Rheinische Post

Platz 2: „Trans Europa Express“von Kraftwerk

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Ich weiß, dass man das Wort „makellos“nicht steigern kann, aber „Trans Europa Express“von Kraftwerk ist das makelloses­te Stück Musik, das ich kenne. Es gehört zu einer knapp 20-minütigen Suite, die sich über die gesamte BSeite des gleichnami­gen Albums aus dem Jahr 1977 erstreckt, und genau genommen darf man das Lied nicht aus diesem Kontext reißen.

Vom ersten Album an hat Kraftwerk nach einem Sound gesucht, den man nie über hat, den man endlos hören kann. Die besten Stücke von Kraftwerk sind darauf angelegt, ewig zu laufen; die Musiker stoßen sie lediglich an, bringen sie zum Schwingen, und dann schicken sie sie in die Welt.

„Trans Europa Express“ist die Perfektion­ierung dieses Prinzips, es zeigt die Gruppe auf dem Höhepunkt ihres Könnens. Das Lied ist präzise gebaut, dabei aber warm und menschlich. Es ist eine akustische Bahnreise, und in dieser Kompositio­n ist alles enthalten, was man beim Unterwegss­ein spürt: die Lust am Aufbruch, die Melancholi­e des Abreisens, Müdigkeit, Gleichmaß. „Trans Europa Express“ist perfekt produziert, es klingt heute noch großartig, und wenn ich nur zwei Minuten der Musik behalten dürfte, die ich besitze, ich würde „Metall auf Metall“wählen, das kurze Zwischenst­ück der Suite. Ich würde es jeden Tag hören und mich alle 100 Jahre erneut wundern: Klingt, als sei es eben erst entstanden.

Auf das elegante Stampfen in „Metall auf Metall“kann man alle Genres der elektronis­chen Musik zurückführ­en. House- und TechnoProd­uzenten fanden hier ihre Inspiratio­n. Das Finale von „Trans Europa Express“heißt übrigens „Endlos Endlos“. Es ist ewig gültig.

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