Rheinische Post - Xanten and Moers
Ein Haus als Kunstwerk
Die Langen Foundation bei Neuss feiert 2024 ihr 20-jähriges Bestehen mit einer Ausstellung, in der die gesammelten Werke der Familie präsentiert werden.
Inmitten der niederrheinischen Felder-Landschaft, auf dem Gelände der ehemaligen NatoBasis in Neuss liegt ein besonderes Ausstellungshaus: die Langen Foundation. Und schon die Anreise ist ein Teil des Besuchs. Denn je näher das Museum rückt, desto weiter entfernen sich die umliegenden Städte – das Abschalten beginnt. Vom Parkplatz führt der Weg vorbei an einem künstlich angelegten Spiegelteich, geht es unter Kirschbäumen zum Gebäude, das selbst ein architektonisches Kunstwerk ist.
Minimalistisch gehaltene Wände aus Beton und eine große Fensterfront lassen von außen nicht erahnen, dass sich dahinter rund 1300 Quadratmeter Ausstellungsfläche verbergen. Entworfen wurde es vom japanischen Architekten Tadao Ando und ist, so nannte es die Kunstsammlerin Marianne Langen, „das größte Kunstwerk, das ich je erworben habe“.
Regelmäßig finden dort Ausstellungen von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern statt – darunter international aufstrebende Größen. Zuletzt sorgte etwa Julian Charrière mit „Controlled burn“für Schlagzeilen, Conny Maier zeigte ihre Ausstellung „Beautiful Disasters“und die Bildhauerin Alicja Kwade hatte mit ihrer „Kausalkonsequenz“eine umfassende Einzelausstellung. Immer wieder sind aber auch Objekte aus der Sammlung
von Marianne und Viktor Langen zu sehen. Der Sammlertätigkeit des Unternehmerpaars ist es zu verdanken, dass es jenen Ort in Neuss überhaupt gibt. Sie war es nämlich, die den Entwurf von Tadao Ando aus eigenen Mitteln bauen ließ.
2024 feiert die Langen Foundation ihr 20-jähriges Bestehen mit einer Ausstellung, in der die gesammelten Werke der Familie gezeigt werden. Darunter Gemälde, Skulpturen und Installationen. Mehr denn je wird deutlich, wie eng die Langen Foundation mit der Geschichte der Familie verknüpft ist. „Meine Eltern waren ungewöhnliche und mutige Menschen“, schrieb Sabine Langen-Crasemann schon in der Hommage an ihre Mutter Marianne Langen zum 100. Geburtstag. Als Enkelin eines Erben der Parfümfabrik Farina wuchs Marianne Langen selbst schon mit Kunst auf und durfte, was ungewöhnlich für eine Frau ihres Standes gewesen ist, eine Ausbildung zur Fotografin absolvieren. Gemeinsam mit ihrem Mann, Viktor Langen – sein Großvater war an der Erfindung der Schwebebahn und des Otto-Motors beteiligt – unternahm sie einige Fernreisen. Von ihren Urlauben brachte sie Kunstwerke mit.
„Es ist das handgreifliche Ergebnis unserer Reisen“, soll Marianne Langen gesagt haben. „Sie sammelten weder nach kunsthistorischen Gesichtspunkten, noch hegten sie Interesse am Marktwert oder sozialen Komponenten“, sagt Sabine
Langen-Crasemann. Dennoch sollte eine Expertin später feststellen, dass zwei Drittel der Japan-Sammlung einer hervorragenden Qualität entsprach. Darauf lag auch ein Schwerpunkt der Sammlung, für die Werke ließ das Ehepaar ein eigenes Privatmuseum in Ascona errichten.
Nach dem Tod ihres Mannes sammelte Marianne Langen weiter: Und als sie die Sammlung auch gerne im Rheinland zeigen wollte, kam sie mit dem Hombroich-Gründer Karl-Heinrich Müller ins Gespräch. Einen freien Pavillon habe er ihr zwar nicht anbieten können, dafür aber die Skizze von Tadao Ando, einem Modell, das bislang noch keinen Bauherren hatte. „Er baut nicht für jeden“, hat Sabine Langen-Crasemann gesagt, und so ging es erst einmal um ein persönliches Kennenlernen, an dessen Ende die Zusage stand. Dieses Gebäude neben der Neusser Raketenstation lockt nicht nur Kunstliebhaber an, sondern auch Architektur-Interessierte.
Bei der Grundsteinlegung war Marianne Langen noch dabei, damals ließ sie ein rosafarbenes Plüschschwein als Zeitkapsel unter die Erde reisen. Die Fertigstellung sollte sie nicht mehr erleben, und so galt es für Tochter Sabine LangenCrasemann und Enkelin Karla Zerressen, die inzwischen die Langen Foundation leitet, sich in die Rolle hineinzufinden.
Sie wollen die Sammlung von Marianne und Viktor Langen zu einem Ort für Kunst ohne Berührungsängste machen und Kunst für alle anbieten. „Das betrifft auch Menschen, die bisher keine Verbindung zur Kunst hatten“, sagt Langen-Crasemann. Denn so sind sie und ihre beiden Geschwister selbst aufgewachsen: In ihren Wohnhäusern in Meerbusch und Ascona lebten sie inmitten der Kunstwerke der Eltern – regelmäßig wurden sie ausgetauscht und dabei durften auch die Kinder helfen, um ihre Lieblingswerke in Szene zu setzen.
Viktor Langen veranstaltete regelmäßig Hauskonzerte, spielte mitunter selbst am Flügel und lud zu Diskussionsabenden mit Wissenschaftlern, Philosophen und Kulturschaffenden ein. Auch diese Erlebnisse werden in der Langen Foundation gepflegt.