„Falsch und rechtswidrig“
INTERVIEW Herta Däubler-gmelin zum ESM
Die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) hat im Namen von 12 000 Bürgern Verfassungsbeschwerde gegen den Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt eingereicht. Karlsruhe entscheidet darüber am 10. Juli.
Was sind die wichtigsten Argumente für Ihre Verfassungsklage?
Däubler-Gmelin Die rund 12 000 Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer, die Professor Degenhart und ich vertreten, sind Menschen wie Sie und ich. Sie haben das Recht, einen Bundestag zu wählen, der in den zentralen Bereichen unserer Steuergelder, des Haushaltsrechts und auch der Schulden wirklich gestalten kann und nicht nachzuvollziehen hat, was europäische Gremien vorschreiben. Genau das alles sieht jedoch der ESM–Vertrag vor, seit letztem Donnerstag und Freitag sogar noch in erweiterter Form. Das halten wir für falsch, für verfassungsund für europarechtswidrig. Wer zentrale Kompetenzen des Bundestages nach Europa verlagern will, muss zum einen die Rechte des europäischen Parlaments stärken und zum zweiten die Menschen bei uns um ihre Zustimmung bitten.
Was erwarten Sie sich vom Bundesverfassungsgericht am 10. Juli?
Däubler-Gmelin Am Dienstag geht es um die Erörterung, ob eine vorläu- Die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) fige Regelung des Verfassungsgerichts bis zur Entscheidung über die Beschwerde selbst ergehen soll. Da werden die unterschiedlichen Meinungen gehört und dann entscheidet das Gericht darüber.
Welche Alternative zum ESM empfehlen Sie, ohne den Euro zu gefährden?
Däubler-Gmelin Die Euro-Rettung ist wichtig, aber ob sie mit der jetzigen Regierungspolitik der „Alternativlosigkeit“überhaupt gelingen kann, ist unter den Fachleuten aller Couleur sehr umstritten. Im Übrigen gibt es den vorläufigen Rettungsschirm EFSF und die europäischen Regelungen für Haushaltsdisziplin – von einem „Blick in den Abgrund“, wenn Herrn Schäubles Weg nicht gefolgt wird, kann deshalb nicht die Rede sein.
Birgit Marschall stellte die Fragen.