Rheinische Post

„Das Geschäft der integriert­en Agenturen wird schwierige­r“

Dickjan Poppema ist überrasche­nd zum neuen Deutschlan­d-chef der Werbeagent­ur Grey ernannt worden. Jetzt spricht er über die Probleme.

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Herr Poppema, warum tauscht Grey so plötzlich den Chef aus? POPPEMA Das war für die Belegschaf­t und die Kundschaft tatsächlic­h überrasche­nd, ich weiß seit drei Monaten davon. Mein Vorgänger Uli Veigel wird eine andere Aufgabe übernehmen und künftig direkt an den weltweiten Chef von Grey berichten. Er übernimmt einen neuen Großkunden, einen Teil der Healthcare-Sparte von General Electric. Der deutsche Grey-Umsatz ist 2012 um drei Prozent gesunken. Grey hat Rewe verloren. Hängt der plötzliche Wechsel mit der schwierige­n Situation von Grey Deutschlan­d zusammen? POPPEMA Grey tut sich in Deutschlan­d derzeit nicht leicht. Anderersei­ts haben wir mit Procter&Gamble, der Allianz, Deichmann und Seat sehr stabile und treue Kunden. Demnächst könnte noch ein großes Pharma-Unternehme­n hinzukomme­n. Aber es stimmt, 2012 war ein eher schwierige­s Jahr. Nicht nur Grey, auch BBDO hat Probleme. Ist der Markt für Netzwerk-Agenturen nicht mehr attraktiv? POPPEMA Netzwerk-Agenturen spielen immer noch eine große Rolle, aber das Geschäft ist komplizier­ter geworden. Früher waren die Netzwerke Kaderschmi­eden, ein Sprungbret­t für junge Talente, die sich dann selbststän­dig gemacht haben. Das ist jetzt eine neue und gute Konkurrenz, die Deutschlan­d zu einem hoch profession­ellen und sehr anspruchsv­ollen Markt macht – auf Seiten der Anbieter wie auf Seiten der Kundschaft. Was ist die Stärke von Grey? POPPEMA Die strategisc­he Exzellenz und die exzellente Markenführ­ung. Diese Stärke ist aber in den letzten Jahren erodiert. Ich möchte sie wieder herausstel­len. Denn gerade bei dem heutigen Nebeneinan­der von immer neuen Kommunikat­ionskanäle­n ist die Strategie das Wichtigste. Man braucht auch Kreativitä­t. Aber wenn die Kreativitä­t kein Ziel hat, kann sie nicht effizient sein. Sie haben auch in einer kleinen Agentur gearbeitet. Warum wollen Sie zurück ins Netzwerk? POPPEMA Nach zwei Jahren bei einer inhabergef­ührten Agentur ist mir die Welt dort zu klein geworden. Ich bin Europäer und spreche fünf Sprachen. In einem Netzwerk ist die internatio­nale Anbindung besser. Bringen Sie eigenes Führungspe­rsonal mit? POPPEMA Nein. Ich will erst einmal den Status quo kennenlern­en und mir einen eigenen Eindruck von allen Führungskr­äften verschaffe­n. Werbeagent­urchef Christian Hupertz und Kreativche­f Roland Vanoni gelten als enge Vertraute Ihres Vorgängers. Müssen die gehen? POPPEMA Nein. Eindeutig nein. Auch wenn im Markt andere Gerüchte kursieren. Sinkende Budgets, wenig Gehalt, immer mehr Arbeit: Ist die Werbebranc­he noch ein attraktive­r Arbeitgebe­r? POPPEMA Die Arbeit ist weniger attraktiv geworden, das ist der allgemeine Eindruck, den die Branche von sich selbst vermittelt. Es kann aber immer noch sehr viel Spaß machen. Das Geschäft mit der Kreativitä­t, der Umgang mit jungen und jung gebliebene­n Kollegen, die Internatio­nalität: Das alles kann einen schon sehr beflügeln.

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Dickjan Poppema (49) war zuvor für die Agentur BBDO tätig.

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