„Piloten haben jedes Maß verloren“
Der Passage-vorstand der Lufthansa wirft den streikenden Piloten „Kompromisslosigkeit“vor. Außerdem erklärt der Lufthansa-manager, warum der Flughafen Düsseldorf bei Europas größter Airline gerade viele Sympathien verspielt.
Die Lufthansa ist in diesem Jahr mehrfach von ihren Piloten bestreikt worden. Was kostet das Lufthansa? GARNADT Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit hat offenbar jedes Maß verloren. Die drei Streiktage im April haben uns 60 Millionen Euro gekostet, die jüngsten Streikwellen einen weiteren zweistelligen Millionen-Betrag. Nicht absehbar ist der Image-Schaden, den wir als zuverlässige und pünktliche Airline erleiden. Wir sehen bei Privatreisekunden schon eine deutliche Buchungszurückhaltung, insbesondere bei Flügen zu klassischen Urlaubszielen. Bei den Geschäftsreisen ist das glücklicherweise weniger deutlich, weil diese Kunden sehr viel kurzfristiger buchen. Warum kommen Sie den Piloten nicht weiter entgegen? GARNADT Weil wir dringend wettbewerbsfähige Kosten brauchen. Bei den Piloten geht es konkret um sehr moderate Einschnitte bei der Übergangsversorgung im Vorruhestand. Eine vergleichbare Regelung, bei der Mitarbeiter bereits mit 55 ausscheiden können, gibt es in ganz Europa nur noch bei der Lufthansa. Wir respektieren den Bestandsschutz der aktiven Piloten und bieten ihnen eine schrittweise Anpassung an. Aber bei der neuen Pilotengeneration müssen wir zu einer zeitgemäßen, eigen-finanzierten Übergangsversorgung kommen. Brauchen wir vor diesem Hintergrund ein Streikverbot? GARNADT Wir respektieren das Streikrecht. Es gibt aber in der Verkehrswirtschaft Bereiche, die so sensibel sind, dass Streiks dort der gesamten Volkswirtschaft schaden. Hier brauchen wir Ansätze, die vorsehen, dass die unterschiedlichen Gewerkschaften ihre Tarifauseinan- dersetzungen in einem verabredeten Zeitkorridor bündeln. Dann kann es nur noch eine von Streiks bedrohte Periode pro Tarifrunde geben. Auch weil wir mit Fluglinien vom arabischen Golf im Wettbewerb stehen. Dort kennt man weder Tarifverträge noch Streiks. Aber die Golf-Carrier sind auch billiger, wenn die Lufthansa nicht bestreikt wird . . . GARNADT . . . weil sie Teil von staatlich finanzierten Luftfahrtmonopolen sind. Trotzdem machen die uns im Premium-Segment nichts vor. Wir haben das größte Angebot in der Business- und in der First Class. Aber wir brauchen auch eine Antwort im preissensiblen Privatreisesegment. Im Europaverkehr haben wir mit dem Aufbau unserer LowCost-Töchter Germanwings und Eurowings bewiesen, dass wir das können. Deshalb prüfen wir ein neues Low-Cost-Langstreckenangebot. Die Entscheidung fällt vor Weihnachten. Wie groß wird Ihr Billig-Langstreckenflieger? GARNADT Der Businessplan sieht sieben Low-Cost-Langstreckenflugzeuge vor. Starten würden wir erst einmal mit zwei bis drei Maschinen. Wieviel können Passagiere dabei sparen? GARNADT Die unterste Preiskategorie könnte ein Drittel günstiger sein als bisherige Langstrecken-Angebote. Mögliche Ziele liegen in Nord- amerika und Asien. Wir haben auch klassische Sonnenziele im Blick. München und NRW buhlen um die Heimatbasis. Wer hat die Nase vorn? GARNADT Wir sind mit den Flughäfen in München, Köln und Düsseldorf im Gespräch. Köln ist ein etablierter Low Cost Airport. Düsseldorf ein etablierter Langstrecken-Airport. Die Flughafen-Gebühren und die Nebenkosten für Passagiere wie Parkgebühren sind bei einem LowCost-Angebot sehr wichtig. Da hat Köln, bezogen auf NRW, klar die Nase vorn. Der Flughafen Düsseldorf investiert aber offenbar lieber in Positionen für Flugzeuge aus Dubai, die dann die Passagiere zum Umsteigen an den arabischen Golf befördern. Mit jedem neuen Zu- bringerflug zu den Umsteigehubs in der Golfregion wird der für Flughafen Düsseldorf für interkontinentale Direktverbindungen anderer Fluggesellschaften uninteressanter. Warum soll Emirates in Düsseldorf keine Langstrecken anbieten dürfen? GARNADT Dürfen sie. Aber man wird in Düsseldorf auf Dauer nicht beides entwickeln können. Dann ist die langfristige Perspektive in Düsseldorf eher eine Zubringerfunktion für Dubai oder Abu Dhabi. Ist das Nachtflug-Verbot in Düsseldorf ein Standort-Nachteil? GARNADT Für uns nicht. Düsseldorf will mehr Start- und Landerechte am frühen Morgen und am späten Abend. Beeinflusst das Ihre Standort-Entscheidung? GARNADT Natürlich finden wir es als Airline wichtig, dass die vorhandene Flughafen-Infrastruktur an Deutschlands wichtigsten Flughäfen optimal genutzt werden kann. Aber eine Erweiterung der Kapazitäten in Düsseldorf ist für uns bei der aktuellen Standortentscheidung nicht die wichtigste Frage. Warum kommt der Flughafen Weeze in Ihren Überlegungen gar nicht vor? GARRNADT Die Luftfahrt braucht weniger, aber dafür leistungsfähige Airports an hervorragend erschlossenen Standorten, die wachsen können. Selbst der Billigflieger Ryanair taucht inzwischen an den Flughäfen Köln und Brüssel auf. Offensichtlich hat man in Irland bemerkt, dass das Passagierpotenzial für Provinzflughäfen begrenzt ist.