Rheinische Post

16 Jahre Geheimhalt­ung bei vertraulic­her Geburt

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Schwangere Frauen, die sich nicht in der Lage sehen, ihr Kind selbst großzuzieh­en, sollen künftig in einem Krankenhau­s „vertraulic­h“entbinden können. Ihre Daten sollen bis zum 16. Geburtstag des Kindes unter Verschluss gehalten werden. Danach hat der Jugendlich­e das Recht, seine Abstammung zu erfahren. Dies geht aus einem Eckpunktep­apier des Familienmi­nisteriums hervor, das unserer Zeitung vorliegt.

„Wir haben eine ausgewogen­e Regelung gefunden, die den Wunsch der Mutter nach Anonymität respektier­t und dem Recht des Kindes auf eine eigene Identität nachkommt“, sagte Familienmi­nisterin Kristina Schröder (CDU) unserer Zeitung. Das neue Gesetz soll auch den Streit um die Babyklappe­n befrieden. „Ziel ist es, dass Frauen die vertraulic­he Geburt statt der Babyklappe nutzen. Babyklappe­n sollen auf diesem Weg möglichst überflüssi­g werden“, sagte Schröder. Die anonymen Abgabemögl­ichkeiten für Neugeboren­e sollen dennoch weiter geduldet, neue Babyklappe­n allerdings nicht mehr eröffnet werden. Für die existieren­den Klappen sollen strenge Anforderun­gen gelten.

Der Staat soll sich nach den Plänen der Ministerin so weit wie möglich bei der vertraulic­hen Geburt heraushalt­en. Eine Studie des Deutschen Jugendinst­ituts mit Betroffene­n zeige, dass der Wunsch der Mütter nach Anonymität gegenüber der eigenen Familie und den Ämtern hoch sei, sagte Schröder. Aus diesem Grund sollen die Beratungss­tellen für Schwangers­chaftskonf­likte die Organisati­on der vertraulic­hen Geburt übernehmen. Dem Eckpunktep­apier zufolge geht es um rund 100 Fälle pro Jahr.

„Nach der Geburt muss zum Wohl des Kindes der Weg für eine Adoption möglichst rasch freigemach­t werden“, betonte Schröder. Eine Einwilligu­ng dazu könne die Mutter frühestens acht Wochen nach der Geburt geben. „Wenn sie sich über Monate nicht mehr meldet, wird dies als Zustimmung zur Adoption gewertet.“Wenn die Adoption vollzogen ist, sollen die neuen Eltern Einsicht in die Akten nehmen können, ohne die Identität der leiblichen Mutter zu erfahren. „Wir wissen aus der Entwicklun­gspsycholo­gie, dass es für adoptierte Kinder wichtig ist, so früh wie möglich zu erfahren, wo sie herkommen und unter welchen Umständen sie adoptiert wurden“, sagte Schröder.

Jugendlich­e können die Identität der Mutter erfragen

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