Historisches Saigon bedroht
HANOI (dpa) Wer nicht mit einem brandneuen Reiseführer durch die Straßen läuft, sucht die typischen Fassaden im französischen Kolonialstil oftmals vergeblich. Statt der dekorativen Fassaden stehen in Ho-Chi-Minh-Stadt (früher Saigon) Bauzäune. An ihrer Stelle sollen Luxuswohnungen für die neue Oberklasse Vietnams entstehen.
Von dem alten Saigon, das der amerikanische Autor Graham Greene in seinem Roman „Der stille Amerikaner“beschreibt, ist nur noch wenig übrig. Die schmutzigen Gässchen mit den Art-déco-Cafés, die alten Männer beim Würfelspiel und Mädchen in traditioneller Kleidung auf ihren Fahrrädern: Davon ist nichts geblieben. Mit rasender Geschwindigkeit wandelt sich die Stadt zur modernen asiatischen Metropole. Viele historische Gebäude mussten bereits dieser Entwicklung weichen. Touristen und Einwohner sorgen sich, dass vieles für immer verloren geht.
„Das Zentrum ist heute ganz anders als noch vor zehn Jahren“, sagt Pham Van Hung. Der 51-Jährige verdient sein Geld als Fahrer eines Fahrradtaxis. Er fährt Touristen vorbei an der Notre-Dame-Kathedrale mit ihrer rosafarbenen Fassade, dem historischen Gebäude des Volkskomitees und dem neoklassischen Opernhaus. Dazwischen finden sich immer mehr moderne Glasfassaden. „In 20 Jahren wird nichts mehr übrig sein“, sagt er. „Ich vermisse die alten Gebäude. Aber die Straßen sind jetzt besser.“
Die offiziellen Gebäude seien zurzeit vor dem Abriss sicher, meint Eric Burdette, der im Internet historische Gebäude der Stadt dokumentiert. Doch viele Privathäuser und Läden seien der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Es fehle an Regeln zum Schutz alter Gebäude, sagt Duong Hong Hien von der vietnamesischen Architektenvereinigung. „Für die Regierung ist das Thema wichtig, aber sie braucht Hilfe – Leute, die feststellen können, welche Gebäude erhalten werden sollen und warum.“