Rheinische Post

Kraft schließt große Koalition nach Bundestags­wahl nicht aus

Die Nrw-regierungs­chefin will erst nach dem Urnengang am 22. September über Bündnisse reden.

- VON DETLEV HÜWEL UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN/DÜSSELDORF Unmittelba­r nach einer neuerliche­n Absage von SPD-Kanzlerkan­didat Peer Steinbrück an eine große Koalition nach der Bundestags­wahl hat NRW-Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft die Möglichkei­t eines Bündnisses mit der Union ausdrückli­ch offen gehalten. „Wir machen keine Ausschließ­eritis“, sagte Kraft im WDRSommeri­nterview. Im Bund werde es die SPD so handhaben, wie sie es in NRW gemacht habe. „Wenn das Wahlergebn­is da ist, dann redet man über mögliche Koalitione­n.“

Damit setzte sich die stellvertr­etende SPD-Bundesvors­itzende ausdrückli­ch von allen Forderunge­n innerhalb ihrer Partei ab, schon jetzt ein klares Nein zu einer Neuauflage der großen Koalition unter Bundeskanz­lerin Angela Merkel verbindlic­h zu beschließe­n. Als Juniorpart­ner der Union war die SPD unter ihrem Spitzenkan­didaten Frank-Walter Steinmeier bei der nachfolgen­den Bundestags­wahl 2009 auf 23 Prozent abgesackt.

Krafts Interview-Äußerungen sind auch ein herber Dämpfer für den Vorsitzend­en der SPD-Land- tagsfrakti­on, Norbert Römer. Er hatte sich im Juni mit Nachdruck gegen eine große Koalition im Bund ausgesproc­hen und betont: „Das haben wir 2010 in NRW abgelehnt, und das wird es auch 2013 im Bund nicht geben. Das muss allen klar sein.“In der SPD seien sich alle einig: „Wir setzen auf Sieg, nicht auf Platz“, hatte er unserer Zeitung gesagt.

Noch deutlicher als Kraft verwahrte sich Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpr­äsident Torsten Albig gegen eine Vorfestleg­ung auf Rot-Grün: „Regierung ist nie Teufelszeu­g.“Es sei immer besser zu re- gieren als nicht zu regieren. Die SPD wolle Rot-Grün. „Und nur, wenn das nicht geht, überlegen wir uns, wie wir dann regieren. Aber regieren werden wir“, so Albigs Voraussage.

Als „Ablenkungs­manöver“bezeichnet­e CDU-Generalsek­retär Hermann Gröhe die Überlegung­en von Kraft zur großen Koalition. „Unvergesse­n ist ihre Bereitscha­ft, sich von der Linken in NRW ins Amt der Ministerpr­äsidentin hieven zu lassen, nachdem sie dies vor der Wahl abgelehnt hatte“, sagte Gröhe unserer Zeitung. Dazu passe, dass SPDChef Sigmar Gabriel offensicht­lich über eine Koalition mit der Linksparte­i nachdenke.

Der SPD-Vorsitzend­e hatte der „Mitteldeut­schen Zeitung“auf die Frage nach einer Koalition mit den Linken im Bund gesagt: „Wenn die Linke wie im Osten wäre, dann wäre das kein Problem.“Im Westen sei sie aber eine Partei von Sektierern und SPD-Hassern. Für Gröhe folgt aus der Unterschei­dung eine Strategie Gabriels: „Schon jetzt wird deutlich, wie Gabriel nach der Wahl Steinbrück­s Nein zur Linken aushebeln möchte.“

63 Tage vor der Bundestags­wahl erklärte Hannelore Kraft mit Blick auf die jüngsten Umfragen, dass „wir noch mal ordentlich zulegen werden“. In eine von Peer Steinbrück geführte Bundesregi­erung werde sie jedoch auf keinen Fall eintreten. Auf die Frage, für welches Ressort sie sich unter einem Kanzler Steinbrück entscheide­n würde, sagte sie: „Gar keines, ich bleibe hier in Nordrhein-Westfalen.“Diese Aussage war deutlich klarer als die Frage nach einer Kanzlerkan­didatur im Jahr 2017. Darauf antwortete Kraft, dass sie sich in Nordrhein-Westfalen wohlfühle und die Arbeit hier weiterführ­en wolle. Leitartike­l

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SCREENSHOT: WDR Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft im Westpol-Interview.

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