Rheinische Post

„Auf einmal war der Bus nicht mehr da“

Am Tag nach der Beinahe-katastroph­e von Düsseldorf untersucht die Polizei die Trümmer eines von zwei Güterzügen zerfetzten Linienbuss­es. Fahrgäste retteten sich Sekunden vor dem ersten Zusammenst­oß an den Straßenran­d.

- VON STEFANI GEILHAUSEN UND INA LAUER

DÜSSELDORF Mit seinen Gedanken war Rafael Lassak (54) schon zu Hause. Er hatte seine Schwester besucht, fuhr, wie so oft, im Linienbus 721 in Richtung Innenstadt. Gerade hatte der Fortuna-Fan noch die Gartenlaub­e registrier­t, die ihm immer wieder wegen der rot-weißen Vereinsfah­ne aufgefalle­n ist, als der Bus plötzlich mitten auf dem Bahnüberga­ng stehen blieb. „Der Fahrer hat noch ein paar Mal probiert, ihn wieder zu starten, wurde ganz hektisch. Da hab ich gesagt, das hat doch keinen Sinn, lasst uns aussteigen“, erzählt Lassak. Noch während er, eine Frau und ein weiterer Fahrgast ge- explosiv. „Wir wollen erst gar nicht über das nachdenken, was alles hätte passieren können“, sagt ein Unfallermi­ttler der Düsseldorf­er Polizei gestern.

Auch Christiane Plewka will darüber nicht nachdenken. Noch hat sie nur auf Fotos gesehen, dass eine Lok in ihr Gartenhaus am Bahndamm gerutscht ist. Solange der 90-Tonnen-Koloss noch in den Trümmern steht, darf sie den Kleingarte­n nicht betreten, der ihrer Familie seit 55 Jahren gehört. Bloß eine Wand steht noch, und auf den Regalen, die daran hängen, sind sogar die FortunaGlä­ser heil geblieben. Aber das ist wahrschein­lich alles, was von der Sommeridyl­le der Familie noch erhalten ist. „Es sieht ziemlich schlimm aus“, sagt Christiane Plewka. Aber ihr ist auch klar: Wenn sie dort gewesen wären, wären vermutlich alle tot.

Mit Wärmebildk­ameras hatte die Feuerwehr schon kurz nach dem Unfall die Trümmer nach Verletzten abgesucht. Danach war auch den Rettern klar: Auf dem Bahnüberga­ng ist ein kleines Wunder geschehen. Denn abgesehen von dem schweren Schock, den der Busfahrer erlitten hat, ist niemand verletzt worden. „Wir sind sehr glimpflich davon gekommen“, sagt der Sprecher der Bundespoli­zei.

Auf der Güterstrec­ke sind bis zu 80 Kilometer pro Stunde erlaubt. „Langsamer fährt selten mal ein Zug“, berichten die Kleingärtn­er am Bahndamm. Wie schnell die beiden Unglückszü­ge waren, deren Fahrer unverletzt blieben, ist Gegenstand der polizeilic­hen Ermittlung­en. Auch die Frage, ob Notbremsun­gen eingeleite­t wurden, ist noch ungekärt.

Mit schwerem Gerät sind BahnSpezia­listen unterstütz­t von Feuerwehr und THW seit dem Unglück im Einsatz. Einen Großteil der insgesamt 55 Waggons, von denen vier entgleist waren, haben sie bereits weggeschle­ppt. Was vom Bus übriggebli­eben ist, hat die Polizei beschlagna­hmt. Spezialist­en werden versuchen, anhand der Trümmer herauszufi­nden, warum der 15 Jahre alte Linienbus, der im August vom TÜV abgenommen wurde und erst vor wenigen Wochen einem Sicherheit­scheck unterzogen wurde, plötzlich stehenblie­b.

 ??  ?? Der Bahnüberga­ng in Düsseldorf-Eller gleicht nach dem Unglück einem Trümmerfel­d. Eine der Lokomotive­n rutschte bei dem Unfall eine Böschung hinab und landete in einer Kleingarte­nsiedlung. Die Zugstrecke bleibt bis Ende des Jahres gesperrt.
Der Bahnüberga­ng in Düsseldorf-Eller gleicht nach dem Unglück einem Trümmerfel­d. Eine der Lokomotive­n rutschte bei dem Unfall eine Böschung hinab und landete in einer Kleingarte­nsiedlung. Die Zugstrecke bleibt bis Ende des Jahres gesperrt.
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