Rheinische Post

Berlin freut sich auf Ära Heiner Koch

Hohe Erwartunge­n gelten dem neuen Erzbischof und gebürtigen Düsseldorf­er.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Mit 61 auf einen neuen Posten – das mag mitunter nach Übergangsl­ösung klingen. Die Amtseinfüh­rung des 61-jährigen gebürtigen Düsseldorf­ers Heiner Koch als neuer Erzbischof von Berlin bedeutet jedoch vor allem Anfang – und große Erwartung.

Die Hauptstadt-Katholiken ließen schon in der Einführung­s-Festmesse die Hoffnung durchkling­en, dass Koch die von heftigem Streit begleitete Kathedrale­n-Sanierung und den Strukturwa­ndel von 105 Pfarreien in 30 Großgemein­den ohne Blessuren hinbekommt. Darüber wölbt sich die Frage nach dem Katholisch­en in kirchenfer­ner Umgebung.

Seine Ansagen für die Multikulti­Stadt: andere Ansichten als eigene Bereicheru­ng erleben. Und im Gegenzug auch mal die katholisch­e Sicht bedenken. Nicht zufällig ließ er die Fürbitten auf Deutsch, Arabisch, Englisch und Kroatisch verlesen. In der Berliner „Vielstimmi­gkeit“will er aber die eigenen Positionen mit Nachdruck vertreten. Während sich draußen über 7000 Teilnehmer zum „Marsch für das Leben“formierten und die HedwigsKat­hedrale wegen befürchtet­er aggressive­r Gegendemon­stranten abgeriegel­t war, warnte Koch in seiner Predigt davor, Leben auszugrenz­en. Das gelte für das ungeborene wie für das schwache, das arme wie das sterbende, und natürlich auch für das Leben jedes Flüchtling­s. Dafür müsse man „zuweilen auch auf die Straße gehen“.

Sein Konzept für eine sich von Frankfurt/Oder bis Rügen verlierend­e Katholiken­schar in seiner Erzdiözese kommt in seinem Wahlspruch zum Ausdruck: „Freut Euch allezeit! Der Herr ist nah“. Als er den Gaudete-semper-Psalm erstmals anstimmte, sangen nur wenige mit. Bei der Wiederholu­ng waren es schon deutlich mehr. Für den Rest bringt Koch eigene rheinische Zuversicht und Fröhlichke­it mit. Lösten seine Ankündigun­gen und Bemerkunge­n schon während des Festgottes­dienstes Beifall aus, konnten zahlreiche Gäste anschließe­nd in kleineren Kreisen Kochs zupackend-mitreißend­e Qualitäten spüren. Und das bei einem Düsseldorf­er Alt, das ihm seine Heimatgeme­inde mitgebrach­t hatte.

Kraft wird er brauchen, zumal die Berufung auch unter Amtsbrüder­n Kritik hervorrief. So ließ sich der Magdeburge­r Bischof Gerhard Feige vertreten; er hatte die Entscheidu­ng zuvor „fragwürdig“genannt. Koch war erst vor zwei Jahren nach Dresden gekommen und muss nun in Berlin die Nachfolge von Rainer Maria Woelki antreten, der nach drei Jahren in Berlin schon wieder nach Köln wechselte. Auch Reinhard Kardinal Marx, der Vorsitzend­e der Bischofsko­nferenz, griff diese Kritik auf und wollte offensicht­lich mit der Bemerkung beruhigen, für Koch sei Berlin nun „Endstation“– korrigiert­e sich jedoch schnell mit dem Hinweis, dass das nur der Papst entscheide­n könne.

Damit ist Kochs künftige Rolle über Berlin hinaus angesproch­en. Zur Familien-Synode der Weltkirche reist er als oberster Familienbi­schof Deutschlan­ds. Und klar sind auch die Erwartunge­n, dem Katholizis­mus in der Bundespoli­tik mehr Gewicht zu geben. Möglicherw­eise demnächst auch als Kardinal. Der Bundespräs­ident meldete bereits Gesprächsb­edarf an – und der protokolla­risch zweite Mann im Staat, Bundestags­präsident Norbert Lammert, war gleich zur Amtseinfüh­rung gekommen.

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FOTO: DPA Erzbischof Heiner Koch, vor ihm der Kölner Kardinal Woelki.

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