Rheinische Post - Xanten and Moers

Ohne Noten, aber mit viel Gefühl

Die 17-jährige Laura Henkel hatte am Spanischen Vallan ihren ersten Solo-Auftritt. Die junge Rheinberge­rin zeigte, wie viel Talent in ihr steckt. Warum Notenlesen gar nicht wichtig ist und welche Ziele die Europaschü­lerin hat.

- VON HEIDRUN JASPER

Sie ist 17 Jahre jung und hat eine unglaublic­h klare, schöne Stimme. Sie spielt auch wunderbar Klavier, obwohl sie nie Klavierunt­erricht hatte. Ihr Finger ging trotzdem sofort nach oben, als die Lehrerin in der Grundschul­e fragte, ob ein Kind vielleicht ein Instrument spiele und auf der Weihnachts­feier in der Schule auftreten könne. „Ich kann Klavier spielen“, sagte Laura Henkel damals mit fester Stimme. Da war sie gerade einmal acht Jahre alt. Ihre Eltern schafften ein kleines Kinderklav­ier an, Laura schlug die ersten Töne an und übte für die Feier in der Schule. Mit Erfolg.

Noten lesen kann sie bis heute nicht, aber singen kann sie. Und Klavier spielen, was sie sich selbst beigebrach­t hat. Bei ihrem ersten kleinen Solokonzer­t am Spanischen Vallan stellte Laura Henkel diese beiden Talente eindrucksv­oll unter Beweis. Für sie war es eine Premiere, für den Veranstalt­er auch, wie Renan Cengiz feststellt­e, der mit Manu Bechert den Abend organisier­t hatte: „Das erste Konzert ohne Regen“, freute er sich und mit ihm zahlreiche Zuhörende. Und auch das erste musikalisc­he Zusammentr­effen von Laura Henkel und Hanne Moll (Gitarre), die sich an diesem Abend mit dem Spielen und Singen abwechselt­en.

Am Tag vorher hatte Laura Henkel Freunde zu sich eingeladen, ihnen ihre Set-Liste vorgespiel­t. Die hätten ihr ganz ehrlich gesagt, wenn sie das ein oder andere Stück nicht so gut fanden, „das hab ich dann aus der Liste gestrichen“. Ja, sie sei doch etwas aufgeregt, räumte Laura Henkel vor dem Auftritt im Gespräch ein. Weil sie Ihr erstes richtiges Solo-Konzert gäbe. Weil ihre Eltern kommen wollten, die sie bei all ihren Ideen immer unterstütz­t hätten. Weil ihre beiden Geschwiste­r, die längst erwachsene­n Kinder des Vaters aus erster Beziehung, kommen wollten, genau wie ihre 23-jährige Schwester und deren

Lebensgefä­hrte. Und weil auch der Opa gesagt hatte, dass er auf jeden Fall da sein werde, wenn sie ihren Auftritt habe.

Denn der Großvater spielt eine besondere Rolle in Lauras Leben: Von ihm hat die Jugendlich­e nicht nur das Talent geerbt, er hat ihr auch immer Mut gemacht: „Laura, es ist nicht schlimm, wenn du dich verspielst. Hauptsache, du hörst nicht wie auf größeren Festen. „Mein Opa auf. Es weiß ja keiner, was du genau spielt viel Musik zum Tanzen. Ich spielen willst!“spiele eher Balladen.“Und er war an

Der Opa muss es wissen, denn er dem Abend am Spanischen Vallan ist Wolfgang Pietzonka, ein Name, im Rheinberge­r Stadtpark mächtig der in Rheinberg nicht unbekannt stolz auf seine Enkelin. ist. Der 73-Jährige spielt Klarinette, Musik, so sagt die 17-Jährige, „die Saxofon, Klavier, Akkordeon und hat in meinem Leben immer eine singt. Und er tut dies alles seit Jahrzehnte­n, große Rolle gespielt“. Mit der Mutter

nd auf privaten Feiern ebenso habe sie oft Kinderlied­er gesungen, dem Opa beim Musizieren zugehört. Als sie noch die Grundschul­e besuchte, habe sie sich „Fluch der Karibik“beigebrach­t; etwas später in der Europaschu­le habe sie am Kulturaben­d ein weiteres Stück aufführen wollen. „Nein, du musst dazu singen“, hat ihre Musiklehre­rin gesagt und sie sozusagen ins kalte Wasser geschmisse­n. Den Kontakt zu Oliver Nepper, Musiklehre­r an der Montessori-Schule in Borth, hat ihre Mutter hergestell­t.

Ein halbes Jahr hat sie bei ihm Gesangsunt­erricht genommen, „dann hat er mich mitgenomme­n zu der Band T-Bone, in der er Gitarre spielt“, erzählt Laura. Eine Ü-50-Rockband aus Geldern. „Die haben alle voll was drauf“, betont sie. Gespielt wird bei Auftritten vor rund 500 bis 3000 Zuschauern. Laura

Henkel ist im Chor. Das talentiert­e Mädchen war 15 Jahre alt, als sie das erste Mal mit der Band auftrat.

Manchmal übe sie wochenlang nicht und manchmal spiele sie zwei Stunden täglich am Klavier, erzählt sie weiter. „Ich höre ein Lied, sehe die Akkorde vor mir und spiele sie einfach.“Musik sei Entspannun­g für sie. „Wenn ich Stress in der Schule habe oder mir fällt die Decke auf den Kopf, dann setze ich mich ans Klavier“, so Laura Henkel. Manchmal hört ihr die Mutter zu, wenn sie Stücke von Toto, Queen, den Beatles oder anderen Größen aus den 70-er Jahren spielt, oder von Nirvana bis Led Zeppelin. „Meine Mutter sagt mir sofort, wenn was schlimm klingt. Wenn sie sagt, dies oder das ist gut, dann kann ich damit auftreten“, sagt die Musikerin.

Wie ihre Zukunft aussieht, weiß Laura Henkel nicht. Zurzeit besucht sie die zwölfte Klasse in der Europaschu­le, an der sie übrigens eine Klasse übersprung­en hat und von der sechsten direkt in die achte Klasse versetzt wurde. Einfach, weil sie so etwas wie eine Überfliege­rin ist. Da war sie dann natürlich die Jüngste. „Die mobben wir aus der Klasse raus, die Streberin“, hätten die Mitschüler beschlosse­n. „Das zerrt an einem kleinen Mädchen. Aber ich habe durchgehal­ten.“In der Oberstufe sei es besser geworden.

Nach dem Abitur will sie ein Freiwillig­es Soziales Jahr (FSJ) an der Europaschu­le machen, „dann studiere ich. Wahrschein­lich auf Lehramt, ich wollte immer Lehrerin werden, ein sicheres Standbein haben.“Aber vielleicht würde sie auch etwas ganz anderes machen, in die Politik gehen beispielsw­eise. „Diskutiere­n kann ich sehr gut“, sagt sie und lacht. Sie wisse noch nicht, wo ihr Weg hingehe. Aber eins steht für Laura Henkel fest: Sie werde auf keinen Fall Musik studieren, „das soll mein Hobby bleiben“.

„Ich höre ein Lied, sehe die Akkorde vor mir und spiele sie einfach“Laura Henkel Sängerin und Klavierspi­elerin

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FOTO: ARFI Wie gut Laura Henkel singen und Klavier spielen kann, stellte sie eindrucksv­oll bei ihrem ersten kleinen Solokonzer­t unter Beweis.

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