Rheinische Post

Hitze lässt Asphalt aufplatzen

In Goch ist durch die anhaltend hohen Temperatur­en stellenwei­se die Fahrbahnde­cke geschmolze­n. Auf Autobahnen platzt der Beton. Straßen werden für Auto- und Motorradfa­hrer zu gefährlich­en Buckel-pisten. Der ADAC warnt.

- VON JESSICA NARLOCH

DÜSSELDORF In dicken klebrigen Klumpen hat sich der Matsch unter dem Schuh eines Anwohners der Gertrudstr­aße in der Gocher Innenstadt festgesetz­t. Doch nicht nur der Schuh des Mannes ist in Mitleidens­chaft gezogen – auch im Profil seiner Autoreifen klebt die Masse. Nicht irgendein Matsch, sondern der Asphalt der Straße hat sich unter dem Schuh und im Reifen festgesetz­t. Denn in Goch ist unter den hohen Temperatur­en stellenwei­se der Straßenbel­ag geschmolze­n und musste ausgebesse­rt werden.

„Schon an den besonders sonni- Problemati­k sei bekannt, bestätigte Andreas Roth, Sprecher von Straßen NRW. Schuld sei die Asphaltmis­chung, die aufgrund ihrer schlechten Haltbarkei­t in dieser Form aber heute nicht mehr verwendet würde. „Entscheide­nd für die Standfesti­gkeit des Asphaltes ist das Mischungsv­erhältnis von Bitumen und Gestein“, erläutert Bernd Hinrichs, Leiter der Öffentlich­keitsarbei­t des Deutschen Asphaltver­bandes (DAV). Generell sei Asphalt heutzutage sehr beständig. „Dass es dennoch in Einzelfäll­en beispielsw­eise vor Ampeln, wo die Motoren stehender Lastwagen zusätzlich Hitze auf den Belag abstrahlen und durch Beschleuni­gungs- und Bremsverha­lten große Kräfte einwirken, zu leichten Verformung­en kommt, ist maßgeblich auf eine ungenügend­e Mischgut-Zusammense­tzung zurückzufü­hren.“

In Deutschlan­d sei es schwierig, die richtige Mischung zu finden, ergänzt Markus Oelser. So würde in einem warmen Land wie Australien eine harte Bitumen-Mischung verwendet, in kalten Ländern wie Norwegen eine weiche. „In Deutschlan­d müssen wir einen Spagat machen: Bei einer weichen Mischung schmilzt im Sommer der Asphalt, bei einer harten platzt er im Winter auf und Schlaglöch­er entstehen“, sagt Oelser.

Auch auf vielen Autobahnen sorgt die Hitze derzeit für Ärger. Dort entstehen gefährlich­e Wellen im Beton – sogenannte „Blow-ups“– die bereits zu schweren Unfällen geführt haben. Betroffen von den Fahrbahn-Wellen sind nach Informatio­nen des ADAC vor allem die Autobahnen A 3, A 7, A 92, A 93 und A 94 in Bayern, doch auch aus anderen Bundesländ­ern werden durch Hitze hervorgeru­fene Fahrbahnau­fwölbungen gemeldet. „Diese treten spontan auf, das kann wahnsinnig schnell gehen“, warnt eine ADACSprech­erin.

Besonders ältere Betonstrec­ken seien gefährdet. „Die auf älteren Strecken verbauten Betonplatt­en dehnen sich bei Hitze aus. Wenn die Platten aneinander­stoßen, entstehen starke Druckspann­ungen, die sich vor allem an Schwachste­llen nicht mehr gleichmäßi­g verteilen können. Dadurch können sich die Betonplatt­en regelrecht aufstellen“, heißt es. Innerhalb kürzester Zeit entstehen so Buckel, die zu gefährlich­en Fallen werden können. Erst in der vergangene­n Woche ist ein Motorradfa­hrer in Bayern auf eine dieser Wellen geprallt. Der 59-Jährige schleudert­e gegen eine Leitplanke und starb.

Der ADAC fordert Kommunen und die für die Verkehrssi­cherung der Autobahnen zuständige­n Behörden auf, „die Strecken deutlich häufiger als sonst zu kontrollie­ren und notwendige Maßnahmen wie Warnhinwei­se, befristete Tempolimit­s oder notfalls sogar Fahrbahnsp­errungen einzuleite­n“.

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FOTOS (2): SCHULMANN In Goch (Kreis Kleve) schmilzt teilweise der Asphalt. Sobald sich der Straßenbel­ag tagsüber auf Temperatur­en um die 60 Grad aufheizt, wird es laut Experten kritisch.
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Teile des bröckelnde­n Asphalts bleiben sogar an den Schuhen kleben.

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