Pendler gründen wegen hoher Spritpreise Fahrgemeinschaften
Die anhaltend hohen Benzinpreise lassen viele Berufspendler umdenken: Sie steigen entweder auf Bus und Bahn um oder schließen sich zu Fahrgemeinschaften zusammen. Mitfahrportale im Internet boomen. Auch Firmen fördern das gemeinschaftliche Fahren mit eige
Mitfahrportale im Internet boomen. Viele Unternehmen bieten sogar eigene Seiten an, auf denen Mitarbeiter ihre Fahrten organisieren können.
DÜSSELDORF Seitdem Jan Broers vor einem Jahr von der Eon-zentrale in Düsseldorf zu Ruhrgas in Essen gewechselt hat, gehört er zu den Menschen, die jeden Tag zwischen zwei Städten pendeln. Wenn er gut durchkommt, braucht der 43-Jährige für die Strecke 30 Minuten. Wirtschaftlicher und umweltfreundlicher ist es aber, wenn man nicht alleine fährt, sondern Mitfahrer hat, meint Broers. „Und unterhaltsamer auch“, sagt er. Er nimmt regelmäßig Kollegen, aber auch andere Mitfah-
„Bei den Spritpreisen kann ich es mir nicht leisten, mit dem eigenen Pkw zu fahren“
rer mit, die er über die Eon-mitfahrzentrale findet, die das Unternehmen vor knapp einem Jahr eingerichtet hat – und inzwischen hat er darüber sogar eine kleine Gruppe fester Mitfahrer gefunden.
Die steigenden Spritkosten treffen Berufspendler besonders hart. Nur wenige können auf Bus und Bahn umsteigen, wenn die Fahrt mit dem Auto zu teuer wird. In NRW pendeln dem Statistischen Landesamt zufolge täglich mehr als vier Millionen Berufstätige zwischen ihrem Wohnsitz und der Stadt, in der sie arbeiten. Nach Düsseldorf etwa fahren täglich 281 000 Beschäftigte (58,6 Prozent der Berufstätigen) aus anderen Kommunen zur Arbeit. Die meisten davon kommen mit dem Auto aus Duisburg und Neuss. Damit ist die Landeshauptstadt noch vor Köln (44,4 Prozent) und den Ruhrgebietszentren Essen und Dortmund die größte Pendlerstadt in NRW.
Wegen der hohen Benzinpreise bilden zunehmend mehr Pendler Fahrgemeinschaften, die zum Beispiel auf Internetplattformen zu Seit knapp einem Jahr gibt es für Eon-mitarbeiter eine Internetplattform, auf der sie Fahrten und Gesuche einstellen können. Dieses Mal fahren Georg Oppermann (l.) und Bianca Bosa in Düsseldorf bei Matthias Hansch mit. finden sind. Die beiden größten Anbieter in Deutschland, Mitfahrzentrale.de und Mitfahrgelegenheit.de, verzeichnen seit Jahresbeginn einen stetigen Anstieg an neuen Kunden, die das Angebot nutzen. „In den vergangenen Wochen sind 30 Prozent mehr Angebote für Fahrten bei uns eingegangen“, sagt ein Sprecher von Mitfahrgelegenheit.de. „Die Spritpreise führen dazu, dass sich immer mehr Menschen die Kosten für die Fahrten teilen wollen.“Das Portal vermittelt jeden Monat mehr als eine Million Fahrten. Wer auf der Seite eine Fahrt anbietet, muss ein Profil anlegen, in dem er unter anderem Informationen über sein Auto und den Preis für die Fahrt (in der Regel zwischen fünf bis acht Euro pro 100 Kilometer) angeben muss. Zudem muss der Fahrer bei der Registrierung aus Sicherheitsgründen das amtliche Kennzeichen seines Fahrzeuges und gegebenenfalls eine Kopie des Personalausweises und des Führerscheins hinterlegen. Angeboten werden auch Fahrten speziell von Frauen für Frauen. Zudem gibt es ein Nrw-weites Fahrgemeinschaftsportal (mitpendler.de), an dem sich Verkehrsverbünde und Städte wie Düsseldorf beteiligen. Dabei werden Angebote des ÖPNV integriert.
Auch immer mehr Firmen kooperieren mit den großen Anbietern im Internet und lassen wie Eon Plattformen für ihre Mitarbeiter einrichten, die sowohl intern, als auch extern im Internet sichtbar sind. Viele Eon-mitarbeiter haben lange Strecken zurückzulegen, weil sie zum Beispiel wie Matthias Hansch, der in der Düsseldorfer Zentrale arbeitet, an jedem Wochenende in die Heimat fahren oder aber viel zwischen den Standorten unterwegs sind. „Der Anreiz, eine Fahrgemeinschaft zu bilden, ist höher, wenn die Firma das anbietet. Man fühlt sich sicherer, und lernt auch Kollegen aus anderen Abteilungen kennen.“Er selbst hat bereits etwa zehn Mal Kollegen und andere Mitfahrer Richtung Oldenburg mitgenommen. Bianca Bosa, die ihren festen Wohnsitz in München hat, aber selbst kein Auto besitzt, ist von ihrer ersten Erfahrung als Mitfahrerin immer noch begeistert: „Ein paar Klicks und schon hatte ich eine nette Fahrerin. Wir haben uns unterwegs gut unterhalten.“Auch wenn sie deutlich länger gebraucht habe als mit dem Flugzeug, sei das eine echte Alternative. Inzwischen nutzen 1400 Eon-mitarbeiter pro Monat das Angebot.
So rät auch der ADAC Verkehrsteilnehmern, Fahrgemeinschaften zu bilden. „Das spart Geld und Zeit und ist zudem noch gut für die Umwelt“, sagt Sprecherin Jacqueline Grünewald. Der Automobilclub vermittelt seit zwei Jahren auf seiner Internetseite ebenfalls Mitfahrgemeinschaften. „Wer eine Fahrt bucht, sollte sich vorher über den Fahrer informieren, bevor er zu ihm in den Wagen steigt“, sagt Grünewald. „Wichtig ist, dass der Fahrer einen Führerschein besitzt und sein Auto versichert ist“, erklärt die Verkehrsexpertin.
Die steigenden Benzinpreise haben auch Philipp Haubrich auf die Idee gebracht, im Internet eine Fahrgemeinschaft anzubieten. Seit einigen Wochen muss der Solinger fünf Tage pro Woche früh nach Düsseldorf, weil er dort einen Lehrgang besucht. „Eigentlich kann ich es mir bei den aktuellen Spritpreisen momentan gar nicht leisten, ständig mit dem eigenen Pkw nach Düsseldorf zu fahren“, sagt der 27Jährige. Doch auf sein Angebot bei Mitfahrgelegenheit.de hat sich bislang noch niemand gemeldet. „Dabei bin ich mir sicher, dass es vielen so geht wie mir.“