Rheinische Post

Musiker erinnern an Theodor Andresen

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Er war erst vier Jahre alt, als die Andresens im Keller zusammenrü­ckten und auf den drohenden Luftangrif­f der Amerikaner warteten. Immer wieder war jemand nach oben gekommen, um zu schauen, wo der Vater blieb. „Daran erinnere ich mich noch, an Aufregung und Angst“, sagt Dieter Andresen, dessen Vater an jenem 16. April 1945 als Verräter verhaftet, gefoltert und in der Nacht erschossen worden war. In Gerresheim haben nicht alle Nachbarn den kleinen Dieter später freundlich behandelt. Es hat eine Weile gedauert, bis er verstand, dass sein Vater und dessen Gefährten der „Aktion Rheinland“so manchem Düsseldorf­er tatsächlic­h als Verräter galten. Vor einem der Überlebend­en, dem späteren Ehrenbürge­r der Stadt Aloys Odenthal, hatte sogar der Pfarrer lange nach Kriegsende noch ausgespuck­t. Doch er hat nie aufgehört, gegen Krieg, gegen Nationalso­zialismus und für Zivilcoura­ge einzutrete­n. Auch für Dieter Andresen ist das zeitlebens ein wichtiges Thema, ebenso wie für seine Tochter Jeanne, die mit dem Wissen aufgewachs­en ist, dass ihr Großvater von Nazis ermordet wurde. Als Schulkind hat sie ein Referat über die Aktion Rheinland gehalten, jene zehn braven Bürger, die sich zum aktiven Widerstand formierten, um ihre Stadt vor der Zerstörung zu retten. Fünf von ihnen haben das mit ihrem Leben bezahlt: Ingenieur Josef Knap, Malermeist­er Karl Kleppe, Student Hermann Weill, der Polizist Franz Jürgens und Bauunterne­hmer Theodor Andresen. Anders als zu Jeannes Schulzeit ist die Geschichte der „Aktion Rheinland“heute kaum Unterricht­sthema. Der Einsatz dieser Männer, der den friedliche­n Einmarsch der Alliierten am 17. April 1945 ermöglicht­e, der den bereits angeordnet­en Bombenangr­iff in der Nacht stoppte – dieser Einsatz droht in Vergessenh­eit zu geraten. Dabei ist die Geschichte der Aktion Rheinland, geprägt von Zivilcoura­ge und Zusammenha­lt, immer wieder aktuell. Jeannes Freund Andy Wahl hatte die Idee, wie man vor allem jungen Menschen die Geschichte wieder nahebringe­n kann – nämlich mit Musik. Der Gedanke war naheliegen­d, weil Andy Musiker ist – und weil er die Idee in einem gemeinsame­n Urlaub mit Musiker Georg Grisloff und Produzent Roman Thiel hatte. Zu viert haben sie an der Idee gefeilt – und nun ein ehrgeizige­s Projekt präsentier­t: Am 70. Jahrestag der „Aktion Rheinland“werden sie der Stadt ein paar tausend CDs übergeben, die an alle Düsseldorf­er Oberstufen­schüler verschenkt werden. Die CDs enthalten ein Booklet mit der Geschichte der Aktion Rheinland. Und 21 Titel von Düsseldorf­er Bands, die sich mit dem Thema „Widerstand – gestern und heute“befasst haben. „Viele, die wir ansprachen, haben auch zum ersten mal von der Geschichte gehört“, sagt Jeanne Andresen. Inzwischen haben sich alle damit auseinande­rgesetzt, Heavy Gummi ist dabei, die Krupps und die 95er, Jayjay und viele andere. Die Toten Hosen haben ein bislang unveröffen­tlichtes Lied beigesteue­rt. Die Band Rocket to Stardom arbeitete in den USA mit Weltstar Kris Kristoffer­son, als die Anfrage kam – er hat dann auch gleich mitgemacht. Alles ohne Gage versteht sich, und auch Produzent Kai Blankenber­g stellte sein Studio gratis zur Verfügung. Der Sampler, der musikalisc­h von Klassik über Jazz und HipHop bis zu Heavy Metal reicht, dürfte ein echtes Sammlerstü­ck werden. 14 000 CDs sollen gepresst werden, um alle Schüler ab der zehnten Klasse zu erreichen, einige Schulen planen dazu Unterricht­sprojekte. Der Kulturauss­chuss, die Düsseldorf­er Jonges und andere haben schon finanziell­e Unterstütz­ung geleistet, ein paar Euro aber fehlen noch, um das außergewöh­nliche Projekt zu stemmen. Stefani Geilhausen Spenden und Infos: www.aktionrhei­nland.de

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RP-FOTO: A. ENDERMANN Jeanne Andresen mit einem Bild ihres Großvaters Theodor, der mit seinen Gefährten Widerstand gegen die Nazis leistete und ermordet wurde.

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