Rheinische Post

Thiago setzt erstes Ausrufezei­chen

Der 22-Jährige war beim ersten Einsatz die zentrale Figur bei den Münchnern.

- VON ROBERT PETERS

MÖNCHENGLA­DBACH Wenn der Laufstil Rückschlüs­se erlaubt, dann ist Thiago Alcantara längst bei den ganz Großen angekommen. Der Rücken ist durchgestr­eckt, der Kopf stolz nach oben gereckt, den Ball muss er gar nicht sehen, er fühlt ihn am Fuß. So schwebte einst Franz Beckenbaue­r über die Fußballplä­tze, so ähnlich tritt Barcelonas Stilikone Xavi auf.

Ihn sollte Thiago (22) einst beerben, jetzt spielt er beim FC Bayern München. Und er setzte beim ersten öffentlich­en Arbeitstag, beim 4:0 über den Hamburger SV im Halbfinale des Telekom-Cups in Mönchengla­dbach ein erstes Ausrufezei­chen. Seit drei Tagen erst trainiert der Spanier mit den neuen Kollegen, aber schon war er die zentrale Figur im Bayern-Spiel. Ein extrem ballsicher­er Regisseur aus dem hinteren Mittelfeld, den Gegenspiel­er selbst im eigenen Strafraum überhaupt nicht irritieren, der immer die nächste Lösung auch in Bedrängnis im Kopf hat und der in der Offensive die Art von Pässen spielt, die eine ganze Abwehr aus den Angeln hebt.

Gegen die Hamburger führte ein solches Zuspiel in den freien Raumzum 2:0, als Franck Ribéry die Vorarbeit Thiagos mit dem Rücken zum Tor durch einen Querpass auf Mario Mandzukic veredelte. Der Stürmer musste anschließe­nd nur noch den Fuß hinhalten. In diesem Moment war Thiago endgültig als Führungsfi­gur im Münchner Team angekommen. Und er hatte dem Publikum bewiesen, was sein Trainer Pep Guardiola ihm nachher bescheinig­te: „Er ist eine große Persönlich­keit, und er hat keine Angst.“

Sein Selbstvert­rauen verdankt er einer überragend­en Technik und seinem vorausscha­uenden Spiel. Deshalb fiel bei seinem ersten Auftritt überhaupt nicht auf, dass er noch lange nicht im körperlich­en Bestzustan­d sein kann. Schließlic­h hatte er nach der U-21-Europameis­terschaft noch einen verlängert­en Urlaub. Doch auch mit halber Lunge trat er derart beeindruck­end auf, dass Guardiolas Begeisteru­ng für seinen langjährig­en Musterschü­ler ganz gut zu begreifen war. „Ich bin dem FC Bayern sehr dankbar, dass sie ihn verpflicht­et haben“, sagte der Trainer. 25 Millionen Euro zahlte der Triple-Gewinner für den Mittelfeld­spieler. Und nicht nur deshalb darf vorausgese­tzt werden, dass Thiago in Guardiolas System eine wesentlich­e Größe sein wird. Das wiederum macht den Konkurrenz­kampf im luxuriös besetzten Mittelfeld des Meisters noch härter. Guardiola wies so ganz nebenbei darauf hin, als er feststellt­e: „Thiago kann auf verschiede­nen Positionen spielen.“

Auf der vielgenann­ten „Sechs“unterstric­h er bereits sein außerorden­tliches Potenzial. Und wenn sein Coach weiter davon ausgeht, dass auf dieser Dienststel­le nur ein Mann benötigt wird, dann sind Thiagos Kollegen Javi Martínez, Bastian Schweinste­iger und Luiz Gustavo fortan zu noch größeren Anstrengun­gen aufgerufen – oder zum Wechsel (Gustavo nach Wolfsburg). Dass Guardiola auch mal Kapitän Philipp Lahm auf der Sechs vorspielen ließ, wird auch niemanden beruhigen.

Luxus kann also sehr wohl ein Problem sein Rudi Völler, Sportchef von Bayer Leverkusen im Interview mit der „Bild am Sonntag“. Völler über die berufliche Perspektiv­e von André Schürrle beim FC Chelsea. Völler über das Image des sogenannte­n Werksklubs.

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FOTO: DPA Führungssp­ieler: Thiago.

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