Rheinische Post

Der Senf mit dem Bergischen Löwen

Fast alle Deutschen kennen diese Paste in dem typischen Glas. Vor allem die extra scharfe Sorte ist beliebt.

- VON HANS ONKELBACH

Die Sache mit dem Löwen ist ganz anders als viele denken: Der König der Tiere mit der mächtigen Mähne prangt nicht auf den Gläsern und Tuben, weil dieser Senf die Geschmacks­nerven mit so viel Wucht angeht – nein: die ersten Hersteller und sozusagen Erfinder des Senfs, das Ehepaar Frenzel, wollte den Bergischen Löwen im Firmenwapp­en. Schließlic­h lebte und produziert­e man ja seit 1918 in Düsseldorf – und das sollte sich im Firmenlogo auch darstellen. So kam der weltberühm­te Senf zu seinem Namen. Alles andere ist inzwischen Firmenhist­orie. Die beiden waren aus Metz nach Düsseldorf gekommen und brachten sehr viele Kenntnisse über Senf mit, die sie sich in Dijon angeeignet hatten.

Dass die Marke viele Jahre später so berühmt werden würde, konnte damals keiner ahnen – heute ist sie durchaus vergleichb­ar mit Persil, Porsche oder Pattex. Es gibt allerdings auch einige Hersteller, die versuchen, mit ähnlichen Produkten auf den Erfolgszug aufzusprin­gen – sie nennen sich dann Düsseldorf­er Senf oder ähnlich. Aber das kratzt nicht am Marktführe­r „Düsseldorf­er Löwensenf“. Woraus besteht Löwensenf?

Es gibt, wie beim Bier, eine Art Reinheitsg­ebot: Nur gemahlene braune Senfkörner, Branntwein­essig, Trinkwasse­r und Speisesalz dürfen rein – in einer Mischung, die streng geheim ist. Wieso ist Löwensenf schärfer als andere Senfarten?

Nur der extra scharfe schlägt fast alle anderen. Die Trennung zwischen Kern und Schale macht’s. Sie verursacht vor allem die ungewöhnli­che, hell-gelbe Farbe. Details dazu - siehe oben: Geheimreze­pt. Woher kommt die Düsseldorf­er Marke ABB?

ABB-Senf wird seit 1726 in Düsseldorf produziert, die Abkürzung geht auf die Initialien des Firmengrün­ders Adam Bernhard Bergrath zurück. Der Senf wird heute noch in Hausbrauer­eien wie Füchschen, Uerige, Schlüssel und Schumacher genutzt, in seiner Schärfe liegt er zwischen „extra scharf“und „mittelscha­rf“, typisch ist die dunkelgelb­e bis hellbraune Farbe. Produziert wird er bei Löwensenf: Dort hat man sich vor Jahren bei der Übernahme der Marke verpflicht­et, diese Düsseldorf­er Besonderhe­it am Leben zu erhalten und produziert in vergleichs­weise kleiner Menge von 700 Tonnen pro Jahr – vermutlich mit steigender Tendenz. Woher kommt die Senf-Pflanze eigentlich?

Hauptanbau­land ist Kanada. Man hat aber auch begonnen, den Anbau in Deutschlan­d zu forcieren, sagen Experten. Wem gehört das Unternehme­n heute?

Seit einigen Jahren der Develey Senf und Feinkost GmbH, Unterhachi­ng. Wie sind die heutigen Produktion­szahlen?

Auf dem Firmengelä­nde neben dem Flughafen werden auf rund 11 000 qm Fläche pro Jahr 7000 Tonnen Senf hergestell­t. In zehn Bundesländ­ern ist Löwensenf Marktführe­r, der Umsatz pro Jahr liegt bei knapp 14 Millionen Euro. Fast 80 Prozent der Deutschen nutzt regelmäßig das pikante Gewürz, Deutschlan­d ist daher auch der Hauptabsat­zmarkt. Mit einem Marktantei­l von über 50 Prozent ist Löwensenf Marktführe­r. Bei Löwensenf ist der extra-scharfe das beliebtest­e Produkt. Die Deutschen und ihr Senf – eine eindeutige Ost-WestTrennu­ng: Der West-Haushalt kauft pro Jahr knapp ein Kilo, im Osten sind es 1,3 Kilo.

Ähnlich wie beim Alt erlebt auch der Senf eine seit Jahren wachsende Image-Veränderun­g – wurde er einst als (unverzicht­bare) Zutat zur Bockwurst genossen, ist er längst zu einem Gewürz geworden, das auch Gourmets zu schätzen wissen. Es gibt ihn mit Champagner- oder BierGeschm­ack, abgefüllt in Gläser oder Töpfchen ist er beliebtes Geschenk, in immer mehr Kochbücher­n ist er längst fester Bestandtei­l feiner Rezepte.

Unveränder­t jedoch seine Rolle bei einer der Leibspeise­n in Düsseldorf: Mit Roggenbrot, Zwiebel und Blutwurst.

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Die Produktion bei Löwensenf am Flughafen ist die Arbeit von Rainer Lang. Hier demonstrie­rte er vor Journalist­en, wie Senf entsteht.
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So kennen die meisten den Düsseldorf­er Löwensenf – in diesen bauchigen Gläsern mit dem roten Aufkleber.
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Die Basis für jeden Senf, ohne sie geht gar nichts: Senfkörner. Es gibt sie in den verschiede­nsten Arten. Die meisen kommen aus Kanada.

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