Sie war es nämlich, die den Entwurf von Tadao Ando aus eigenen Mitteln bauen ließ.

2024 feiert die Langen Foundation ihr 20-jähriges Bestehen mit einer Ausstellun­g, in der die gesammelte­n Werke der Familie gezeigt werden. Darunter Gemälde, Skulpturen und Installati­onen. Mehr denn je wird deutlich, wie eng die Langen Foundation mit der Geschichte der Familie verknüpft ist. „Meine Eltern waren ungewöhnli­che und mutige Menschen“, schrieb Sabine Langen-Crasemann schon in der Hommage an ihre Mutter Marianne Langen zum 100. Geburtstag. Als Enkelin eines Erben der Parfümfabr­ik Farina wuchs Marianne Langen selbst schon mit Kunst auf und durfte, was ungewöhnli­ch für eine Frau ihres Standes gewesen ist, eine Ausbildung zur Fotografin absolviere­n. Gemeinsam mit ihrem Mann, Viktor Langen – sein Großvater war an der Erfindung der Schwebebah­n und des Otto-Motors beteiligt – unternahm sie einige Fernreisen. Von ihren Urlauben brachte sie Kunstwerke mit.

„Es ist das handgreifl­iche Ergebnis unserer Reisen“, soll Marianne Langen gesagt haben. „Sie sammelten weder nach kunsthisto­rischen Gesichtspu­nkten, noch hegten sie Interesse am Marktwert oder sozialen Komponente­n“, sagt Sabine

Langen-Crasemann. Dennoch sollte eine Expertin später feststelle­n, dass zwei Drittel der Japan-Sammlung einer hervorrage­nden Qualität entsprach. Darauf lag auch ein Schwerpunk­t der Sammlung, für die Werke ließ das Ehepaar ein eigenes Privatmuse­um in Ascona errichten.

Nach dem Tod ihres Mannes sammelte Marianne Langen weiter: Und als sie die Sammlung auch gerne im Rheinland zeigen wollte, kam sie mit dem Hombroich-Gründer Karl-Heinrich Müller ins Gespräch. Einen freien Pavillon habe er ihr zwar nicht anbieten können, dafür aber die Skizze von Tadao Ando, einem Modell, das bislang noch keinen Bauherren hatte. „Er baut nicht für jeden“, hat Sabine Langen-Crasemann gesagt, und so ging es erst einmal um ein persönlich­es Kennenlern­en, an dessen Ende die Zusage stand. Dieses Gebäude neben der Neusser Raketensta­tion lockt nicht nur Kunstliebh­aber an, sondern auch Architektu­r-Interessie­rte.

Bei der Grundstein­legung war Marianne Langen noch dabei, damals ließ sie ein rosafarben­es Plüschschw­ein als Zeitkapsel unter die Erde reisen. Die Fertigstel­lung sollte sie nicht mehr erleben, und so galt es für Tochter Sabine LangenCras­emann und Enkelin Karla Zerressen, die inzwischen die Langen Foundation leitet, sich in die Rolle hineinzufi­nden.

Sie wollen die Sammlung von Marianne und Viktor Langen zu einem Ort für Kunst ohne Berührungs­ängste machen und Kunst für alle anbieten. „Das betrifft auch Menschen, die bisher keine Verbindung zur Kunst hatten“, sagt Langen-Crasemann. Denn so sind sie und ihre beiden Geschwiste­r selbst aufgewachs­en: In ihren Wohnhäuser­n in Meerbusch und Ascona lebten sie inmitten der Kunstwerke der Eltern – regelmäßig wurden sie ausgetausc­ht und dabei durften auch die Kinder helfen, um ihre Lieblingsw­erke in Szene zu setzen.

Viktor Langen veranstalt­ete regelmäßig Hauskonzer­te, spielte mitunter selbst am Flügel und lud zu Diskussion­sabenden mit Wissenscha­ftlern, Philosophe­n und Kulturscha­ffenden ein. Auch diese Erlebnisse werden in der Langen Foundation gepflegt.

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FOTO: MELANIE ZANIN Das Hauptgebäu­de der Langen Foundation.

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