Das große Geschacher
BERLIN Der 9. September wird ein spannender politischer Tag in Berlin. Dann treffen sich die Ministerpräsidenten der Länder, um endlich eine gemeinsame Linie für die Reform der Bund-LänderFinanzbeziehungen zu finden. Am selben Tag wird sich voraussichtlich auch noch die Bundeskanzlerin mit den Länderchefs zusammensetzen. Bei diesem Gespräch soll es dann um die Flüchtlingshilfe gehen. Bund und Länder stehen unter großem Handlungsdruck, weil die Kommunen mit der Versorgung von deutlich mehr als 400000 Asylsuchenden im laufenden Jahr logistisch, personell und finanziell überfordert sind.
Die beiden Themen haben eines gemeinsam: Es geht den Ländern dabei um mehr Geld vom Bund für sich selbst und ihre Kommunen. Zu diesen beiden politischen Großbaustellen des Herbstes lassen sich ohne Mühe noch viele kleinere hinzufügen, bei denen es ebenfalls um zusätzliche Finanztransfers des Bundes an die Länder geht.
So soll der Bund auch die Regionalisierungsmittel für den Schienen-Nahverkehr um eine Milliarde Euro aufstocken. Er soll das versprochene Bundesteilhabegesetz, in dem es um einen Milliarden-Anteil des Bundes an der Behindertenhilfe geht, schneller auf den Weg bringen. Mehr Fördermittel vom Bund wollen die Länder auch für den sozialen Wohnungsbau, für den sie allein zuständig sind – und er soll den Ländern wie selbstverständlich jene Milliarde Euro weiterreichen, die er pro Jahr für das Betreuungsgeld an Familien hatte ausgeben wollen, das aber am Verfassungsgericht gescheitert war.
Alles zusammen ist aus Sicht des Bundes zu viel verlangt. Denn addiert man alle Länderwünsche, kommt man schnell auf einen zweistelligen Milliardenbetrag. Um von den Ländern nicht komplett ausgezogen zu werden und um auch eigene Ziele in der Asyl- und Steuerpolitik durch den Bundesrat zu brin- gen, strebt Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) in diesem Herbst ein großes Bund-Länder-Paket an. Strippenzieher Altmaier hat solche Deals schon häufiger hinbekommen, etwa als Umweltminister mit dem AtommüllEndlagersuchgesetz-Kompromiss oder als Kanzleramtschef beim Asylkompromiss mit den Ländern vor einem Jahr.
Anders als damals geht es in diesem Herbst vor allem um Finanzfragen. Dabei sind die Interessen von Bund und Ländern unterschiedlich verteilt. Dem Bund geht es vor allem um eine rasche Linderung des Flüchtlingsproblems, denn er fürchtet, die noch unproblematische Stimmung in der Bevölkerung könnte kippen, wenn die Behörden das Problem nicht bald bewältigen. Das fürchten zwar auch die Länder, doch die politische Verantwortung für das Elend vor Ort und den nicht abreißenden Asylbewerber-Strom trägt die Bundesregierung. Umgekehrt ist es bei der Reform der Bund-Länder-Finanzen: Hier sind es die Länder, deren Interesse an einer Lösung größer sein muss.
Mit dem Auslaufen des Solidarpakts Ende 2019 müssen die Ost-Länder endgültig auf spezielle Bundeszuweisungen daraus verzichten, der Bund will dann den „Soli“ab 2020 schrittweise bis 2030 abschaffen. „Die größere Not bei der Reform der Bund-Länder-Finanzen haben die Länder. Denn wenn nichts passiert, bleibt alles beim Alten und die Länder sind die Leidtragenden“, sagt Eckhardt Rehberg, der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. So liegt es nahe, dass Altmaier beide Themen miteinander verknüpft – frei nach dem Motto: Ihr kommt mir in der Asyl- und Flüchtlingspolitik entgegen, ich helfe euch bei der Finanzreform.
Die Flüchtlingshilfe wird den Bund künftig richtig viel Geld kosten. Bisher hat er Ländern und Kommunen zugesagt, den Betrag von zunächst 500 Millionen Euro auf eine Milliarde im laufenden Jahr zu verdoppeln. Diese Ankündigung habe aber auf halb so hohen Asyl-
Eckhardt Rehberg, CDU