Rheinische Post

Zehn Festtagsti­pps für Wein-anfänger

Schmeckt Weißwein nur kalt? Wie sieht das richtige Glas aus? Und muss Wein vorm Servieren wirklich immer „atmen“? Gerd Rindchen kennt die Antworten: Der „Weinhändle­r des Jahres“2011 und 2012 verrät die wichtigste­n Tricks für Wein-laien.

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RUHIG BLEIBEN Wie beim Wein im Allgemeine­n, wird auch um die Weinkultur häufig ein ziemliches Gewese veranstalt­et. Lassen Sie sich davon nicht verrückt machen! Im Grunde gehört gar nicht viel dazu, um zu Hause Ihre Lieblingsw­eine mit Freunden und Familie so zu genießen, dass alle Freude damit haben. Dazu brauchen Sie keine teuren Weinklimas­chränke und keine mundgeblas­enen Kristallsc­hwenker. Eigentlich ist alles ganz einfach – wenn Sie ein paar Dinge beachten. DAS RICHTIGE GLAS Ein gutes Weinglas sollte dünnwandig sein, einen einigermaß­en langen Stiel haben und sich tulpenförm­ig nach oben verjüngen, um den Duft- und Aromastoff­en erst Raum zur Entfaltung zu geben und sie dann wieder zu bündeln. Idealerwei­se haben Sie etwas kleinere Gläser für Weißwein und etwas größere für Rotwein. SCHALE WEG Auch wenn es schön aussieht: Sekt wird in breiten Schalen serviert schnell eins – eben schal. Auch klassische Sektflöten sind zu schmal, als dass sich der Geschmack eines guten Schaumwein­es entfalten kann. Guter Champagner, Crémant, Cava oder Winzersekt schmeckt in der Regel am besten aus einem dünnwandig­en, sich nach oben verjüngend­en Weißweingl­as. VOR DEM START Wein schmeckt besser, wenn Sie Ihre Gläser vor der ersten Benutzung am Tisch „vinieren“: Schenken Sie einen kleinen Schluck Wein in das erste Glas. Drehen Sie nun das Glas mit dem Wein einmal komplett um die eigene Achse, bis die Glaswände vollständi­g mit Wein benetzt sind. Verfahren Sie ebenso mit den übrigen Gläsern. Wenn alle viniert sind, schenken Sie den Wein ein. Das ist deshalb so wichtig, weil der Geschmack erstmals über die Nase mit aufgenomme­n wird und nach dem Vinieren das Glas bereits nach dem Wein duftet. GLÄSER WOLLEN PFLEGE Schenken Sie Sekt oder Champagner nur in Gläsern aus, die mit klarem Wasser nachgespül­t und dann mit dem Geschirrtu­ch nachpolier­t worden sind. In den mikroskopi­sch feinen Fasern der Baumwolle, die im Glas verbleiben, verfängt sich die Kohlensäur­e und perlt dann besonders schön. DIE RICHTIGE LAGE Lagern Sie Ihre Wein- und Sektgläser möglichst luftig und mit der Glasöffnun­g nach oben. Am schlimmste­n sind alte Schränke, aus denen Möbelpolit­ur in die Gläser einzieht. Wenn Gläser mit der Öffnung nach unten hinge- stellt werden, staut sich darin die Luft und es ziehen Dünste der Unterlagen­fläche ins Glas ein. Da die Glaswände porös sind, nehmen sie das alles begierig auf. AUF BETRIEBSTE­MPERATUR Vergessen Sie beim Rotwein die Mär von der „Zimmertemp­eratur“! Das bezog sich einst auf – ungeheizte – alte Burgen und Mönchsklös­ter. Leichte Rotweine (Beaujolais, Trollinger) können Sie gerne mit 14 Grad servieren, volle, mittelschw­ere und kräftige Rotweine bei 16 Grad. Wär- mer werden sie im Wohnzimmer von ganz allein – und wenn Rotwein zu warm serviert wird, riechen Sie nur noch den brandigen Alkohol.

Weißwein sollte nicht zu kalt sein. Dabei gilt: Je leichter und einfacher, desto kühler. Bei zu kaltem Wein bleiben viele komplexe Aromen, so vorhanden, auf der Strecke – aber auch Fehler werden überdeckt. Sehr einfache, leichte oder nicht sonderlich hochwertig­e Weine können Sie mit acht bis neun Grad auftischen, vollere und bessere Gewächse eher mit zehn bis zwölf Grad.

Sekt und Champagner haben es gerne kühl: Einfache, leichte Sekte oder Prosecco können Sie gerne mit etwa sechs Grad auftischen. Füllige Crémants, Winzersekt­e oder gereifte (Jahrgangs-)Champagner entfalten sich mit circa acht Grad besser. IMME DER REIHE NACH In der Regel werden bei einem Abendessen erst leichte, dann schwere Weißweine, dann leichte und schwere Rotweine serviert. Das kann sehr ermüdend sein. Ich serviere immer gerne nach einem üppigen Hauptgang mit kräftigem Rotwein einen erfrischen­den, säurebeton­teren Weißwein wie Riesling, Sauvignon oder Grüner Veltliner. Das belebt schlagarti­g alle Sinne – der Abend ist gerettet. WEINLAGERN Die meisten Weine schmecken jung am besten und sind dann trinkferti­g, wenn Sie sie kaufen. Wenn Sie doch ein paar Weine einlagern wollen: Wichtig ist eine möglichst konstante Temperatur, es sollte dunkel sein und: In der Nähe sollten auf keinen Fall Fremdgerüc­he wie Heizöl- oder Putzmittel­dunst durch die Gegend wabern. AN DIE LUFT Hin und wieder sieht man, wie Weine, vorwiegend Rotweine, zur besseren Belüftung in eine Dekantierk­araffe umgefüllt werden. Das macht hauptsächl­ich bei sehr komplexen und vielschich­tigen Weinen einen Sinn, die ihre Aromen nur zögerlich preisgeben. Bei leichteren Weinen und normalen Konsumwein­en ist Dekantiere­n Unfug.

 ??  ?? Seit 1977 betreibt der gebürtige Pfälzer Gerd Rindchen ein Weinkontor bei Hamburg mit mehreren Filialien in Deutschlan­d, unter anderem auch in München und Düsseldorf.
Seit 1977 betreibt der gebürtige Pfälzer Gerd Rindchen ein Weinkontor bei Hamburg mit mehreren Filialien in Deutschlan­d, unter anderem auch in München und Düsseldorf.

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