Der neue „Jedermann“kommt gut an
Salzburger Festspiele haben erstmals seit zwölf Jahren das Personal getauscht.
SALZBURG (dpa) So frivol hat man die Buhlschaft selten gesehen. Bei der umjubelten Premiere des neuen Salzburger „Jedermann“am Samstagabend radelte Brigitte Hobmeier unter wildem Gebimmel ihrem Geliebten auf dem Fahrrad in die Arme. Ihres leichten Sommerkleides entledigte sich die 37-jährige Münchnerin rasch und zeigte nach einem angedeuteten Striptease kesse Strapse, bevor sie sich in das obligate rote Festgewand schwang.
Die Neuinszenierung von Hugo von Hofmannsthals Festspiel-Dauerbrenner um Bekehrung und Tod eines „reichen Mannes“war mit großer Spannung erwartet worden, weil sich seit zwölf Jahren kein Regisseur mehr an das Traditionsstück gewagt hatte. Erstmals waren mit dem US-Amerikaner Brian Mertes und dem Briten Julian Crouch zwei Angelsachsen für die Inszenierung verantwortlich. Ihnen gelang vielleicht nicht der ganz große Wurf. Doch ihre poetische Sichtweise des „Mysterienspiels“mit fantasievollen Stabpuppenzaubereien, bizarren Maskenspielen, flotten Tanzeinlagen und Musik von Dixieland bis zum christlichen Choral schien das Publikum auf dem Domplatz zu überzeugen. Als neuer „Jedermann“agierte der österreichische Burgschauspieler Cornelius Obonya, dessen Großvater Attila Hörbiger schon in den 1930er Jahren in dieser Paraderolle brilliert hatte. Obonya spielte glaubwürdig und engagiert, wirkte aber fast ein wenig zu sympathisch, als dass man ihm skrupellose Geldgier wirklich abnahm. Das kostete das Stück Fallhöhe.
Vielleicht den stärksten Eindruck hinterließ der großartige Peter Lohmeyer als Tod. Lohmeyer war das Gegenteil von Ben Becker: ein hagerer, fast zärtlicher Tod im Stile von Murnaus Schwarz-Weiß-Streifen „Nosferatu“aus den 1920er Jahren, der mit seinem eigenen Schicksal hadert. Fast beiläufig schickt er Jedermann ins Jenseits, indem er im Vorübergehen ein Leichentuch über ihn deckt. Seinen mit grünen Zweigen geschmückten Umhang lässt er neben dem Grab stehen. Christliche Jenseitsvorstellungen von Tod, Jüngstem Gericht und Auferstehung werden hier nicht bedient. Eher die Vorstellung des ewigen natürlichen Kreislaufs von Werden und Vergehen. Zum versöhnlichen Ende darf jeder der Truppe ein Schäufelchen Erde auf Jedermanns sterbliche Überreste werfen. Stumm verharren die Schauspieler an der Rampe, wie es jahrzehntelang am Schluss des „Jedermann“üblich war, bevor die Bühnenmusik einen jazzigen Rausschmeißer anstimmt, in den das Publikum mit rhythmischem Händeklatschen begeistert einstimmt.