„In Düsseldorf ist alles ein bisschen zu brav“
Der Künstler Jårg Geismar ist überzeugt: Häufiger mangelt es an Ideen als an Geld. Kunst, so sagt er, müsse frech sein.
In Düsseldorf ist Jårg Geismar zu Hause, und nach Düsseldorf kehrt er von seinen Auslandsaufenthalten immer wieder gern zurück. Seine Werke befinden sich in den öffentlichen Kunstsammlungen von Lodz, Marseille, Tokio und Uppsala. Geismar kennt die Welt, aber er kennt auch seine Wahlheimat Düsseldorf und deren Vergangenheit. Er weiß also, dass die hiesige Kunstszene schon einmal erheblich lebendiger war als heute. Waren das noch Zeiten, als Günther Uecker mit einem riesigen Nagel durch die Stadt spa- bedauernd. Sie scheuten Konflikte. „Kunst muss frech sein, muss die Leute motivieren“, findet Geismar. Stattdessen interessierten sich Kunststudenten heute vor allem dafür, wie sich eine Ausstellungsgelegenheit und vielleicht auch schon ein Galerist finden lasse. Geismar hat die Erfahrung gemacht, dass es immer gleich ums Verkaufen gehe; „aber erst will ich mal eine Idee sehen“. Ohnehin mangele es häufiger an guten Einfällen als an Geld.
Geismars Kritik ist ernst zu nehmen, weil es sich nicht um die Kritik eines Außenstehenden handelt, sondern um Einwendungen eines Mannes, der seit mehr als 30 Jahren durch immer wieder neue Ideen Aufmerksamkeit erregt – allerdings weniger in Düsseldorf, wo sich keine einzige seiner Arbeiten in einem Museum befindet, sondern im Ausland. Allein schon sieben japanische Museen haben Werke von Geismar aus seinem Atelier in Flingern erworben. In Uppsala zum Beispiel rief er über den lokalen Rundfunk die Bevölkerung dazu auf, dem dortigen Kunstmuseum Schlüssel für eine Installation zu bringen. So versetzte er eine ganze Stadt in einen vorübergehenden Kunstrausch, der sich um die Themen Erinnerung und Kommunikation drehte.
Wer mit der Düsseldorfer Szene so herb ins Gericht geht wie Geismar, muss sich selbstverständlich einen kritischen Blick auf die eigenen Arbeiten gefallen lassen. Die sind in der Tat auf Anhieb als Kunst erkennbar, die nicht dem Mainstream folgt. Wer den kleinen Ausstellungsraum von Martin Leyer-Pritzkow an der Grupello- straße in der Innenstadt erwartungslos betritt, wird davon überrascht sein, wie lapidar das Arrangement wirkt.
Schon die Materialwahl hat etwas Provokatives. An der Wand hängen unter anderem drei farbig bemalte Cellophanhüllen von Zigarettenschachteln. Andere, erheblich größere Bilder zeigen andeutungsweise Projektoren, Ventilatoren und Radiogeräte, überwiegend in transparenten Rottönen auf eine Glasfläche und deren Rückseite gemalt. Hinten ist das Bild offen, so dass die Wand durchschimmert und die Malerei auf die Tapete sich wandelnde Schatten wirft, sobald man mit einer Lichtquelle hantiert.
Im Zentrum der Schau steht die aus 165 Einzelteilen bestehende Arbeit „Piccolo Cinema“, eine Installation aus Dutzenden roter Zigarettenschachteln, die jeweils zwei Kronkorken als Augen tragen und auf die Projektionen eines Diaprojektors und zweier Filmprojektoren gerichtet sind.
Die Materialien der Wegwerfgesellschaft, mit denen Geismar hier das Thema Kommunikation verbildlicht, sind also denkbar karg, und das ist ihm wichtig. „Mit wenig Geld geht sehr, sehr viel“, diese Erfahrung hat er im Ausland wie auch in Düsseldorf gemacht. Stets musste er sich mit einem kleinen Budget begnügen. Geismar springt gedanklich von seiner kleinen, eben erst vollendeten Kino-Installation zum großen Kino, das man Welt nennt. „Das große Kino ist wie das kleine“,