Rosemarie Trockel in Leverkusen
LEVERKUSEN Im Lustschloss, dem „Maison de plaisance“, konnten Herrscher fernab vom Hofzeremoniell ihren Gelüsten nachgehen. Wenn Rosemarie Trockel und Paloma Varga Weisz ihre erste Doppelausstellung so nennen, darf man auf Sinnenfreudiges, Spielerisches gefasst sein – zumal sich das Ganze in einem echten Schloss abspielt.
Enttäuscht wird der Besucher nicht: Den Eintretenden empfängt Varga Weisz’ großes Weinfass, täuschend echte Kinderbeine ragen heraus. Auch Trockel zeigt Bein – ein wächsernes mit Netzstrumpfhose in einem Glaskasten, eines auf einem Tisch – Werke, die den subversiven Humor und ihre Beschäftigung mit Rollenverteilungen spiegeln. Das expliziteste Werk dazu ist eine Fotografie von Gustave Courbets Skandalbild „Der Ursprung der Welt“von 1866, das ein entblößtes Frauen-Geschlecht in Großaufnahme zeigt. Mitten darauf setzt Trockel eine Vogelspinne. Der Titel „Replace me – ersetze mich“ist möglicherweise eine Aufforderung an mutige Herren. Daneben hängt eine Palme kopfüber aus der Decke, das Idyll steht Kopf, und die herum hüpfenden, zwitscherndem Vögelchen in einem Käfig sind nur mechanisch.
Als Ästhetin erweist sie sich, wenn sie eine dunkel bemalte Wand mit weißen Gymnastikreifen strukturiert und den Raum zum Schwingen bringen, obwohl das Werk „Still life“heißt. Auch Varga Weisz bedeckt die Wände: Sie hat sie mit einem Schwamm schwarz betupft, dazwischen tummelt sich in märchenhaften Szenen eine vermenschlichte Hasenfamilie. In der Mitte ruht eine lebensgroße glasierte Keramikfigur. Ihre Stille berührt, erinnert an Sarkophag-Figuren: Es ist das Bildnis einer Verstorbenen. Varga setzt ein persönliches Denkmal: Es ist ihre Mutter. Ihre bildhauerische Meisterschaft belegt Varga Weisz mit altmeisterlich geschnitzten Köpfen, die wie aus der Zeit gefallen unter überdimensionalen Hüten hervor schauen. Info Museum Morsbroich Leverkusen bis 30. Sept., Gustav-Heinemann-Str. 80, DiSo 11 -17 , Do 11 - 21 Uhr. Eintritt 5,50 Euro