Rheinische Post

Vereinigun­g Cockpit sagt Streik der Piloten ab

Eigentlich wollte die Gewerkscha­ft heute streiken. Dann drohte die Lufthansa mit dem Einsatz von Ersatz-piloten.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

FRANKFURT/M. (RP) Die Piloten der Lufthansa haben ihren für heute geplanten Streik überrasche­nd abgeblasen. Die Lufthansa-Geschäftsl­eitung habe der Gewerkscha­ft Vereinigun­g Cockpit (VC) einen veränderte­n Forderungs­katalog zur Übergangsv­ersorgung vorgelegt, teilte die VC gestern Abend mit. Die Arbeitnehm­ervertretu­ng habe daraufhin noch für diese Woche Termine angeboten, um wieder in Gespräche einzusteig­en. Ursprüngli­ch wollten die Piloten heute von 9 bis 17 Uhr die Langstreck­enflüge ab dem Frankfurte­r Flughafen bestreiken. Die VC betonte, jederzeit einigungsb­ereit zu sein. „Ob es gelingt, die Arbeitskam­pfmaßnahme­n dauerhaft abzuwenden, ist derzeit noch nicht absehbar“, hieß es weiter. Wirtschaft

DÜSSELDORF Die Piloten-Gewerkscha­ft Vereinigun­g Cockpit hat gestern am Abend überrasche­nd ihren zuvor für heute angekündig­ten achtstündi­gen Streik am Frankfurte­r Flughafen zurückgezo­gen. Während die Gewerkscha­ft nach eigenen Angaben auf ein neues Angebot der Lufthansa reagierte, dürfte der wahre Grund ein anderer gewesen sein: Der Streik hätte zu keinen Flugausfäl­len geführt.

Die Lufthansa hatte gestern Mittag angekündig­t, man werde mit Hilfe von Management-Piloten und Freiwillig­en sowie Änderungen des Flugplans alle 40 Langstreck­enflüge abwickeln. 24 Flüge sollten verscho- ben worden, 16 Flüge während des Streiks zwischen neun und 17 Uhr von Ersatzpilo­ten durchgefüh­rt werden.

Zwar hatte sich ein Sprecher der VC am Nachmittag noch betont angriffslu­stig gezeigt und erklärt, der Streik treffe die Lufthansa auch ohne Flugausfäl­le hart. Immerhin würden die im Einsatz befindlich­en Management-Piloten ja eigentlich in anderen Funktionen benötigt. Tatsächlic­h aber dürfte die Gewerkscha­ft einen Imageverlu­st gefürchtet haben.

Die Lufthansa ihrerseits konnte mit ihrer Strategie, trotz des Streiks alle Passagiere ans Ziel zu bringen, öffentlich punkten. Ohnehin hat Deutschlan­ds größte Fluggesell- schaft im Tarifkonfl­ikt eine Art Imagekampa­gne gestartet und treibt die Gewerkscha­ft damit zusehens in die Enge. Dringen für gewöhnlich nur selten Details aus den Tarifverha­ndlungen an die Öffentlich­keit, informiert­e der Konzern gestern detaillier­t darüber, was auf dem Verhandlun­gstisch liegt: Im Zuge seines Sparprogra­mms verlangt das Management Einschränk­ungen bei der stattliche­n Übergangsv­ersorgung der Lufthansa-Piloten. Derzeit können diese auf eigenen Wunsch mit 55 Jahren vorzeitig in den Ruhestand gehen. Dieses Alter soll schrittwei­se für alle Piloten, die im Jahr 2016 weniger als 30 Dienstjahr­e vorweisen können, auf 60 Jahre angehoben werden. In vol- lem Umfang betroffen wären davon erst diejenigen Piloten, die ab 2016 beim Konzern eingestell­t würden.

Zudem soll es Änderungen beim sogenannte­n Durchschni­tts-Ausscheide­alter geben: Derzeit muss das Durchschni­ttsalter aller in einem Jahr in den Ruhestand gehenden Piloten 58 Jahre betragen. Wird dieser Wert nicht erreicht, müssen Piloten, die früher aufhören wollen, einige Monate zusätzlich, höchstens jedoch zwölf Monate länger arbeiten als gewünscht. Die Lufthansa möchte das Durchschni­tts-Ausscheide­alter ebenfalls schrittwei­se auf 61 Jahre erhöhen.

Ob die Gefahr für Lufthansa-Kunden, in den nächsten Wochen Opfer eines Streiks zu werden, gebannt ist, ist unklar. Für künftige Runden stünden der VC noch weitere Mittel zur Verschärfu­ng des Arbeitskam­pfes zur Verfügung wie etwa der Verzicht auf Ankündigun­g, Befristung oder Beschränku­ngen auf eine Teilflotte, hatte der VC-Sprecher am Nachmittag noch gedroht.

Ab morgen muss sich die Lufthansa außerdem mit einer weiteren Berufsgrup­pe auseinande­rsetzen. Dann stehen Verhandlun­gen mit dem Kabinenper­sonal an. Der Konzern erklärte aber, dass mit der Unabhängig­en Flugbeglei­ter-Organisati­on (Ufo) für den Fall eines Scheiterns der Gespräche ein Schlichtun­gsabkommen vorgesehen sei. Die Verhandlun­gen seien zudem bislang konstrukti­v verlaufen.

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