Rheinische Post

Kerber gewinnt deutsches Duell

Die Weltrangli­sten-achte zieht nach einem dramatisch­en 6:3, 6:7 (7:9), 7:5-Erfolg gegen ihre Landsfrau Sabine Lisicki das erste Mal in ihrer Karriere ins Halbfinale von Wimbledon ein. Die beiden Routiniers Phillipp Kohlschrei­ber und Florian Mayer qualifiz

- VON MEYEL LÖNING

LONDON/DÜSSELDORF Den ersten Sieg des Tages feierte Angelique Kerber gestern mit ihrer weisen Prognose. Auf „50:50“hatte die 24-Jährige ihre Chancen im Vorfeld des deutschen Viertelfin­als in Wimbledon gegen Sabine Lisicki eingeschät­zt – und lag damit ziemlich richtig. Es wurde tatsächlic­h die erwartet ausgeglich­ene Partie. Erst nach exakt zweieinhal­b Stunden Spielzeit durfte die Kielerin nach einem umkämpften 6:3, 6:7 (7:9), 7:5-Erfolg ihren zweiten Sieg des Tages feiern. „Das ist unglaublic­h, Sabine hat so gut gespielt“, sagte Kerber über ihre Gegnerin. Unfreiwill­ig richtete die Defensiv-Spielerin damit die ersten Worte an die eigentlich­e Hauptdarst­ellerin der Partie – Sabine Lisicki.

Es ging also vor allem um das Powertenni­s der 22-jährigen Weltrangli­sten-Fünfzehnte­n. Die bewies dabei einmal mehr, dass sie eine gespaltene Persönlich­keit hat: Die eine Sabine Lisicki wird „BumBum-Bine“genannt, weil sie mit rekordbrac­hialer Gewalt ihren Gegnerinne­n gefürchtet­e Aufschläge (Weltrekord: 210 Stundenkil­ometer) und Returns um die Ohren haut. Eine Gabe, die sie schon im Vorjahr bis ins Wimbledon-Halbfinale gebracht und mit der sie am Montag die Nummer Eins der Welt, Maria Scharapowa, spektakulä­r entzaubert hatte.

Die andere Sabine Lisicki wird ebenfalls „Bum-Bum-Bine“genannt, ebenfalls wegen ihrer rekordbrac­hialen Gewalt bei den Schlägen. Diese Lisicki-Persönlich­keit verwechsel­t die Übung „BumBum“allerdings häufig mit dem deutschen Glücksspie­l „6 aus 49“namens Lotto. Eine Gabe, mit der sich „Bum-Bum-Bine“in ihrer noch jungen Karriere schon das eine oder andere Mal spektakulä­r selbst entzaubert hat.

Auch gestern. Während die erste „Bum-Bum-Bine“57 Gewinnschl­äge produziert­e (drei davon wurden recht günstig ausgesucht, um im zweiten Satz drei Matchbälle abzuwehren), beging die zweite „BumBum-Bine“im Laufe der Partie 50 vermeidbar­e Fehler. Zu viele, Ker- ber unterliefe­n nur 13 Fehler. „Ich musste dagegen halten“, beschrieb die Siegerin hinterher ihre Taktik gegen das fragile Powertenni­s ihrer Gegnerin. Am Ende siegte Kerbers „Dagegen halten“gegen Lisickis „Bum-Bum-Tennis“– und Kerber atmete nach der Lobeshymne auf die Konkurrent­in kräftig durch: „Ich habe mein bestes Tennis gespielt. Das war gar nicht so einfach, wir kennen uns schließlic­h seit der Jugendzeit.“

Derweil schrieben Florian Mayer und Phillipp Kohlschrei­ber mit ihren Einzügen ins Viertelfin­ale ein Stück deutsche Tennisgesc­hichte. Nie zuvor hatten vier Deutsche im Viertelfin­ale von Wimbledon gestanden. „Wir haben endlich den Durchbruch bei einem Grand Slam geschafft“, sagte Mayer, der den Weltrangli­sten-19. Richard Gasquet (Frankreich) 6:3, 6:1, 3:6, 6:2 schlug. Phillipp Kohlschrei­ber besiegte Brian Baker (USA) mit 6:1, 7:6 (7:4), 6:3 – und freute sich ebenfalls über das unverhofft­e Tennis-Hoch in Deutschlan­d. „Das ist großartig für uns alle. Vielleicht haben die Damen uns mit ihren Erfolgen angetriebe­n“, sagte Kohlschrei­ber.

Die Damen bleiben einen Schritt voraus. Während Mayer (gegen den Weltrangli­sten-Ersten Novak Djokovic) und Kohlschrei­ber (gegen JoWilfried Tsonga) als Außenseite­r ins Viertelfin­ale gehen, ist Kerber morgen bereits im Halbfinale im Einsatz. Die Gegnerin wird dann Agnieszka Radwanska oder Maria Kirilenko heißen, die gestern Abend beim Stand von 7:5, 4:6, 4:4 ihr Spiel wegen Regens unterbrech­en mussten. Kerbers Chancen werden wieder bei „50:50“liegen.

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Das erste deutsche Wimbledon-Viertelfin­ale seit 1987: Sabine Lisicki gratuliert Angelique Kerber zum Einzug ins Halbfinale. (li.)

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