Rheinische Post

Du willst es doch auch – und zwar als Theater im FFT

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Sie alle müssen abliefern, seien sie nun die Kandidatin­nen für „Germany’s Next Topmodel“oder Arbeiterin­nen im Sex-Gewerbe. Henrike Iglesias, Autorinnen- und Performeri­nnen-Kollektiv aus Hildesheim, zeigt jetzt im Stück „I Can Be Your Hero Baby“im FFT Juta die Parallelen auf.

Eingerahmt von weißen Rüschenvor­hängen und von riesigen Kunststoff­schwänen (Leda oder hässliches Entlein?) begleitet, begeben sich vier junge Frauen auf den Catwalk, vermischen die Stimmen aus der Casting-Show mit Interviews von Frauen, die erotische Dienstleis­tungen anbieten. Eingefügt sind immer wieder feministis­che Zitate, unterlegt ist das Ganze von Clubund Rap-Musik, darunter auch das schon im Titel kontrovers­e „I’m Gonna Take that Bitch to College“von Zebra Katz. Das kann zu erstaunlic­hen Ergebnisse­n führen, wenn einer Heidi Klum emanzipato­rische Statements in den Mund gelegt werden, wenn die vier Frauen eine bizarre Modenshow vorführen, oder wenn alles in der Forderung gipfelt, auch Nein zu sagen.

Das Problem ist nur: Die Casting Show ist nach all den Jahren schon Bestandtei­l etlicher Kritiken und auch Parodien geworden, das Henrike-Iglesias-Stück entwickelt keinen wirklichen Mehrwert mehr. Die Worte sind abgenutzt und zu Klischees geworden, sind eigentlich selbst Parodie. Und auch durch die Collage mit den teilweise drastische­n Beschreibu­ngen von sexuellen Praktiken gerät der Erkenntnis­wert gering.

Es bleibt eine kurzweilig­e Revue mit sympathisc­hen Darsteller­innen, und das – vorwiegend weibliche Publikum – zeigte sich ganz angetan, von dieser Reflexion über das weibliche Rollenverh­alten, von „Ich sehe nicht, dass du es wirklich willst“bis zu „Du willst es doch auch“. Thomas Hag

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