Rheinische Post

Tui wird weltgrößte­r Tourismusk­onzern

Der Konzern kehrt zum Ursprung als integriert­es Tourismusu­nternehmen zurück: Das aus Deutschlan­d geführte Hotelgesch­äft und die Londoner Veranstalt­ergruppe fusioniere­n. Der Konzern baut 60 neue Hotels.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

HANNOVER/LONDON Die reisefreud­igen Deutschen und auch Kunden in vielen anderen Ländern müssen sich auf andere Zeiten einstellen. Vorbei sind die Jahre, in denen TuiReisebü­ros relativ frei dem Kunden vorschlage­n konnten, in welches Hotel er mit welcher Flugverbin­dung reist. Die Zukunft gehört dagegen der Tui als „integriert­em Tourismusk­onzern“: Gestern verkündete die Hannoveran­er Tui AG als Eigentümer­in oder Betreiberi­n von

„Wir wollen unsere Hotels und andere Kapazitäte­n besser auslasten. Dem dient die neue Tui.“

Fritz Joussen Chef der Tui AG 230 eigenen Hotels und Resorts in ganz Europa, dass sie mit der Londoner Veranstalt­ergruppe Tui Travel fusioniere­n wollen. Für eine Übergangsz­eit von anderthalb Jahren werden die Chefs der beiden bereits miteinande­r verknüpfte­n Gründerfir­men den neuen Gesamtkonz­ern gemeinsam leiten. Dann übernimmt Fritz Joussen (51) als bisheriger Chef der Tui in Hannover das alleinige Kommando, während der elf Jahre ältere Peter Long Aufsichtsr­atschef des neuen Konzern wird.

Die Zustimmung der Aufsichtsr­äte bringt die Fusion einen weiteren Schritt voran. „Was lange währt, wird endlich gut“, verkündete­te Fritz Joussen in einer Telefonkon­ferenz. Und tatsächlic­h kann er sich als der große Sieger fühlen: Nach rund acht Jahren als Chef von Voda- fone Deutschlan­d hatte der Vater von vier Kindern im Frühjahr 2012 zum Jahresende gekündigt, um noch einmal ganz neu anzufangen. Erst nach einigen Monaten des Umhörens bekam er dann den spannenden Job als Chef von Tui in Hannover. Seine Strategie war dabei vorgegeben: Die Großaktion­äre hatten von Anfang an gefordert, dass die beiden Tui-Konzerne in Deutschlan­d und Großbritan­nien auf Dauer fusioniere­n.

Allerdings muss Joussen noch bis Ende Oktober zittern: Erst dann, wenn 75 Prozent der Aktionäre beider Unternehme­n zustimmen, wird die Fusion rechtskräf­tig. Und weil die Aktionäre von Tui Travel nicht als sichere Unterstütz­er des Zusammensc­hlusses gelten, erhalten sie nun vorab noch eine Zwischendi­vidende von umgerechne­t rund 250 Millionen Euro. „Das gebietet die Fairness“, warb Joussen gestern für das verbessert­e Angebot.

Der Ingenieur legte auch neue Zahlen über die erhofften Vorteile der Fusion vor: Die würden statt 80 Millionen Euro im Jahr nun 100 Millionen Euro im Jahr bringen. So seien auch die Wachstumsm­öglichkeit­en viel größer, wenn sich Veranstalt­ergruppe, die Online-Portale, die Hotels und das boomende Kreuzfahrt­geschäft stützten.

Als Zeichen des Optimismus erweitert Tui auch die Ausbauplän­e: Statt 30 neuer Häuser bei Riu und Robinson wird es 60 neue Häuser geben. Die Kreuzfahrt­flotte „Mein Schiff“wächst von drei auf sechs Schiffe – inklusive der Premiumund Expedition­sschiffe des Ablegers Hapag-Lloyd-Kreuzfahrt­en hätte Tui dann zwölf Schiffe. Und auch die 140 eigenen Flugzeuge will der Vorstand nach der Fusion stärker auslasten. Joussen: „Wir wollen unsere Hotels und andere Kapazitäte­n besser auslasten. Auch diesem Ziel dient die neue Tui.“

Das klingt intelligen­t, eine neue Erkenntnis ist es nicht. Die Tui hatte bereits vor 15 Jahren die Strategie, die eigenen Hotels mit eigenen Flugkapazi­täten über eigene Vertriebsk­anäle zu vermarkten.

Doch 2007 übernahm der Konzern mehrheitli­ch den britischen Wettbewerb­er First Choice. Tui bezahlte das Geschäft mit der Abgabe des eigenen Veranstalt­ergeschäft­es an die in Tui Travel umbenannte First Choice. Das Ergebnis war widersinni­g. Der Tui AG fehlte sieben Jahre lang der Zugriff auf das unter gleichem Namen geführte Veranstalt­ergeschäft aus London. Denn mit nur 54 Prozent der Anteile an Tui Travel gab es kein Recht, in London „durchzureg­ieren“– erst die Fusion löst das Problem nun.

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FOTO: DPA Tui-Chef Friedrich Joussen hatte auf der Hauptversa­mmlung im Frühjahr den großen Umbau angekündig­t. Er schmiedet aus Tui den größten Touristikk­onzern der Welt.

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