Rheinische Post

IN NRW Der Nazi-Koloss in der Eifel

Die „Ordensburg“Vogelsang sollte einst als Kaderschmi­ede der NSDAP dienen. Nach langer Umbauzeit soll das neue Besucherze­ntrum Ende des Jahres fertig sein.

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Seit einiger Zeit macht das Betonmonst­er in Prora auf Rügen verstärkt von sich reden. Die über vier Kilometer (!) lange Wohnanlage wurde von den Nazis errichtet – jedoch nie fertiggest­ellt. Etwa 20 000 Deutsche hätten dort Urlaub machen können. Im Nordteil befindet sich zwar eine Jugendherb­erge, doch durch den Rest pfeift der Ostseewind. Prora soll nun in einen Komplex mit edlen Eigentumsw­ohnungen umgewandel­t werden.

Auch in NRW gibt es eine Art Prora: Burg Vogelsang im Nationalpa­rk Eifel. In diesem Nazi-Koloss mit seinen wuchtigen Gebäuden sollten junge Männer („Junker“) als Führungsna­chwuchs der NSDAP geistig und körperlich gedrillt werden. Hitler besuchte die damals sogenannte Ordensburg im Jahr 1936. Mit den Planungen war der Kölner Architekt Clement Klotz beauftragt worden, der auch Prora konzipiert­e.

Während des Krieges diente Vogelsang als Krankenhau­s für die Re- gion. 1945/46 wurde das weitläufig­e Areal zunächst von den Briten, dann von belgischem Militär als Übungsplat­z genutzt. Nach Abzug der Belgier öffnete Vogelsang 2006 seine Tore für Besucher. Pro Jahr nehmen inzwischen rund 200 000 Menschen die gigantoman­ische Architektu­r in Augenschei­n. Die meisten Gebäude werden niemals genutzt werden können. Sie bleiben ein steinernes Zeugnis für den Größenwahn der Nazis.

Vor drei Jahren wurde mit dem Neubau des Besucherze­ntrums begonnen. Nach mehreren baulich bedingten Verzögerun­gen soll das „Forum“nun endgültig im Dezember eröffnet werden. Zwei Dauerausst­ellungen werden dort zu sehen sein: eine zum Nationalpa­rk Eifel und eine NS-Dokumentat­ion. Auch ein Tagungszen­trum und ein Panorama-Restaurant für 200 Personen gehören zum Neubau-Komplex.

Europäisch­e Union sowie Bund und Land haben dafür insgesamt 42 Millionen Euro lockergema­cht, doch noch fehlen drei Millionen Euro. Da es keine weitere Förderung mehr gibt, muss die für das Projekt zuständige Vogelsang GmbH die Mittel selbst beschaffen. Gesellscha­fter sind unter anderen der Landschaft­sverband Rheinland sowie die Kreise Euskirchen, Aachen, Düren und Heinsberg.

Trotz knapper Finanzen werde das Angebot für die Besucher nicht gekürzt, versichern die Verantwort­lichen. Jedoch werde man sich einige Extras, wie die kostenfrei­e Betreuung von Jugendaust­auschgrupp­en, nicht mehr leisten können. Zudem wird ein Investor gesucht, der in Vogelsang ein Hotel betreiben möchte. Ursprüngli­ch war daran gedacht worden, dort ein „Krimi-Hotel“einzuricht­en. Das wäre jedoch mit der Historie dieser Anlage völlig unvereinba­r gewesen, oder?

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