Vereinigung Cockpit sagt Streik der Piloten ab
Eigentlich wollte die Gewerkschaft heute streiken. Dann drohte die Lufthansa mit dem Einsatz von Ersatz-piloten.
FRANKFURT/M. (RP) Die Piloten der Lufthansa haben ihren für heute geplanten Streik überraschend abgeblasen. Die Lufthansa-Geschäftsleitung habe der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) einen veränderten Forderungskatalog zur Übergangsversorgung vorgelegt, teilte die VC gestern Abend mit. Die Arbeitnehmervertretung habe daraufhin noch für diese Woche Termine angeboten, um wieder in Gespräche einzusteigen. Ursprünglich wollten die Piloten heute von 9 bis 17 Uhr die Langstreckenflüge ab dem Frankfurter Flughafen bestreiken. Die VC betonte, jederzeit einigungsbereit zu sein. „Ob es gelingt, die Arbeitskampfmaßnahmen dauerhaft abzuwenden, ist derzeit noch nicht absehbar“, hieß es weiter. Wirtschaft
DÜSSELDORF Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit hat gestern am Abend überraschend ihren zuvor für heute angekündigten achtstündigen Streik am Frankfurter Flughafen zurückgezogen. Während die Gewerkschaft nach eigenen Angaben auf ein neues Angebot der Lufthansa reagierte, dürfte der wahre Grund ein anderer gewesen sein: Der Streik hätte zu keinen Flugausfällen geführt.
Die Lufthansa hatte gestern Mittag angekündigt, man werde mit Hilfe von Management-Piloten und Freiwilligen sowie Änderungen des Flugplans alle 40 Langstreckenflüge abwickeln. 24 Flüge sollten verscho- ben worden, 16 Flüge während des Streiks zwischen neun und 17 Uhr von Ersatzpiloten durchgeführt werden.
Zwar hatte sich ein Sprecher der VC am Nachmittag noch betont angriffslustig gezeigt und erklärt, der Streik treffe die Lufthansa auch ohne Flugausfälle hart. Immerhin würden die im Einsatz befindlichen Management-Piloten ja eigentlich in anderen Funktionen benötigt. Tatsächlich aber dürfte die Gewerkschaft einen Imageverlust gefürchtet haben.
Die Lufthansa ihrerseits konnte mit ihrer Strategie, trotz des Streiks alle Passagiere ans Ziel zu bringen, öffentlich punkten. Ohnehin hat Deutschlands größte Fluggesell- schaft im Tarifkonflikt eine Art Imagekampagne gestartet und treibt die Gewerkschaft damit zusehens in die Enge. Dringen für gewöhnlich nur selten Details aus den Tarifverhandlungen an die Öffentlichkeit, informierte der Konzern gestern detailliert darüber, was auf dem Verhandlungstisch liegt: Im Zuge seines Sparprogramms verlangt das Management Einschränkungen bei der stattlichen Übergangsversorgung der Lufthansa-Piloten. Derzeit können diese auf eigenen Wunsch mit 55 Jahren vorzeitig in den Ruhestand gehen. Dieses Alter soll schrittweise für alle Piloten, die im Jahr 2016 weniger als 30 Dienstjahre vorweisen können, auf 60 Jahre angehoben werden. In vol- lem Umfang betroffen wären davon erst diejenigen Piloten, die ab 2016 beim Konzern eingestellt würden.
Zudem soll es Änderungen beim sogenannten Durchschnitts-Ausscheidealter geben: Derzeit muss das Durchschnittsalter aller in einem Jahr in den Ruhestand gehenden Piloten 58 Jahre betragen. Wird dieser Wert nicht erreicht, müssen Piloten, die früher aufhören wollen, einige Monate zusätzlich, höchstens jedoch zwölf Monate länger arbeiten als gewünscht. Die Lufthansa möchte das Durchschnitts-Ausscheidealter ebenfalls schrittweise auf 61 Jahre erhöhen.
Ob die Gefahr für Lufthansa-Kunden, in den nächsten Wochen Opfer eines Streiks zu werden, gebannt ist, ist unklar. Für künftige Runden stünden der VC noch weitere Mittel zur Verschärfung des Arbeitskampfes zur Verfügung wie etwa der Verzicht auf Ankündigung, Befristung oder Beschränkungen auf eine Teilflotte, hatte der VC-Sprecher am Nachmittag noch gedroht.
Ab morgen muss sich die Lufthansa außerdem mit einer weiteren Berufsgruppe auseinandersetzen. Dann stehen Verhandlungen mit dem Kabinenpersonal an. Der Konzern erklärte aber, dass mit der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation (Ufo) für den Fall eines Scheiterns der Gespräche ein Schlichtungsabkommen vorgesehen sei. Die Verhandlungen seien zudem bislang konstruktiv verlaufen.