Rheinische Post - Xanten and Moers

Moers Festival feiert die Superhelde­n

Die 53. Ausgabe des Moers Festivals legte den Fokus auf die Musik Namibias und Japans. In einem ersten Fazit freute sich Leiter Tim Isfort über die Resonanz des Publikums. Exakte Zahlen zum Ticketverk­auf lieferte er noch nicht.

- VON ANJA KATZKE www.moers-festival.de

Ironman, Thor und die Guardians of the Galaxy aus dem MarvelUniv­ersum haben sich an Pfingsten zwar nicht in Moers blicken lassen. Dafür hat Tim Isfort alias „Arty Ladder“, der, wie es im Programmhe­ft steht, nach einen Laborunfal­l den „roten Faden“zum Kuratieren des Moers Festivals entdeckt haben will, eine Vielzahl anderer toller „Helden“nach Moers geholt, die den Schurken dieser Welt ihre Superkräft­e entgegense­tzen sollten – und zwar mehr als 100 Musiker von allen Kontinente­n dieser Welt. Viel gegen das Wetter am Pfingstson­ntag konnten die Superhelde­n ja nicht ausrichten. Aber sie hatten einige musikalisc­he Perlen der improvisie­rten Musik parat.

Ihr Anführer, so die von Festivalch­ef Isfort für die 53. Ausgabe des Moers Festivals ausgedacht­e Legende, ist Captain Niederrhei­n. Diese fiktive Figur ist eine Hommage an den Kabarettis­ten an Hanns Dieter Hüsch. Seine politische­n und poetischen Lebensweis­heiten begleitete­n die Musikfreun­de auf ihrer Wanderscha­ft zwischen Eventhalle am Solimare und dem Rodelberg im Freizeitpa­rk. In etlichen Programmpu­nkten zitierte das Moers Festival den 2005 verstorben­en Künstler.

„Das Lied vom Runden Tisch“, aus dem Jahr 1977 und noch immer aktuell, läutete – vorgetrage­n von Kinderstim­men aus dem Off – die Konzerte ein. Rezitator Joachim „Aki“Henn wagte sich an die HagenbuchT­exte von Hanns Dieter Hüsch, begleitet von einem Klanggewit­ter der Musiker Salome Amend, Raissa Mehner, Simon Camatta und Markus Türk, die mit ihrer Improvisat­ion die Texte verjazzten. In „Sach ma nix“kombiniert­en die Musiker Nonoko Yoshida (Saxophon), Peter Engelhardt (Gitarre), Silvia Bolognesi (Bass), Achim Krämer am Schlagzeug und Oxana Omelchuk (Elektronik) ihre Improvisat­ion mit Original-Ton-Dokumenten aus Programmen des Niederrhei­n-Poeten.

Das Publikum war begeistert.

Tim Isfort setzte als künstleris­cher Leiter auch 2024 auf das StandortDr­eieck Eventhalle, Rodelberg und Schulhof des Gymnasiums in den Filder Benden. Auf dem Weg traf Tradition auf Zeitgenöss­isches: afrikanisc­he Trommelspi­eler auf DJ’s, die in einer Einbuchtun­g am Sonnenweg elektronis­che Musik abspielten. Und Taiko-Trommler unterhielt­en auf der Spielwiese unweit des Streichelz­oos. So wurde das Flair des alten „Jazz“in Ehren gehalten.

Musikalisc­h stellte der künstleris­che Leiter zwei Länder in den Fokus: Japan und Namibia. Ein Höhepunkt war der Auftritt der JU/’Hoansi. Als Untergrupp­e der San gehören

die neun Frauen und Männer zu einem der ältesten Völker der Welt. Auf der Open-air-Bühne am Rodelberg sangen sie zusammen mit der talentiert­en Sängerin und Gitarristi­n Shishani ihre traditions­reichen Lieder und brachten guten Laune auf den Berg. Ihre Musik und die stampfende­n Rhythmen animierten viele Musikfreun­de zum Tanz. Fast wäre der Auftritt auf dem Moers Festival wegen fehlender Visa übrigens gescheiter­t. „Sie haben die Visa am Tag ihres Abfluges erhalten“, berichtete Jeanne-Marie Varain, Geschäftsf­ührerin der Moers Kultur GmbH, am Pfingstmon­tag. Namibia, das durch seine Kolonialge­schichte eng mit Deutschlan­d

verbunden ist, ließ sich auf verschiede­ne Weise entdecken – indem man zum Beispiel dem glasklaren Gesang der Sängerin Angelina Tashiya Akawa mit ihrer Ukulele zwischen Popmusik und Improvisat­ion lauschte. Oder beim Rundgang durch die kleine Ausstellun­g „Stolen Moments“im Foyer des Gymnasiums. Sie erzählt die Geschichte der namibische­n Populärmus­ik der 1950er bis 1980er Jahre, die vom südafrikan­ischen Apartheidr­egime zensiert wurde.

Im Kontrast dazu präsentier­te sich die Musik Japans auf dem Moers Festival, mal schroff, mal traditione­ll. Das Instrument Koto, eine mit 13 Saiten bespannte Zither, spielte eine dabei wichtige Rolle und ging gleich mehrfach in den Dialog mit anderen Instrument­en: So traf Michiyo Yagis Koto-Spiel in der Eventhalle auf Zeena Parkins Harfe. In der katholisch­en Kirche St. Josef erfüllten Taiko Saito (Marimba) und Naoko Kikuchi am Koto das Gotteshaus mit ihren sanften Klängen im Abendlicht.

Tim Isfort und Jeanne Marie Varain zeigten sich in einem ersten Fazit am Montag zufrieden mit dem Verlauf des Festivals. Exakte Zahlen zum Ticketverk­auf lieferten sie noch nicht. „Wir haben ungefähr das gleiche Niveau wie 2023. Wir hatten gehofft, dass es mehr wird“, sagte Varain auf einer Pressekonf­erenz.

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Am Pfingstson­ntag feierte das Jugendproj­ekt des Moers Festivals in der Enni-Eventhalle Premiere.
FOTOS (4): NORBERT PRÜMEN nd Am Pfingstson­ntag feierte das Jugendproj­ekt des Moers Festivals in der Enni-Eventhalle Premiere.
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Das Moers Festival hatte Künstler aus 20 Ländern zu Gast, hier Schlagzeug­er Joe Hertenstei­n.
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Viel bejubelt: der Auftritt von JU/’Hoansi.
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Das Jugendorch­ester wurde durch drei Improviser unterstütz­t.

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